Hörbücher boomen in den großen Märkten

Der Hörbuchmarkt: Voll krass!

21. Januar 2018
von Börsenblatt
Während man hierzulande etwas sorgenvoll auf den Markt gedruckter Bücher schaut – vor allem, was jüngere Zielgruppen angeht – war 2017 ein gutes Jahr für das Hörbuch. Physisch wie digital. Und die Aussichten für 2018 sind mehr als positiv.

Audiobooks in den USA boomen

„Hörbücher sind das am schnellsten wachsende Segment in der digitalen Verlagsbranche. Die USA sind nach wie vor der größte Markt für das Audioformat, mit über 2,5 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr 2017, was einen deutlichen Anstieg gegenüber den 2,1 Milliarden Dollar im Jahr 2016 bedeutet.“ So positiv beurteilt Michael Kozlowski, Chefredakteur der Branchenplattform „Good e-Reader“ den Markt. Und er ist damit nicht alleine: Michelle Cobb von der Audiobook Publishers Association verweist darauf, dass 26 % der US-Bürger in den letzten 12 Monaten ein Hörbuch gehört haben. In ihrem Jahresbericht 2017 berichtete die APA außerdem von einer 34 %-igen Steigerung der Anzahl der veröffentlichten Hörbücher im Vergleich zum Vorjahr.

Jüngere lesen vielleicht keine Bücher – aber sie hören Audiobooks

Besonders spannend an diesem Segment ist die Altersverteilung der Hörer, vor allem angesichts der derzeitigen Diskussion um Themen wie „Der Buchmarkt verliert vor allem jüngere Käufer“: 48 % aller Hörer sind laut dem APA-Jahresbericht jünger als 35 Jahre – was für Verlage, die diese Zielgruppen ansprechen wollen, besonders interessant ist. Diese Alterskohorte hat durchschnittlich 15 Hörbücher im letzten Jahr gehört.

Neue Produktformen bei Audiobooks

Hörbücher sind inzwischen so populär, dass einige Verlage das Produkt „Buch“ überspringen und direkt eine Audioproduktion anstoßen. „Wir fragen unsere Bestsellerautoren und alle unsere Autoren nach alten Geschichten, Kurzgeschichten, die nie veröffentlicht wurden", sagt Anthony Goff, Senior Vice President of Content Development und Hörbuch-Verleger bei Hachette Audio – „Texte, die sie in ihrer Schreibtischschublade finden und die vielleicht für Audio geeignet wären.“ Christopher Lynch, Präsident und Herausgeber von Simon & Schuster Audio, sagt, dass er zwar mehr Straight-to-Audio erwarte, aber keine Angebote in voller Buchlänge. „Ich denke dabei an Geschichten, die ein, zwei, drei Stunden lang sind“, so Lynch.

Und der deutsche Hörbuch-Markt?

Der deutsche Hörbuchmarkt zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus, so Kilian Kissling, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb beim Argon Verlag und Vorsitzender des Landesverbandes Berlin-Brandenburg: „Zum einen durch den anhaltend hohen Anteil verkaufter physischer Datenträger. Viele Verlage erzielen noch über die Hälfte ihrer Umsätze im physischen Markt! Und zum anderen durch die bereits etablierte Verfügbarkeit von Hörbüchern in Musik-Streamingdiensten wie Spotify, Napster und Deezer.“

Diese Besonderheiten des deutschen Marktes spiegeln sich auch im Rückblick auf das Jahr 2017 wider. Kissling: „Im ersten Halbjahr waren die physischen Verkaufszahlen rückläufig, ähnlich denen im Buchmarkt. Es kam zur Verringerung der Sortimentsbreite und Konzentration auf vermeintlich sichere Titel. Dem stand dann allerdings ein außerordentlich starkes zweites Halbjahr gegenüber, sicherlich auch begünstigt durch starke Programme der führenden Verlage.“

Ähnlich optimistisch sieht Kilian Kissling auch den digitalen Bereich: „Für die digitalen Vertriebskanäle gibt es keine neutral ermittelten Marktzahlen, doch offensichtlich haben sich diese sehr gut entwickelt, wie etwa aus der jüngsten Pressemeldung von Bookwire hervorgeht, wonach der Hörbuchumsatz der Partnerverlage 2017 um 49 % gewachsen ist. Hörbuch-Marktführer Zebralution spricht allein im Streaming von einem Wachstum von 66 %.“

Eine ähnlich positive Einschätzung der Marktlage hat Ellen Voráč, Senior Manager Audiobooks bei Deezer für Deutschland, Österreich und Schweiz: „Die verschiedenen Bereiche – Streaming, digitale Hörbücher und physische Verkäufe – können gegenseitig voneinander profitieren.“ Und sie sieht auch das Potential, jüngere Zielgruppen zu erschließen: „Durch redaktionelle Empfehlungen und Startseiten-Platzierungen auf Deezer haben wir es auch geschafft, ein neues, junges Publikum für die Themen Buch und Hörbücher zu begeistern, das bis dato teilweise nicht von den üblichen Werbemaßnahmen der Hörbuchverlage erreicht wurde.“

Im Gegensatz zum Markt für gedruckte Bücher muss man sich wohl um das Hörbuch 2018 nicht sorgen.

Der Hörbuch-Markt ist auch Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe des digital publishing report, der Ende dieser Woche erscheint, mit Marktanalysen und Einschätzungen deutscher Verleger. Das digitale Magazin ist kostenlos erhältlich. E-Mail an info@digital-publishing-report.de schicken, fertig.