Fragen und Antworten der Rechtsabteilung des Börsenvereins

Mehr Schutz bei Langzeitverträgen

1. Juli 2021
von Börsenblatt

Verbraucher*innen sollen künftig vor übermäßig langen Vertragslaufzeiten geschützt werden und online geschlossene Verträge leichter kündigen können. Das hat der Bundestag am 24. Juni mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge beschlossen. Die Rechtsabteilung des Börsenvereins gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist das Ziel der neuen gesetzlichen Regelungen?
Die neuen Regelungen zielen in zwei Richtungen: 1. Verbraucher sollen vor übermäßig langen Vertragslaufzeiten bzw. Vertragsverlängerungen bei Dauerschuldverhältnissen geschützt werden und 2. soll Verbrauchern künftig eine leichtere Kündbarkeit von online geschlossenen Verträgen ermöglicht werden.

Greifen die Regelungen auch im Geschäft mit Unternehmern?
Nein, das Gesetz möchte nur Verbraucher schützen. Deswegen gelten sie nicht im Geschäft mit Unternehmen. Als Unternehmen in diesem Sinne gelten auch institutionelle Kunden (z.B. Behörden, Schulen oder Bibliotheken). In AGB im B-2-B-Geschäft sind also weiterhin längerfristige Vertragslaufzeiten oder auch stillschweigende Verlängerungen zulässig. Auch die neuen Regelungen zur Online-Kündigungsmöglichkeit sind nur gegenüber Verbrauchern zu beachten.

Hat das Auswirkungen auf die Buchbranche?
Für das tägliche Geschäft mit (gedruckten) Büchern grundsätzlich nicht. Denn in aller Regel werden Bücher nicht im Rahmen von Vertragsverhältnissen erbracht, die – so die neue Regelung wörtlich – „die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werklieferungen durch den Verwender zum Gegenstand“ haben, sondern der Buchkauf erschöpft sich in einem einmaligen Leistungsaustausch.

Was ist bei Abonnements zu beachten?
Relevant wird die neue Regelung aber für Abonnements, etwa solche für Zeitschriften wie auch gelegentlich anzutreffende Bücher-Abonnements.
Eine Klausel in AGB, die den Verbraucher länger als zwei Jahre bindet, ist in Zukunft ebenso unwirksam wie eine Klausel, die den Vertrag nach Ablauf der anfänglichen Vertragslaufzeit stillschweigend verlängert, wenn die Vertragsverlängerung nicht auf unbestimmte Zeit gerichtet ist und der Verbraucher das Recht eingeräumt erhält, den verlängerten Vertrag jederzeit mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen.
Die neue Regelung greift auch nicht bei Verträgen über die Lieferung „zusammengehörig verkaufter Sachen“. Das ist etwa dann der Fall, wenn von einer auf 10 Bänden angelegten Reihe alle zugleich verkauft und dann jeweils sukzessive bei Erscheinen an den Verbraucher geliefert werden.

Wie verhält es sich mit dem Zugriff auf Datenbanken?
Hingegen sind für den Zugriff auf Datenbanken, der zeitlich befristet oder dauerhaft gegen Zahlung gewährt wird, die neuen Regelungen einschlägig. Erwirbt also ein Verbraucher das Recht, dauerhaft z.B. in einer „Online-Bibliothek“ oder einer ähnlichen Datenbank E-Books oder auch nur einzelne Inhalte abzurufen, müssen die neuen Regelungen zur Vertragslaufzeit beachtet werden.
Ebenso muss dem Kunden dann ein besonderer Kündigungs-Button bereitgestellt werden, wenn er den Datenbank-Vertrag online geschlossen hat, vgl. § 312k BGB-neu. Mit diesem Button („Verträge hier kündigen“) soll dem Kunden dann eine einfache Möglichkeit zur Beendigung des Vertrages gegeben werden.

Welche Auswirkungen hat das Gesetz für das Geschäft mit E-Books?
Auswirkungen auf das Geschäft mit E-Books dürften die neuen Regelungen – vom dauerhaften Zugriff auf Datenbanken einmal abgesehen – nicht haben. Denn das Geschäft mit E-Books ist zwar ein Lizenzvertrag mit dem Endkunden. Allerdings haben Verträge über E-Books nicht „die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werklieferungen“ zum Gegenstand. Das vom Kunden gewünschte E-Book wird ihm nur einmalig überlassen, etwa durch Übermittlung der betreffenden Datei. Es ist nicht davon auszugehen, dass die damit zusammenhängende Einräumung von Nutzungsrechten zur Anwendbarkeit der neuen gesetzlichen Regelungen führt.
Fraglich ist allerdings die Behandlung von Vertriebsmodellen, in denen das vom Verbraucher gewünschte E-Book nicht von ihm heruntergeladen, sondern ihm nur dauerhaft durch einen Online-Zugriff zum Lesen bereitgestellt wird. Es spricht einiges dafür, dass diese Modelle wie eine Datenbank zu behandeln sind, weil sich die Leistung des Anbieters hier nicht in einer einmaligen Übermittlung des E-Books erschöpft, sondern dem Kunden (dauerhaft oder zeitlich begrenzt) Zugriff auf den jeweiligen Inhalt gewährt wird. Das spricht in diesen Fällen für eine Anwendung des neuen Rechts.