Interview mit Thilo Schmid und Alexandra Fürtauer

"Oetinger baut seine Nebenmarktaktivitäten kontinuierlich aus"

15. März 2017
von Börsenblatt
In den nicht-buchhändlerischen Märkten schlummert noch viel Umsatzpotenzial. Verlagsgruppen wie Oetinger bauen ihre Aktvitäten in den Nebenmärkten aus, auch zum Nutzen des Buchhandels. Gesamtvertriebs- und Marketingleiter Thilo Schmid und seine Stellvertreterin Alexandra Fürtauer über die Strategie von Oetinger. Mehr zum Thema Nebenmärkte im aktuellen Börsenblatt 11 / 2017.

Arbeiten Sie mit Ihren Handelspartnern in den Nebenmärkten direkt zusammen?
Thilo Schmid:  Ja, und zwar ausgesprochen erfolgreich, was vor allem daran liegt, dass wir kein schwerfälliger "Tanker" wie viele andere Verlagsgruppen sind, sondern schnell und flexibel arbeiten, auf spezielle Anforderungen unserer Kunden eingehen können und ein attraktives Vollsortiment mit qualitativ hochwertigen Produkten aus der gesamten Medienpalette anbieten.

Gibt es spezielle Dienstleister, die Sie dabei unterstützen?
Alexandra Fürtauer: Nein, wir möchten allen Kunden individuelle Lösungen bieten können.

Ist Oetinger außer im Spielwarenhandel in weiteren Einzelhandelssparten aktiv?
Alexandra Fürtauer: In Baby- und Kleinkindmärkten, Drogeriemärkten, Bau- und Gartencentern, im Lebensmitteleinzelhandel und in anderen Branchen.

Welche Teile oder Titel Ihres Programms eignen sich besonders für dieses Geschäft?
Thilo Schmid: Bei den Nebenmärkten denkt man meist an kommerziellere Titel, wie beispielsweise "Angry Birds" oder "Bayala", die wir natürlich auch im Programm haben. Tatsächlich machen wir aber auch mit Titeln aus den Bereichen Taschenbuch, Pappe und Bilderbuch sowie den Erstlese-Reihen sehr gute Erfahrungen. Darüber hinaus laufen unsere kleinen "MAXI"-Heftformate sowie unsere Merchandising- und Media-Artikel (Hörbuch und Video) besonders erfreulich.
 
Wie hoch ist der Anteil der Nebenmarktumsätze am Gesamtgeschäft?
Thilo Schmid: Laut "Buch- und Buchhandel in Zahlen" lag der Nebenmarktumsatz der Verlage 2015 bei rund zehn Prozent. Wir sind dabei aber nicht so radikal und aggressiv wie andere Verlagsgruppen. Der klassische Buchhandel bildet für uns traditionell den wichtigsten Vertriebszweig – auf den wir nach wie vor voll setzen. Da dieser aber bestenfalls stagniert, sehen wir uns selbstverständlich auch nach Entwicklungsfeldern um.

Welche Strategie verfolgen Sie in den Nebenmärkten?
Thilo Schmid: Ziel all unserer Aktivitäten ist es, so viele Leser wie möglich zu erreichen und mit unseren Produkten zu begeistern. Unsere Nebenmarktkunden suchen auf der einen Seite nach verlässlichem, sicherem Umsatz, auf der anderen Seite immer auch nach neuen und kommerzielleren Trend-Themen. Wir möchten beide Wünsche bedienen und glauben, damit auch Impulse für den Buchhandel geben zu können und diesen mit Themen zu überraschen, die Frequenz in die Läden bringen – "andere", neue Leser.

Dafür haben wir uns im vergangenen Jahr strategisch aufgestellt: unter anderem durch die vertriebliche Übernahme und die programmatische Weiterentwicklung unserer Taschenbuchsparte, durch eine Stärkung des Bereichs Bild und Produkte, den Ausbau unserer Merchandising- und Media-Aktivitäten und mit Hilfe eines Teams, das den Lektoraten differenzierte Hinweise zu Pricing, Formaten und Themen gibt. Wir haben uns zunächst auf den Spielwarenhandel konzentriert und bauen nun unsere Aktivitäten kontinuierlich weiter aus.

Wird die Bedeutung der Nebenmärkte künftig noch zunehmen?
Alexandra Fürtauer: Davon gehe ich aus: Bei bestenfalls stagnierenden Buchhandelsumsätzen, sinkenden Renditen und steigenden Kosten ist ein Engagement in neuen Märkten eine selbstverständliche Entwicklung – gerade aufgrund unseres Portfolios mit vielen attraktiven Merchandising- und Media-Artikeln.

Wie ist der Vertrieb für die Nebenmärkte aufgestellt?
Alexandra Fürtauer: Wir tragen den speziellen Anforderungen des Nebenmarktes dadurch Rechnung, dass wir eine eigene Multimarkt-Einheit unterhalten: mit mir als Multimarkt-Vertriebsleitung, mit einer erfahrenen Key-Accounterin, einer Junior Key-Accounterin und zwei weitere Personen im Backoffice. Wir kümmern uns rund um die Uhr und sehr erfolgreich um die zum Teil recht aufwendigen Anforderungen der Kunden und um das Thema Neuakquise. Außerdem unterhalten wir im Bereich Spielwaren eine separate Außendienstmannschaft, die sich mit den Bedürfnissen und Gepflogenheiten vor allem der Spielwarenhändler exzellent auskennt.

Die Fragen stellte Michael Roesler-Graichen.