Debatte über vermietete Präsentationsflächen

Mietsache!

20. April 2017
von Börsenblatt
Fläche gegen Bares – das ist nicht neu. Die Mayersche macht sich jetzt öffentlich auf die Suche nach Verlagen, die in ihren Filialen Tische gegen Gebühr bestücken wollen. Wir haben im Buchhandel und bei Verlagen nachgefragt. Außerdem gibt es eine Stellungnahme des Preisbindungstreuhänders Dieter Wallenfels.
Würden Sie Buchhandelsfläche an Verlage vermieten?

Ariane Roth, Carolus, Frankfurt am Main
200 Quadratmeter in der Innenstadt, allgemeines Sortiment

"Für mich kommt es nicht infrage, Fläche an Verlage zu vermieten. Denn in diesem Fall könnten wir unser Angebot nicht mehr selbst bestimmen und uns nicht so an unseren Kunden orientieren, wie ich das möchte. Das würde auch nicht dadurch kompensiert werden, dass wir Geld dafür bekommen. Es gibt aber andere Kooperationsformen, die ich sehr gut finde und die wir auch bereits praktizieren. Wir präsentieren etwa langfristig und komplett die Naturkunden von Matthes & Seitz, weil wir von dieser Reihe überzeugt sind. Dafür bezahlt der Verlag nicht. Zu manchen Präsentationen, etwa mit Büchern von Hanser, gibt es Give-aways für die Kunden, Lesezeichen oder Bleistifte zum Beispiel, und das passt für uns sehr gut."

Thomas Wrensch, Buchhandlung Graff, Braunschweig
2.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, allgemeines Sortiment in der Innenstadt

"Überwiegend bestücken wir unsere Fläche selbst, vermieten aber auch ab und zu einen Tisch an einen Verlag, in der Regel etwa für vier bis sechs Wochen, wenn sich das nicht mit unseren eigenen Aktionen überschneidet. Wir vermieten dann meist den besten Tisch im Eingangsbereich, wo sich die Ware fast von selbst verkauft. Durch solche Aktionen fühlen wir uns nicht eingeschränkt oder fremdbestimmt. Zum einen, weil es Verlage sind, mit denen wir gut zusammenarbeiten. Wir besprechen das Angebot im Vorfeld, sodass es auch unseren Vorstellungen entspricht. Zum anderen, weil uns unsere 2 000 Quadratmeter Ladenfläche viel Spielraum bieten und ein einzelner Tisch, der von einem Verlag genutzt wird, keinen großen Unterschied macht."

Anne Alfen, Dollendorfer Bücherstube, Königswinter
80 Quadratmeter, allgemeines Sortiment

"Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen die Vermietung von Flächen, aber unser Geschäft ist dafür zu klein. Wir brauchen die 80 Quadratmeter, um die Ladenfläche unseren Vorstellungen entsprechend zu gestalten."

Katrin Lutz, Buch Meyer, Reinheim
120 Quadratmeter, allgemeines Sortiment

"Bisher haben wir keine Flächen vermietet. Wenn wir uns doch einmal dafür entscheiden sollten, wäre die Bedingung, dass die Aktion des Verlags individuell auf uns zugeschnitten ist, dass unsere Kunden diese Präsentation also nicht bei anderen Buchhändlern in der Umgebung wiederfinden. Eine Kombination aus Thementisch im Laden und Schaufenster würde ich sinnvoll finden, mit individualisierter Dekoration, in die ich mein Logo einbinden könnte. Für eine solche größere Aktion wäre ich natürlich bereit, Zeit zu investieren."

Annaluise Erler, Buchhandlung Findus, Tharandt
140 Quadratmeter, viel Belletristik und Kinderbuch, Schwerpunkt: Forst und Jagd, weil sich am Ort eine Forstfakultät befindet

"Ich kann es mir vorstellen, Fläche zu vermieten, und habe die Möglichkeit auch bereits angesprochen. Von den Verlagen habe ich aber die Rückmeldung bekommen, dass Tharandt mit noch nicht einmal 6.000 Einwohnern zu klein ist. Ich würde gern eine Fläche vermieten – sei es ein Regal oder ein Thementisch – an einen Verlag, mit dem ich gern zusammenarbeite, damit der Charakter meines Geschäfts erhalten bleibt. Zur Vereinbarung sollte auch eine kostenlose Lesung gehören."

Michael Riethmüller, RavensBuch
Filiale Ravensburg 600 Quadratmeter, Filiale Friedrichshafen 700 Quadratmeter; Vollsortimente, beide in der Stadtmitte

"Ich halte nichts davon, Ladenfläche an Verlage zu vermieten. Unsere inhabergeführte Buchhandlung zeichnet sich durch einen individuellen Auftritt aus – zugeschnitten auf unsere Kunden. Wenn wir Flächen vermieten würden, könnten wir sie nicht nach unseren Vorstellungen präsentieren, könnten Titel aus unterschiedlichen Verlagen nicht nebeneinander stellen, nicht Themen und Schwerpunkte so setzen, wie wir wollen. Wir vertrauen auf die Kompetenz unserer Buchhändler und Buchhändlerinnen, die wissen, welche Titel und welche Themen bei unseren Kunden ankommen. Vermutlich hängen solche Überlegungen auch damit zusammen, dass Filialisten ihre Buchhändler oft nicht mehr selbst einkaufen lassen. Wir halten nichts davon – unsere geringen Remissionsquoten, verbunden mit einem überdurchschnittlichen Rohertrag – ­zeigen, dass dies für uns der bessere Weg ist."

Doris Höreth, Pelzer, Nürnberg
90 Quadratmeter, Stadtteilbuchhandlung mit ausgewählter Belletristik, sehr großes Angebot an Kinder- und Jugendliteratur

"Bisher haben wir in unserem Laden keine Flächen vermietet. Wir widmen aber einmal im Jahr einem der kleineren Verlage, die uns am Herzen liegen, ein Regal und ein Schaufens­ter. Dann laden wir auch immer den Verleger oder die Verlegerin, engagierte Verlagsmitarbeiter oder befreundete Verlagsvertreter zu einer Abendveranstaltung ein. In diesen Fällen haben wir die Verlage angesprochen und für die Präsentationen kein Geld genommen. Ich schließe es nicht prinzipiell aus, ähnliches mit einem größeren Verlag zu unternehmen oder ihm Fläche zu vermieten. Denkbar wäre das für mich aber nur, wenn der entsprechende Partner einer unserer Lieblingsverlage wäre, sodass wir zu dem Angebot stehen könnten. Sonst würde das für uns keinen Sinn machen, weil unsere Buchhandlung stark von unseren Lesegewohnheiten geprägt ist und die Kunden bei ihrem Einkauf zu einem sehr großen Teil unseren Tipps folgen."

Würden Sie für Fläche im Buchhandel bezahlen?

Michael Kurzer-Gaber, Marketingleiter Ulmer Verlag
1.200 lieferbare Bücher, 20 Zeitschriften, Websites und Datenbanken zu Gartenbau, Haustierhaltung und Landwirtschaft

"Wir freuen uns über jede Aktivität unserer Handels­partner. Die Mayersche hat schon immer ein eigenes, starkes Marketingprofil entwickelt – mit einem Schwerpunkt auf Veranstaltungen. Verlagspräsentationen sind nichts Neues und für Publikumsverlage zur 'Markenführung' sicher interessanter als für uns als Fachverlag mit hoher Bekanntheit und Akzeptanz in unseren Zielgruppen (Gartenbau und Landwirtschaft). Also kein 'Muss', wir können uns aber vorstellen, punktuell dort, wo es passt, mitzumachen."

Kilian Kissling, Geschäftsführer Marketing und  Vertrieb Argon Verlag
1.150 lieferbare Hörbücher, seit 2012 Argon Balance, 2014 kam Sauerländer Audio dazu, 2017 Übernahme von Parlando

"Am Ende geht es um Nuancen. Wir sehen auf der einen Seite Händler, die sich für unsere Titel besonders einsetzen. Wenn der Einsatz Kosten verursacht, weil er über eine gute Präsentation und Beratung hinausgeht, dann unterstützen wir Händler darin grundsätzlich gern im Rahmen unserer Möglichkeiten. Das gilt übrigens für Buchhandelsketten ebenso wie für unabhängige Händler. Auf der anderen Seite erleben wir – gerade außerhalb des Buchhandels – Systeme, in denen Engagement für unser Programm nur erkauft werden kann und keine Basis in der Betreuung im Alltagsgeschäft hat. Dies sind typischer­weise Verkaufsstellen, an denen das Hörbuch ein Nebenprodukt ist. Natürlich haben wir als Hörbuchverlag im Buchhandel ein großes Interesse am erstgenannten fachhändlerischen Ansatz."

Ulrike Rodi, Verlegerin Grafit Verlag
Krimiverlag aus Dortmund, gilt als Erfinder des Regionalkrimis, etwa 200 lieferbare Titel

"Dass Buchhandlungen Zuschüsse für Aktionen und Präsentationsfläche verlangen, ist nicht neu. Ungewöhnlich ist da schon eher, dass die Mayersche Buchhandlung so offen auf Akquisetour geht. Ob der ­Grafit Verlag einer solchen Einladung folgen würde? Schwer zu sagen. Natürlich wollen wir sichtbar bleiben, aber unser Werbekostenbudget ist begrenzt. Leider werden kleine Verlage durch solche Praktiken unsichtbarer. Außerdem unterstützen solche Systeme die Bestselleritis – und machen die Buchhandlungen langweiliger."

Werbekostenzuschüsse – Was ist erlaubt?

Dieter Wallenfels, Preisbindungstreuhänder der Verlage:

"Aus Preisbindungssicht könnte das Überlassen von Fläche in der Buchhhandlung gegen Gebühr unter dem Aspekt der Gestaltung von Konditionen von Bedeutung sein. Die Verlage zahlen für die hervor­gehobene Präsentation ihrer Titel auf Thementischen oder in Regalen Miete, also eine zusätzliche Vergütung über die normalen Rabatte hinaus. Die Grenzen, die §6 Buchpreis­bindungsgesetz zum Schutz vor der Ausnutzung von Marktmacht Rabattforderungen setzt, könnten überschritten werden, wenn solche Modelle ausufern und marktstarke Handels­firmen generell für die Präsentation von Büchern an günstiger Stelle, zum Beispiel im Eingangs­bereich einer Buchhandlung, eine zusätzliche Vergütung verlangen würden. Dann könnten sich auch kartellrechtliche Fragen vor dem Hintergrund des Diskriminierungsverbots stellen. So lange aber solche Modelle auf freiwilliger Basis, ohne Druck zustande kommen und sich als besondere, gezielte und auch zeitlich beschränkte Werbeaktionen für bestimmte, ausgewählte Verlagstitel darstellen, sehe ich jedenfalls keine rechtlichen Bedenken."

Für Fläche bei Verlagen kassieren - eine gute Idee?

Machen Sie mit bei unserer Umfrage unter www.boersenblatt.net/1302062/.