ZS-Verlag wird Kochbuchhändler: Interview mit Geschäftsführer Jürgen Brandt

"Das ist wie beim FC Bayern"

20. September 2015
von Börsenblatt
Der ZS-Verlag hat zwei Großprojekte vor sich: Zum Weihnachtsgeschäft eröffnet die Edel-Tochter eine verlagseigene Kochbuchhandlung in der Münchner Schrannenhalle. Und ab Januar 2016 führt der Verlag das Buchprogramm von Dr. Oetker als Lizenzpartner weiter. ZS-Geschäftsführer Jürgen Brandt übers Zelebrieren und Schnabulieren - und die neue Teamaufstellung bei Programm und Vertrieb.

Mitte November soll Ihr "Prego Cookbookstore" starten – unter dem Dach des italienischen Feinkostmarktes "Eataly", der in München seinen ersten deutschen Ableger eröffnet. Was will der ZS-Verlag mit einer hauseigenen Buchhandlung?

Brandt: Erstens wollen wir damit Geld verdienen – das schadet in der heutigen Verlagslandschaft nie. Zweitens wollen wir eine Eventplattform für unsere Autoren schaffen, für Veranstaltungen und Kochevents. Und drittens geht es uns bei „Prego“ auch um Marktforschung, die über GfK-Zahlen hinausreicht. Wir möchten noch besser verstehen, was unsere Kunden wollen. Mit den beiden festangestellten Buchhändlern, die vor Ort im Laden stehen werden, haben wir perfekte Trendscouts. Außerdem bekommen wir tagesaktuelle Verkaufsdaten.

Werden Sie auf den 40 Quadratmetern Fläche auch Titel anderer Verlage anbieten?

Brandt: Natürlich, denn wir haben den Anspruch, die führende Kochbuchhandlung im Münchner Umfeld zu werden. Das könnten wir sonst gar nicht einlösen. Wir werden die Bücher auch nicht nur im Laden selbst, sondern im gesamten „Eataly“-Markt anbieten – können also Smoothie-Bücher beim Fruchtsaft-Stand präsentieren, Weinführer in der Weinabteilung, Backbücher in der Bäckerei. Die Abrechnung läuft im gesamten Markt und auch in der Buchhandlung über ein zentrales Kassensystem, dadurch ist das unproblematisch.

Ganz einfach scheint die Situation für Kochbuchhandlungen nicht zu sein. In Köln musste 2013 der "Buchgourmet" schließen, die bundesweit größte und renommierteste Spezialbuchhandlung. Was will "Prego" anders machen?

Brandt: Wir docken mit unserer Buchhandlung ja ganz bewusst bei "Eataly" an – der Feinkostmarkt wird schätzungsweise 1,3 Millionen Besucher jährlich anziehen. Von daher ist unser Konzept nicht vergleichbar mit einer Spezialbuchhandlung in Einzellage. "Eataly" eröffnet ja auch nicht zufällig seine erste deutsche Filiale in München am Viktualienmarkt: Es gibt kaum eine andere Stadt in Deutschland, die so genussaffin und zugleich so zahlungsstark ist. Das schreit doch nach einer Top-Kochbuchhandlung, oder?

Wer ist auf wen zugegangen – Sie auf "Eataly" oder "Eataly" auf den Verlag?

Brandt: Angestoßen wurde das Projekt durch einen anstehenden Umzug: Wir müssen uns neue Räume für den Verlag suchen, weil der Mietvertrag 2016 endet. Für uns stand von Anfang an fest: Wenn wir schon umziehen müssen, dann wollen wir uns um eine Kochschule und eine Kochbuchhandlung erweitern. Und als ich dann gehört habe, dass "Eataly" nach München kommt, war schnell klar, dass die Kette der ideale Partner für so etwas ist.

Warum?

Brandt: Ich verfolge das "Eataly"-Konzept schon lange. Die Märkte, die es von Turin bis Tokio gibt, sind hervorragend gemacht und gemanagt. Die Verbraucher können in eine ganze Genusswelt aus Marktständen und Restaurants eintauchen. Das ist natürlich ein phantastisches Pflaster für eine Kochbuchhandlung.

"Prego" soll, wie Sie sagen, auch als Eventplattform dienen. Wie sieht das im Detail aus?

Brandt: Zum einen wird es Lesungen und Veranstaltungen in der Buchhandlung selbst geben. Daneben können wir aber auch eine größere Veranstaltungsfläche im Markt nutzen – und die "Eataly"-Kochschule mit 16 Arbeitsplätzen. Das ist für uns ein ungeheurer Vorteil, denn bislang mussten wir uns für Presseevents und Veranstaltungen immer aufwendig irgendwo einmieten. Jetzt haben wir alles vor Ort, bis hin zu den benötigten Lebensmitteln. Wir werden Veranstaltungen für die Bücher der gesamten Edel-Gruppe machen, aber auch für andere Verlage. Letztlich ist es unser Ziel, in München Gattungsmarketing für das Kochbuch zu betreiben. Es geht ums Zelebrieren und Schnabulieren, wie es in unserer letzten Vorschau so schön heißt.

"Prego" ist nicht das einzige neue ZS-Projekt. Zum 1. Januar 2016 haben Sie einen Lizenzvertrag für das Buchprogramm von Dr. Oetker abgeschlossen. Werden die Dr. Oetker-Bücher bleiben wie sie sind?

Brandt: Mit der Lizenz können wir das Verlagsgeschäft von Dr. Oetker fortführen und die Marke weiter nutzen. Das umfasst Backlistpflege und neue Titel. Oetker ist eine der stärksten Genussmarken weltweit, da werden wir wohlweislich sorgsam mit umgehen. Den Markenkern zu erhalten und gleichzeitig mit den Veränderungen bei den Lesern Schritt zu halten, das ist letztlich die Kunst jeder Programmpflege.

Wie frei sind Sie in der Programmgestaltung? Sc hließlich haben Sie den Verlag nicht gekauft, sondern eine Lizenzvereinbarung geschlossen…

Brandt: Bei der Programmgestaltung haben wir freie Hand, so wie das Verlagsteam von Dr. Oetker bislang auch. Aber wir werden uns trotzdem eng mit der Dr. Oetker-Zentrale abstimmen. Und wir behalten den Redaktionsstandort in Bielefeld bei. Durch die Zusammenlegung zentraler Aufgaben wie Presse und Vertrieb werden wir zwar nicht alle Mitarbeiter übernehmen können. Dr. Oetker hat jedoch zugesichert, Mitarbeiter, die nicht zu uns wechseln möchten oder können, an anderer Stelle im Unternehmen zu beschäftigen.

Phaidon, ZS-Verlag und jetzt noch Dr. Oetker: Werden sich die Profile der Kochbuchverlage unter dem Dach der Edel-Gruppe verändern?

Brandt: Mit Dr. Oetker wird die Edel-Gruppe vom Umsatz her zur Nummer zwei auf dem Kochbuchmarkt. Die Profile der einzelnen Marken werden wir noch stärker herausarbeiten. Das ist wie beim FC Bayern: Der kann auch nur dann gewinnen, wenn jeder auf seiner Position spielt. Wo Dr. Oetker und ZS sich bislang Konkurrenz gemacht haben, können sie sich künftig ergänzen. Wir werden alle Marken klar nebeneinander aufstellen und das wird dem Buchhandel sicherlich gefallen. Bei Phaidon/ Edel erscheinen internationale Kochbücher in der preislichen Spitzenklasse, ZS und Edel machen Kochbücher für die genussaffinen Käufer der gehobenen Milieus und Dr. Oetker und Moewig stehen für ein bürgerliches und familienorientiertes Programm. Damit decken wir alle buchaffinen Zielgruppen perfekt ab.

Wird sich auch beim Vertrieb etwas verändern?

Brandt: Ja, wir sind gerade dabei, den ZS-Vertrieb und den Edel-Vertrieb zusammenzulegen. Dann haben wir einen eigenen Außendienst fürs Kochbuch mit noch mehr Schlagkraft und Kompetenz. Außerdem bringen wir künftig nicht nur zwei, sondern drei Vorschauen im Jahr heraus. Die zusätzliche, dritte Vorschau wird in diesen Tagen an den Handel ausgeliefert und umfasst alle Titel, die Ende Dezember und im Januar auf den Markt kommen. Passend zu den guten Vorsätzen fürs neue Jahr werden diese Neuerscheinungen einen ausgeprägten Gesundheitsansatz haben.

Will ZS noch weiter wachsen?

Brandt: Klar. Aber jetzt haben wir erst mal eine Menge zu tun. Dann sehen wir weiter.

Interview: Sabine Cronau