Krimi in Eigenregie vermarktet

Auffallen in der Titelflut

2. Juli 2021
von Michael Roesler-Graichen

Einen Krimi selbst zu vermarkten: Das schien für Christian Piskulla eine lösbare Aufgabe zu sein – zumal er im Hauptberuf Fachverleger ist. Doch die Luft im Spannungsmarkt ist dünn, und die Medien zeigten dem Einsteiger die kalte Schulter.
 

Christian Piskulla ist nicht der klassische Selfpublisher – im Gegenteil: Er ist seit Jahren ein erfolgreicher Fachverleger, der mit seinem Unternehmen Cleverprinting Bücher und Schulungen zu Themen wie Layout, Grafik und Mediengestaltung anbietet. Als er den Plan fasste, seinen ersten Krimi »Das Stahlwerk« zu schreiben, lag es für ihn nahe, seine eigenen Verlagsressourcen zu nutzen und das Buch in Eigenregie zu veröffentlichen. »Es lag schon ein gewisser Übermut darin, meinen Roman selbst zu vermarkten«, gibt Piskulla zu. »Der Krimimarkt ist ein riesiges Haifischbecken, schon wegen der schieren Masse an Titeln, die täglich erscheinen. Im Gegensatz zu früher bleiben die Titel auch länger im Umlauf, dank Printing-on-Demand und Momox.«

Die Gefahr, mit einem Romandebüt in diesem Überangebot unterzugehen, ist gerade für einen Eigenverleger groß. Doch obwohl »der Markt immer weiter zuläuft«, ist es Piskulla gelungen, eine fünfstellige Zahl an Exemplaren zu verkaufen (inklusive E-Books).
Der Krimi schildert Jarek Kruppas ers­ten Fall, die Handlung spielt im Kriegsjahr 1942. Der polnische Zwangsarbeiter, vor dem Krieg Kriminalkommissar in Warschau, soll im Auftrag der Werksleitung eine Mordserie in einem Duisburger Stahlwerk aufklären.

Beim Marketing für das Buch hatte Piskulla mit Schwierigkeiten zu kämpfen. »Obwohl ich 70 bis 80 Leseexem­plare an Zeitungs- und Rundfunkredaktionen geschickt habe, ist nichts passiert. Als Selfpublisher haftet einem das Negativ-Image ›Das taugt nichts‹ an.« Die Redaktionen würden von Lese­exem­plaren überflutet, sodass unbekannte New­comer allein schon deshalb nicht wahrgenommen würden.

Aus dem Buchhandel hingegen gab es positive Resonanz. Eine Reihe von Buchhandlungen verkaufte größere Stück­zahlen, darunter eine Thalia-Filiale in Berlin (250) und mehrere Buchhandlungen in Duisburg (je 150), dem Ort der Handlung.

Der Krimimarkt ist ein riesiges Haifischbecken, schon wegen der schieren Masse an Titeln.

Christian Piskulla

»Stern«-Stunde für das Hörbuch

Einen Medienerfolg konnte Piskulla allerdings verbuchen: Für die Hörspielversion von »Das Stahlwerk« bekam er ein dickes Lob vom »Stern« – »was auch dem großartigen Sprecher Stefan Barth zu verdanken ist.

Obwohl der Einstand als Krimiautor alles andere als einfach war – und durch Corona noch verschärft wurde –, will Pis­kulla seinen zweiten Spannungsroman, »Pacific Crest Trail Killer«, ebenfalls selbst vermarkten. Ein Anreiz ist natürlich die Gewinnmarge: 50 Prozent der Einnahmen fließen in seine Tasche. Um den Thriller schreiben zu können, reiste Piskulla 2019 drei Monate lang durch die USA und konnte dort Milieus beobachten, die durch Drogenkonsum, psychische Erkrankungen und Obdachlosigkeit geprägt sind. Der Frauenmörder in seinem Buch ist eine Figur, die aus diesen Eindrücken erwachsen ist.

Um die Resonanz seines zweiten Romans einschätzen zu können, hat Chris­tian Piskulla 50 Testleser*innen mit dem Manuskript versorgt. Dabei gab es viel Zustimmung, aber auch häufiger die Bemerkung, das Buch sei ja partiell »sehr erotisch«. An den Gewaltszenen hingegen habe niemand Anstoß genommen, wobei er hier bewusst auf das voyeuristische Ausmalen von Details verzichtet habe. Dennoch scheint es hier bei vielen Krimileser*innen eine gewisse Abstumpfung zu geben, so Piskulla.