Insolvenz des Gestalten Verlags: Verleger Robert Klanten im Interview

"Die Quersubventionierung des Ladens war nicht mehr zu tragen"

1. September 2016
von Börsenblatt
Wie geht es weiter beim Gestalten Verlag, der eine Sanierung in Eigenverwaltung beantragt hat? Und welche Rolle spielt der Concept Store im Einkaufszentrum Bikini Berlin bei der Insolvenz? Antworten von Verleger Robert Klanten.

Für den 2014 eröffneten Concept Store des Gestalten Verlags im Bikini Berlin gab es viel Lob, auch international - jetzt ist er zum Auslöser der Insolvenz geworden und soll geschlossen werden (mehr dazu hier). Was ist schiefgelaufen? Kann man an einem solchen Standort mit Dachterrasse, Café und Zooblick überhaupt etwas falsch machen?

Ein Laden mit dieser Fläche benötigt nicht nur ein gutes Konzept, sondern vor allen Dingen einen Standort mit einer konstanten und wachsenden Kundenfrequenz. Dies war am Standort Bikini Berlin nicht gegeben. Zudem hatte die veränderte Mieterstruktur im Haus zur Folge, dass die Zuführung des Kundenstroms hoch in das zweite Obergeschoss nicht befriedigend gelöst werden konnte.

Haben Sie versucht, das Projekt noch zu retten?

Seit der Eröffnung 2014 haben wir stetig versucht unser Angebot zu optimieren, leider sind die eben genannten Faktoren außerhalb unseres Einflussbereichs.

Der internationale Vertrieb von Büchern, wie bei Gestalten, erfordert immer auch Finanzkraft. War die Kapitaldecke hier zu dünn - oder hat wirklich nur der Concept Store das Konstrukt ins Wanken gebracht?

Da der Verlag und das Einzelhandelsgeschäft in einer Gesellschaft liegen, sind diese betriebswirtschaftlich nicht voneinander trennbar. Trotz einer außerordentlich positiven Entwicklung im Kerngeschäft konnte Gestalten eine weitere Querfinanzierung im mittleren sechsstelligen Bereich aus dem Kerngeschäft nicht mehr tragen.

Werden auch im Verlagsgeschäft Sparmaßnahmen notwendig sein? Bei den Mitarbeitern, beim Programm?

Natürlich hat eine Restrukturierung Auswirkung auf die gesamte Gesellschaft. Allerdings wird das Kerngeschäft durch die Sanierung wieder gestärkt. 2015 war das stärkste Umsatzjahr im Kerngeschäft seit Gründung von Gestalten in 1995. Wir haben starke Titel im Programm und sind sehr zuversichtlich, dass wir uns zu Beginn des neuen Jahres neu aufgestellt haben und nachhaltig profitabel wachsen.

Wie entwickeln sich denn die Umsätze im Verlagsgeschäft?

In den vergangenen Jahren sind wir im Kerngeschäft kontinuierlich im ein- bis zweistelligen Bereich gewachsen.

Werden die derzeit angekündigten Bücher erscheinen können?

Davon gehe ich aus.

Verabschiedet sich der Verlag jetzt endgültig von der Shop-Idee?

Wir haben noch einen Gestalten Kiosk im Hotel 25h Berlin. Diesen werden wir auch weiter betreiben. Ansonsten konzentrieren wir uns jetzt erst einmal auf unser Verlagsgeschäft und die Restrukturierung. Unsere Mission war es immer, als Chronist und Impulsgeber von visueller Kultur zu agieren und Inhalte unabhängig von Medium und Produkt inspirierend aufzuarbeiten. Nun tun wir dies weiterhin in Zusammenarbeit mit weltweiten Pionieren der Kreativkultur, eben nur fokussiert auf das Medium Buch.

Interview: cro