Nürnberger Spielwarenmesse 2016

Megatrend Lizenzen

24. Januar 2016
von Börsenblatt
Wenn sich am kommenden Mittwoch knapp 3.000 Aussteller und über 70.000 Fachbesucher auf der weltweit größten Spielwarenmesse in Nürnberg zusammen finden dürfte die Stimmung auf dem Messegelände am Volkspark nahezu ungetrübt sein. Statt der erwarteten 4% hat die Branche in Deutschland 2015 gut 6% Umsatzwachstum zugelegt und ist damit erstmals jenseits der Drei-Milliarden-Marke gelandet. Und die Aussichten für 2016 werden überwiegend optimistisch eingeschätzt. Die aktuellen Trends der Branche sind sechs Tage lang in Nürnberg zu sehen – und digitale Produkte spielen dabei eine bedeutende Rolle.

Etwa 50% ihres Umsatzes erwirtschaftet die Spielwarenindustrie bereits mit Lizenzprodukten, die hauptsächlich aus den Blockbustern der Filmwirtschaft generiert werden. Der Droide BB-8 aus dem jüngsten Teil des Star-Wars-Epos steht prototypisch für diesen Trend. 

Der niedliche Roboter ist schnell zum eigentlichen Star des Films aufgestiegen und das Unternehmen Sphero aus Boulder in Colorado hat ihn für kleine und große Menschen noch vor dem Filmstart auf den internationalen Markt gebracht. Das knuffige Spielzeug wird ausschließlich via App über ein Smartphone gesteuert und kann sogar Hologramme projezieren. (Die sind aber leider nur auf dem Handy-Display zu sehen.)

Der Deutsche Verband der Spielwarenindustrie e.V. meldete jüngst, dass derartigen Lizenzprodukten der größte Anteil am Umsatzwachstum seiner Mitglieder zu verdanken ist. Die Nürnberger Spielwarenmesse stellt sich diesem Trend und fährt am Messedonnerstag hochkarätige Referenten auf, die das Potenzial internationaler Lizenzgeschäfte ausleuchten werden.

Deshalb wundert es nicht, dass Deutschlands größter Spielwarenhersteller, die Samba · Dickie · Group, bald selbst ins Filmgeschäft einsteigen und eigene Trickfilme produzieren lassen möchte. »Kinder werden über solche Serien animiert und spielen sie dann nach«, verkündete Inhaber und Firmenchef Michael Sieber in der jüngsten Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung.

»Everyday Hero« und zwei weitere Trends

Die Nürnberger Spielwarenmesse hat aus den 75.000 vorgestellten Neuheiten drei Trends kondensiert und wird sie in einer eigens eingerichteten TrendGallery vorstellen: »Everyday Hero«, »Train your Brain« und »Design to Play«. Die Produkte um »Everyday Hero« sollen Kinder darin bestärken, ihre eigenen Träume zu verfolgen und zu verwirklichen. »Dabei helfen unter anderem Spielsachen, die den Aufbau eines Unternehmens suggerieren«, heißt es auf der Homepage des Veranstalters. »Als sogenannte Kidpreneurs planen Kinder die Gestaltung ihres Unternehmens, denken sich einen Namen aus und überlegen sich Werbemaßnahmen für die Vermarktung.« Ob es sich dabei um Kinderträume handelt sei dahingestellt.

Die Neuheiten um den Trend »Train your Brain« wollen die kognitiven Fähigkeiten und geistige Fitness von Kindern stärken und »Design to Play« steht für den Trend, Spielzeuge als Designobjekte zu begreifen, die Spielspaß und anspruchsvolle Gestaltung miteinander verbinden.

Ein Treiber der Branche: Der »ToyAward«

Diese begehrte Auszeichnung in vier Kategorien gibt seit 2011 Händlern wie Konsumenten Orientierung bei der Order- und Kaufentscheidung. In diesem Jahr meldet der Wettbewerb mit 616 eingereichten Produkten einen neuen Rekord. Zwölf nominierte Spielzeuge wetteifern um die vier verkaufswirksamen Preise für die Altersgruppen 0-2, 3-5, 6-10 und ab 11 Jahren.

Mit den im Frühjahr auf dem Markt erscheinenden tonies ist ein Audiosystem für 3-5jährige Kinder im Rennen, das auf bewährte Geschichten von Janosch, Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen und viele andere starke Marken aus unserer Branche setzt. Es besteht aus einem Würfel, auf den Spielfiguren wie der kleine Eisbär gestellt werden können. In diesem Moment sind Geschichten vom kleinen Eisbären zu hören. Eine Art Joker, Kreativ-Tonie genannt, ermöglicht per App die Aufnahme und Wiedergabe eigener Geschichten. Im Wettbewerb um die Gunst der 6-10jährigen bewirbt sich mit dem 3D Magic 3D Maker ein 3-D-Drucker, in dem sich vorgefertigte Figuren und Eigenkreationen umsetzen lassen. In der Kategorie »ab 11 Jahren« bewirbt sich mit KosmoBits ein Experimentierkasten aus dem Hause Kosmos, der ab August 2016 für € 150,- einen spielerischen Einstieg in die Welt der Programmierung und Mikroelektronik bietet.

Lohnend und notwendig: Ein Blick über den Tellerrand

Nicht nur für Kinder- und Jugendbuchverlage ist ein genauer Blick auf das, was auf der Nürnberger Spielwarenmesse als Trend identifiziert wird interessant. Wenn Kinder und Jugendliche mit der Steuerung ihrer Spielzeuge via Smartphone, mit 3-D-Druckern und dem spielerischen Umgang mit Computersprachen aufwachsen, um nur einige Beispiele digitaler Novitäten zu nennen, dann hat das auch einen Einfluss auf ihr späteres Medienverhalten. Und das kann uns nicht egal sein. Auch nicht unter ökonomischen Aspekten. Denn die Spielzeugindustrie hat uns wirtschaftlich längst überholt. Deren drei Milliarden Euro Umsatz stehen lediglich knapp anderthalb Milliarden Euro Umsatz im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur gegenüber.