Mailand wird zur BookCity

An jeder Ecke ist das Buch lebendig

15. November 2018
von Börsenblatt
Ob in Autobussen, Parks, Kirchen, Buchhandlungen oder Supermärkten: Mit mehr als 1.300 Veranstaltungen feiert die Unesco-Bücherstadt Mailand vier Tage lang bei der BookCity Milano die Welt des Buches vom Zentrum bis in die Peripherie.

Dutzendweise treten die Autoren auf der BookCity Milano (15. bis 18. November) auf, der Brite Jonathan Coe eröffnet mit einem Meeting im Teatro Dal Verme den Veranstaltungsreigen - seit der Gründung 2012 hat sie sich zur größten Initiative zur Förderung der Lesekultur in Italien entwickelt. Es gibt öffentliche Lesungen in Museen, Diskussionen in Kultureinrichtungen, Workshops in Stadtbibliotheken. Verlage stellen Produktionsketten vor, Buchhändler laden ein, sich mit Fragen des Handels vertraut zu machen. BookCity sei eine gute Gelegenheit, gerade unabhängigen Buchhandlungen mehr Aufmerksamkeit zu geben und ein neues Publikum anzulocken, sagt Luigia Caimi, die Inhaberin der Liberia Il Domani unweit des Cadorna-Bahnhofs. Dafür hat sie Autoren wie die Philosophin Maria Giovanna Farina eingeladen, ein paar Stunden in die Rolle des Buchhändlers zu schlüpfen. Solche Initiativen bleiben bei BookCity nicht isoliert, denn die ganze Stadt ist auf den Beinen.

Fast alle Veranstaltungen sind gratis

Es gibt Ausstellungen zur Gestaltung von Büchern, Bibliothekare zeigen Schätze ihrer Sammlungen, Universitäten veranstalten Tagungen. Man redet über Bücher in Autobussen etwa der Linie 90/91, Kinos zeigen ein Sonderprogramm, Theater wie das Piccolo bieten Aufführungen zum Thema. Ob in Bahnhöfen oder im Flughafen, in Parkanlagen oder Kirchen, in Supermärkten oder in der Börse, auf Bauernhöfen am Stadtrand – in Mailand kommt man in diesen Tagen an der Welt des Buches nicht vorbei. Das Herz der Initiativen schlägt mit mehreren Veranstaltungsorten und einem Infozentrum im Castello Sforzesco. Unterstützt wird BCM18 durch Bankenstiftungen, aber auch durch Unternehmen von Campari bis Pirelli.

Vor sieben Jahren stellte ein Gründungskomitee von Kulturstiftungen – darunter die des Corriere della Sera, die von Mondadori und Feltrinelli oder der Buchhändlerschule Mauri – in Zusammenarbeit mit Mailänder Verlagen und der Stadtverwaltung die erste Ausgabe von BookCity auf die Beine. Mit einer Grundformel, die heute noch gültig sei, wie Luca Formenton, Verleger (Il Saggiatore) und Präsident der Mondadori-Stiftung, im Gespräch mit dem Börsenblatt sagt: "Das Komitee koordiniert die Veranstaltungen, die Verlage bringen ihre Autoren, Übersetzer und Mitarbeiter ein, die Stadt stellt unentgeltlich Räume zur Verfügung – und (fast) alle Veranstaltungen sind gratis."

"Das breite Publikum an die Welt des Buches heranführen"

BookCity sei keine kommerzielle Verkaufsschau wie die italienischen Buchmessen und auch kein Festival zu bestimmten Themen, „wo ein sowieso interessiertes Publikum unter sich bleibt“, unterstreicht Samuele Bernardini, Leiter der Waldenser-Buchhandlung La Claudiana und Präsident der Vereinigung der unabhängigen Buchhandlungen Mailands. Er verkaufe in diesen Tagen nicht viel mehr als sonst auch. Aber es gehe darum, "das breite Publikum an die Welt des Buches heranzuführen". Italien, besonders Mailand als Bücherhauptstadt des Landes, kenne eine kleine Gruppe "starker Leser", die viele Titel im Jahr erwerben. Das Problem sei die Masse derjenigen, die wenige Bücher oder gar kein einziges Exemplar in die Hand nehmen. Deshalb, so auch Luca Formenton, würden viele Veranstaltungen in den Vorstädten stattfinden.

Formenton unterstreicht den Erfolg des Modells BookCity. 500 bis 600 Veranstaltungen werden von den Verlagen organisiert, das war am Anfang vor sieben Jahren nicht anders. Nach und nach seien aber eben so viele Initiativen von privaten Akteuren dazu gekommen. Sogar Hausgemeinschaften laden während der Mailänder Tage zum gemeinsamen Lesen ein, freut sich der Verleger.: "BookCity ist ein Fest der ganzen Stadt". Und die habe einen enormen Imagegewinn.