Die Jury setzte bei der Preisverkündung ein Zeichen für Boualem Sansal

Prix Goncourt geht an Laurent Mauvignier

5. November 2025
Redaktion Börsenblatt

Die renommierteste literarische Auszeichnung der französischsprachigen Welt ist zwar nur mit zehn Euro dotiert, das rote Band auf dem Cover garantiert aber Hunderttausende verkaufte Exemplare: Am 4. November haben die zehn Mitglieder der Académie Goncourt Laurent Mauvignier für seinen Roman "La Maison vide" ausgezeichnet

Laurent Mauvignier im Porträt neben dem Cover seines Buches

Traditionsgemäß hatte sich die Jury im Restaurant Drouant im Pariser Opernviertel zusammengesetzt und kürte Laurent Mauvignier für seinen Roman "La Maison vide" ("Das leere Haus") bereits im ersten Wahlgang. Er setzte sich mit 6 zu 4 Stimmen gegenüber der belgischen Schriftstellerin Caroline Lamarche und ihrem Roman "Le Bel Obscur" durch. Im Finale waren außerdem Nathacha Appanah mit "La nuit au cœur" sowie der von vielen als Favorit gehandelte Emmanuel Carrère mit "Kolkhoze". Alle vier Titel gehen von Familiengeschichten, vor allem von Müttern aus.

Laurent Mauvigniers 750 Seiten starke Saga "La Maison vide" ist beim Verlag Les Éditions de Minuit erschienen, der zu Gallimard gehört. Es handelt sich um eine Erzählung über vier Generationen hinweg. Alles beginnt 1976, als der Vater des Autors ein seit zwanzig Jahren geschlossenes Herrenhaus in der Touraine wieder öffnet. Im Inneren befinden sich u.a. Familienfotos, auf denen das Gesicht der Großmutter Marguerite mit einer Schere ausgeschnitten wurde.

Über den Autor

Philippe Claudel, Präsident der Académie Goncourt, erklärte: "Wir begrüßen einen Autor, der bereits ein sehr bedeutendes Werk vorzuweisen hat und der uns in diesem Jahr nicht nur ein Gesamtwerk, sondern einen Roman geliefert hat, der von grundlegender Bedeutung ist." Er bringe uns dazu, über die Gegenwart nachzudenken, und genau das sei Literatur.

Johanna Adorján weist heute in der "Süddeutschen Zeitung" daraufhin, dass Mauvignier auch in Deutschland nicht unbekannt sei: „Fünf seiner nunmehr 13 Bücher wurden übersetzt, zuletzt erschien 2023 "Geschichten der Nacht" (Matthes & Seitz). Geboren wurde er 1967 in Tours, wo er auch Bildende Kunst studierte. (…) Als großen Einfluss nennt er Thomas Bernhard, dessen Romane ihm gezeigt hätten, dass man auf eine moderne Weise einen Roman schreiben kann. Dass einen Roman schreiben nicht bedeute, dass man die Alten imitieren müsse.“

Solidarität mit Boualem Sansal

Die zehn Jurymitglieder der Académie Goncourt trugen alle ein Abzeichen zur Unterstützung des algerischen Schriftstellers Boualem Sansal, der derzeit in seinem Land inhaftiert ist, und bekundeten damit ihr Engagement für die Meinungsfreiheit.