Interview mit Audible-Chef Nils Rauterberg

"Wettbewerb treibt uns an, besser zu werden"

16. November 2016
von Börsenblatt
Ob Audible unter Spotify und Deezer leidet, was das Geschäftsmodell von Audible auszeichnet und wie sich die Zusammenarbeit mit den Verlagen entwickelt, erklärt Audible-Chef Nils Rauterberg im Interview mit boersenblatt.net.

Macht Audible die Konkurrenz von Spotify und Deezer zu schaffen?
Wir sind stolz darauf, dass wir gemeinsam mit unseren Verlagspartnern in den vergangenen zwölf Jahren eine Hörerschaft für digitale Hörbücher aufgebaut haben. Dennoch stehen wir gerade erst am Anfang der Entwicklung. Das Potenzial ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Das haben inzwischen auch andere Unternehmen festgestellt. Wir begrüßen das und freuen uns über jede Entwicklung, die das Wachstum in diesem Bereich unterstützt. Ein lebendiger wettbewerbsorientierter Markt fördert die weitere Entwicklung und treibt uns an, noch besser zu werden.

Was hebt Audible von den Mitbewerbern ab?
Unser Geschäftsmodell, das auf einem monatlichen bezahlten Premium-Abo basiert, sorgt dabei für stabile Preise und stellt sicher, dass alle Beteiligten angemessen vergütet werden. Unter anderem damit haben wir uns das Vertrauen der Verlage erarbeitet. Auf Basis dieser langjährigen, verlässlichen Partnerschaft konzentrieren wir uns als Premium-Anbieter darauf, gemeinsam mit den Verlagen eine besonders hohe inhaltliche Qualität für die Hörer zu bieten. Dies gilt gleichermaßen für Spitzentitel, die ungekürzt und digital nur bei Audible erhältlich sind wie für unsere Eigenproduktionen, die wir mit unterschiedlichsten Akteuren der Branche entwickeln und deren experimentierfreudige, mutige und innovative Produktionsweise auch neue Hörer für das Medium gewinnt.

Der Hörkompass 2016, für den über 2.000 Nuter befragt wurden, sieht noch reichlich Potenzial fürs Hörbuch. Wie war die Resonanz auf das Zahlenwerk? Und soll der Hörkompass ab sofort regelmäßig erhoben werden?
Das Feedback zu unserem ersten Audible Hörkompass 2016 war sehr positiv, weil wir unseren Verlagspartnern, der Branche und interessierten Medien damit einen Überblick zu den wichtigsten Entwicklungen der Hörkultur in Deutschland bieten konnten. Wir können uns daher sehr gut vorstellen, den Audible Hörkompass regelmäßig, zum Beispiel einmal jährlich, zu veröffentlichen, um Entwicklungen und Trends aufzuzeigen.

Download plus CD: Gemeinsam mit Lübbe Audio bietet Audible bereits beide Spielarten an. Soll die Kooperation mit Verlagen erweitert werden?
Seit vielen Jahren arbeiten wir mit zahlreichen Hörbuch-Verlagen sehr eng und auf vielfältige Weise zusammen. Das genannte Beispiel ist aber ein sehr gutes: Gemeinsame Produktionen, die bei Audible digital als ungekürzte Fassung und beim Partner, z.B. Lübbe Audio, physisch und meist gekürzt erscheinen, sind insbesondere für die Hörer ein großer Gewinn.

Warum?
Ich nenne Ihnen gerne drei Projekte, die dies belegen: Nur durch das gemeinsame Rechteangebot von Lübbe Audio und Audible für CD- und Digitalvertrieb sowie die Fähigkeit, die komplette Produktion innerhalb von nur zwei Wochen sicherzustellen, konnten wir die Hörbuchproduktion der "Panama Papers" realisieren und so vielen tausenden interessierten Hörern diese hochaktuellen und relevanten Inhalte auch als Hörbuch anbieten. Wir haben mit dem CD- und Downloadangebot des Hörbuchs zu Sebastian Fitzeks "Passagier 23" so viele Hörer erreichen und überzeugen können, dass Lübbe Audio und wir dafür eine gemeinsame Goldene Schallplatte für mehr als 100.000 Verkäufe gewonnen haben. Ganz aktuell zeigt sich der Vorteil solcher Kooperationen für den Hörer bei "Monster 1983". Kultautor Ivar Leon Menger hat die Hörspielserie eigens für Audible entwickelt. Das Ergebnis war so erfolgreich, dass wir nun Staffel 2 veröffentlicht haben und die erste Staffel bei Lübbe Audio als CD erscheint.

Ist Lübbe Audio Ihr Exklusivpartner?
Solche Kooperationen zu gemeinsamen Veröffentlichungen physisch und digital gab es nicht nur mit Lübbe Audio, sondern beispielsweise ganz aktuell auch mit dem Aufbau Verlag für "Die Nachtigall" oder verschiedene Titel von Ellen Berg sowie mit dem Argon Verlag für die Thriller von John Katzenbach oder Audio Media für einige Geschichten von Markus Heitz. Und natürlich ist eine solche Zusammenarbeit auch mit anderen Partnern denkbar. Wir sprechen daher bereits mit weiteren Verlagen über ähnliche oder neue innovative Kooperationen, die uns allen gemeinsam helfen, das Marktsegment für digitale Hörbücher und Hörspiele weiter auszubauen.

Zwei Drittel der im Hörkampass Befragten haben Weiterbildung als "Hörgrund" angegeben. Zumindest auf dem physischen Markt spiegelt sich das Ergebnis nicht wider. Wie hoch ist der Anteil der Sachhörbücher bei Audible?
Wir erleben bereits seit Jahren den Trend, dass digitale Sachhörbücher beliebter werden. Die Anzahl der verkauften Hörstunden in diesem Bereich hat sich bei uns seit 2010 mehr als verfünffacht, im vergangenen Jahr wurden sechs Millionen non-fiktionale Hörstunden heruntergeladen. Das liegt vor allem daran, dass digitale Sachhörbücher, die mobil auf dem Smartphone zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit, bei der Hausarbeit oder beim Sport genutzt werden, die Chance bieten, trotz hektischem Arbeitsalltag etwas für die persönliche Weiterbildung zu tun. Entsprechend investieren wir in diesem Bereich: Während 2010 nur drei Prozent der Eigenproduktionen von Audible Studios Sachhörbücher waren, konnte dieser Anteil inzwischen auf 17 Prozent gesteigert werden. Insgesamt umfasst unser Online-Katalog rund 14.000 non-fiktionale Titel.

Dass 46 Prozent der Kinder Hörbücher und Hörspiele hören, die ihre Eltern aus dem Internet heruntergeladen haben, können die Hörbuchverlage kaum glauben. Haben Sie eine Erklärung? Ist die Zahl valide?
Ja, das war ein Ergebnis unserer repräsentativen Eltern-Umfrage, die wir beim renommierten Institut Kantar EMNID in Auftrag gegeben haben. Diese Nutzerzahl ist allerdings nicht zu verwechseln mit den Umsatzanteilen bei den Verkäufen, hier dominiert weiter die physische Ausgabe. Nach der CD sind Smartphones und Tablets die meistgenutzten Medien über die Kinder Geschichten hören. Unserer Erfahrung nach sind digitale Hörbücher für Kinder auch deswegen so beliebt, weil sie mobil funktionieren: Unterwegs, im Auto, der Bahn, auf der Wiese im Park, zum Einschlafen am Abend, an jedem Ort. Kantar EMNID hat zudem herausgefunden und das war auch für uns überraschend, dass 91 Prozent der Kinder im Alter von drei bis acht Jahren mit Hörbüchern und Hörspielen aufwachsen.

Fragen: Sabine Schwietert


Morgen erscheint das 64 Seiten starke Börsenblatt Spezial Hörbuch!