Kein & Aber-Aktion: 1 Millionstes Pocketbuch gefunden

Buchhändlerin wird zur Romanfigur

18. August 2017
von Börsenblatt
Warum klebt da ein großer goldener Aufkleber auf dem Taschenbuch?, dachte die Bremer Buchhändlerin Irene Nehen noch, bevor ihr klar wurde: In der Barsortimentswanne liegt das 1 Millionste Kein & Aber-Pocket. Und das bedeutet, dass sie zu einer Romanheldin wird.

Aber der Reihe nach. Schon vor einigen Wochen hatten sich Sortimenter gewundert, dass Ausgabe 19 des Börsenblatts kartonierte goldene Umschlagseiten hatte – ein ungewöhnlicher Look für das Branchenmagazin. „Finden Sie das 1 Millionste Kein & Aber-Pocket mit dem goldenen Schnitt und werden Sie zu einer literarischen Figur!“, stand dort zu lesen. 

Der Zürcher Verlag Kein & Aber wollte den Erfolg seiner Pocket-Reihe mit einer besonderen Aktion feiern, als feststand, dass mit dem nächsten Band das 1 Millionste Exemplar der Reihe erreicht werden wird. Und da von der Druckerei CPI in Leck der Schnitt eines jeden neuen Bandes der Taschenbuchreihe mit einer anderen Farbe eingefärbt wird, schien die Farbe Gold für das Jubiläumsexemplar nur angemessen.

Hunderte von Büchern packen Irene Nehen und ihre sechs Mitarbeiterinnen in der Bremer Buchhandlung Otto Melchers jede Woche aus, ein fast schon mechanischer Vorgang jeden Morgen. Bei Irene Nehen stehen die Wannen und Pakete immer auf dem Fußboden, „aus Gewohnheit, das mach ich jetzt seit 48 Jahren so, seit meiner Lehre.“ Auch an jenem besonderen Tag wurden morgens die blauen Barsortimentswannen ausgepackt, Lieferscheine verglichen, Wareneingang erledigt, eingeräumt. Dann blinkte der goldene Button auf dem Buch „Löwen wecken“ von Ayelet Gundar-Goshen, „und wir dachten noch, der Aufkleber ist ja so groß, der verdeckt doch den ganzen Buchtitel, was soll denn das? Und hoffentlich lässt er sich auch gut ablösen …“.

Bis es dann „Klick“ machte: Kein & Aber – Goldschnitt – und, Buch herumgedreht, „das 1 Millionste Buch“ – gewonnen! Da stand es in Weiß auf Gold auf dem Aufkleber: „Ich bin das 1 Millionste Kein & Aber-Pocket und Sie sind der glückliche Buchhändler, der im nächsten Roman einer unserer Bestsellerautoren verewigt wird!“ Zunächst dachte Nehen: „Kann doch nicht sein! Wir? Ausgerechnet wir haben das Buch bestellt, dass das 1 Millionste ist?“ Nehens Mitarbeiterin Ulrike Leyk drängte dann, umgehend ein Foto zu machen und an die Vertriebschefin von Kein & Aber, Kathrin Döring, zu schicken: „Beweisfoto!“

Gesagt, getan, Nehen zückte ihr Handy, fotografierte das legendäre Buch, mailte und überlegte: Welcher Schriftsteller da wohl etwas über sie schreiben wird? „Ob der in meine Buchhandlung kommt, uns kennenlernen will?“ Als Romanfigur kann sich Nehen noch nicht vorstellen, aber es gibt ja schon Vorbilder; Michael Köhlmeier etwa hat die so lebenskluge Buchhändlerin Anna Jeller in der Nähe des Wiener Naschmarkts in seinem Roman „Madlyna“ eindrücklich beschrieben. Nehen ist gespannt.

In der Zürcher Bäckerstrasse freute sich derweil Kein & Aber-Vertriebsleiterin Kathrin Döring, dass das 1 Millionste Buch ausgerechnet in der Bremer Buchhandlung Otto Melchers ausgepackt worden ist: „Irene Nehen gehört zu den wirklich sehr engagierten unabhängigen Buchhändlerinnen, die ausgezeichnet berät und für literarische Vielfalt sorgt.“

Ein Blick in die Regale der Buchhandlung in der Schwachhauser Heerstraße zeigt, dass die Buchhandlung Otto Melchers die Titel vieler kleinerer Verlage vorrätig hat. „Das wichtigste Kriterium bei uns ist: Qualität“, erklärt Nehen, ob klein oder groß spiele da keine Rolle. Und wenn man sieht, wie sie und ihre Mitarbeiterinnen die Kunden (ja, nicht wenige Männer sind an diesem Tag im Laden!) beraten und wie sie fröhlich von dannen ziehen (einer pfeift sogar mit dem Buch unterm Arm), dann bestätigt das Kathrin Dörings Aussage.

Döring jedenfalls wollte es sich nicht nehmen lassen, Irene Nehen persönlich zu gratulieren. Um viertel vor fünf ist sie deshalb aufgestanden, hat um 7.20 Uhr den Flieger von Zürich nach Düsseldorf genommen und dann den Zug nach Bremen; weitere Termine im Norden werden sich in den nächsten Tagen anschließen. Als sie bei Melchers den Büchertisch mit Kein & Aber-Pockets sieht, schmunzelt sie: „Na, da freue ich mich ja gleich doppelt!“ 

Welcher Schriftsteller nun Otto Melchers und Irene Nehen nun einen Platz in seinem Roman einräumen wird, verrät Döring noch nicht, nur so viel: „Es wird sich in den nächsten Wochen klären, aber es wird mit Sicherheit ziemlich gut werden …“ Die Spannung bleibt also.

Derweil hat schon der Weserkurier angeklopft und möchte eine Geschichte machen, der Deutschlandfunk wird ein Interview mit Irene Nehen heute Vormittag aufzeichnen. Solch gute Nachrichten machen offenbar schnell die Runde.