Helmut Rötzsch im Alter von 93 Jahren verstorben

Große Verdienste für Buchhandel und Verlage

4. April 2017
von Börsenblatt
Am 28. März 2017 verstarb in Leipzig der langjährige Generaldirektor der Deutschen Bücherei Leipzig, Helmut Rötzsch, im Alter von 93 Jahren. Ein Nachruf.

Helmut Rötzsch war der Sohn eines Eisenbahnarbeiters in Leipzig. Er machte zunächst eine Ausbildung zum Buchhändler bei Koehler & Volckmar in Leipzig, ab 1945 gemeinsam mit Jürgen Voerster, dem späteren Chef des Hauses Koehler & Volckmar.

Von 1942 bis 1945 war Rötzsch Soldat der Wehrmacht und bis 1946 in Kriegsgefangenschaft. 1946 trat er in die SED ein, studierte an der Universität Leipzig und wurde Diplom-Gesellschaftswissenschaftler, ab 1950 bei der Deutschen Bücherei zunächst als Kaderleiter, dann ab 1953 als Stellvertretender Hauptdirektor.

1961 wurde er als Nachfolger von Curt Fleischhack zunächst Hauptdirektor, ein Titel, der später in Generaldirektor umgewandelt wurde; Rötzsch blieb dies bis 1991. Aufgrund der besonderen Stellung der Deutschen Bücherei als Gesamtarchiv des deutschsprachigen Schrifttums baute er enge Kontakte sowohl zum Börsenverein in Frankfurt/Main wie zu der Deutschen Bibliothek und zu den Verlegern aus der Bundesrepublik auf.

Von 1953 bis in die 90er Jahre war er regelmäßiger Gast auf der Frankfurter Buchmesse und hatte dabei die besten Kontakte zu den Ausstellern aus der Bundesrepublik. Er hat viele Verlage unterstützt, und in zahlreichen Fällen war es nur durch seine Mitwirkung möglich, dass Verlage beispielsweise historisch retrospektive Verlagsbibliographien erstellen konnten oder Reprintvorlagen bekamen für notwendige Nachdrucke und vieles mehr. Sein Kontakt zu Günther Pflug und Klaus-Dieter Lehmann, den Generaldirektoren der Deutschen Bibliothek in den 70er und 80er Jahren, war bestens.

1991, im Alter von 68 Jahren wurde Rötzsch als Generaldirektor verabschiedet im Rahmen einer geradezu denkwürdigen Veranstaltung in der Deutschen Bücherei. Klaus-Dieter Lehmann, gewissermaßen sein Nachfolger als nun Generaldirektor der Gesamtdeutschen Bücherei und Deutschen Bibliothek, machte deutlich, welch große Leistungen Helmut Rötzsch vollbracht hat indem er die Bausubstanz der Deutschen Bücherei in Leipzig erhalten hat; indem er eine liberale Ausleihpolitik ermöglichte, die in keiner anderen Bibliothek in der DDR auch nur denkbar gewesen wäre; indem er zahlreichen Mitarbeitern, die nicht in der Partei waren, Westreisen und Westkontakte ermöglichte. Zu DDR-Zeiten war er immer Mitglied der Historischen Kommission des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig und Herausgeber der einzigen großen Schriftenreihe, die zur Buchgeschichte in der DDR erschien. Ab 1991 wurde er Korrespondierendes Mitglied der Historischen Kommission des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Frankfurt und blieb dies bis zu seinem Tode.

1962 wurde ihm im Rahmen des 80-Jahres-Jubiläums der Deutschen Bücherei die Plakette "Dem Förderer des deutschen Buches" überreicht. Der deutsche Buchhandel und das gesamte Bibliothekswesen haben Helmut Rötzsch Vieles zu verdanken.