Interview: Frank Sambeth über die Rolle des Paperbacks

Power fürs Paperback

10. Dezember 2015
von Börsenblatt
Die Klappenbroschur hat ihr Marktpotenzial längst noch nicht ausgeschöpft, meint Frank Sambeth, CEO der Verlagsgruppe Random House.

Weiches Cover, so viel ist sicher. Wie genau sind Paperbacks ansonsten definiert?
Unsere Definition orientiert sich an der "Literatur-Spiegel"-Paperback-Liste: Klappenbroschuren mit einer Seitenhöhe von mindestens 20,5 Zentimeter. In der Regel liegt der Ladenpreis bei 12,99 Euro bis 14,99 Euro, teilweise bis 16,99 Euro.

Welche Rolle spielt das Format bei Random House?
Das Paperback hat sich in den letzten Jahren als modernes, "handtaschentaugliches", wertiges und geschenkfähiges Buchformat bei den Lesern und im deutschsprachigen Buchmarkt etabliert. Bei der Verlagsgruppe Random House spielen Paperbacks seit vielen Jahren eine wichtige und weiter zunehmende Rolle, und viele Verlagsbereiche innerhalb der Gruppe haben auch eigene Paperback-Imprints (Blanvalet, Goldmann, Carl’s Books, Pantheon). Paperback-Erfolgstitel aus der jüngeren Zeit reichen von Erik Axl Sunds "Krähenmädchen" über Anna Todds "After"-Serie bis hin zu Paula Hawkins’ "Girl on the Train".

Ein Stoff, viele Ausstattungsmöglichkeiten: Wann ist das Paperback die erste Wahl?
Bei uns entscheiden Kollegen aus Programm und Vertrieb je nach Inhalt, Genre, Autor und weiteren Faktoren, ob ein Buch als Hardcover, Taschenbuch oder Paperback erscheint. Natürlich immer mit dem Ziel, möglichst viele Leser zu erreichen. Für Debütautoren sind Paperbacks ein guter Start in den Markt zu einem attraktiven Preis, um dann gegebenenfalls später für das Hardcover aufgebaut zu werden (zum Beispiel Jonas Jonasson). Für besondere Stoffe besteht Zahlungsbereitschaft jenseits der Zehn-Euro-Schwelle (neben den genannten Beispielen etwa die Provencekrimis von Sophie Bonnet oder Samuel Björk). Auch Autoren, die eigentlich im Hardcover schreiben, werden manchmal im Paperback veröffentlicht, wenn sie Stand-Alone-Titel jenseits der etablierten Serien schreiben (zum Beispiel Karin Slaughter mit "Cop Town"). Und im Sachbuch hat sich das Paperback als bevorzugtes Format für Debattenbücher jeglicher Art etabliert.

Wie sind die Reaktionen aus dem Handel?
Der Handel ist inzwischen deutlich offener gegenüber diesem höherpreisigen Erfolgsformat: Paperbacks erhalten immer mehr Unterstützung und gute Platzierungen. Viele Händler sind dankbar, dass sie mit diesem Format den Sprung über wahrgenommene Preisschwellen des Taschenbuchs schaffen, und der allgemeinen Marktentwicklung tut dieses "Upselling" auch sehr gut. Trotzdem wird wegen des Platzproblems das Marktpotenzial der Paperbacks noch nicht vollumfänglich genutzt. Hier würde eine flächendeckende Präsenz der Paperback-Bestsellerliste helfen, um dem Leser eine noch bessere Orientierung zu bieten.

Diskutiert wird die Öffnung der Paperback-Bestsellerliste für Zweitverwertungen. Sorgt das nicht für Verwirrung?
Keineswegs, die Erwartung von Verwirrung ist eine reine Binnensicht der Buchbranche. Entscheidend ist die Wahrnehmung des Lesers, der attraktive Titel in einem wertigen Format erwartet. Und das können sowohl Erstveröffent­lichungen und Originalausgaben im Paperback als auch Zweitverwertungen sein. Unserer Ansicht nach wird es im deutschen Markt nur wenige Hardcover-Toptitel pro Jahr geben, für die ein solcher Paperback-"Nachlauf" eine echte Option ist – aber dann ist er umso wichtiger für die Wertschöpfung für Verlage und Händler. Diese sogenannte Öffnung wird übrigens im Taschenbuch seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert – ohne jegliche Verwirrung.

In den USA haben die Trade Paperbacks den zweithöchsten Umsatzanteil (knapp hinter dem Hardcover, noch vor den E-Books). Was schätzen Sie, wie viel Prozent der Buch­produktion sind hierzulande Klappenbroschuren?
Das ist wirklich schwer zu sagen, genau weil wir derzeit keine einheitliche Systematik haben. Das führt dann, je nach Eingruppierung von Paperback-Bestsellern ins Hardcover- oder Taschenbuch-Segment, zu einer verzerrten Beurteilung der Marktentwicklung. Ich bin sicher, dass man mit einer besseren Datenbasis auf Nachrichten zur "Taschenbuch-Schwäche" mit solchen zur "Paperback-Stärke" antworten könnte.