Christof Blome, Freier Lektor und Host des Sachbuch-Podcasts „Table of Content“, moderierte eine Diskussion zum Thema Sachbuchmarkt in Demokratie-gefährdenden Zeiten. Auf dem Podium: Charlyne Bieniek, Sachbuch-Lektorin bei dtv, Pascal Mathéus von der Hamburger Buchhandlung Wassermann, Sachbuchautorin Katharina Nocun, zugleich Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin, Anne Stadler, Programmleiterin Sachbuch S. Fischer, und Sebastian Ullrich, Programmleiter Sachbuch bei C. H. Beck.
„Flood the Zone with Shit“: Der Vorschlag von Trump-Berater Steve Bannon sei aufgegangen, so Blome in seiner Einführung zur Diskussion. Ein Grundkonsens über Fakten könne immer seltener hergestellt werden. Schlägt jetzt die Stunde des Sachbuchs? Nicht ganz, denn auf den Bestsellerlisten stehen auch Bücher, die Desinformationen verbreiten.
Der Sachbuchmarkt profitiere von den demokratie-gefährdenden Themen, das Debattenbuch, das politische Buch, sei sehr lebendig, so Anne Stadler für S. Fischer. Nicht nur die Thesenbücher, auch Hintergrundbücher würden zulegen, ergänzt Ullrich von C. H.Beck. Reaktionen auf Inhalte gehen bei C. H. Beck selten ein, falls doch, dann in Richtung „ich habe ein Sternchen entdeckt, ich kaufe nie wieder ein Buch bei Ihnen“.
Das bestätigt Pascal Matéus: Auch in der Buchhandlung werde selten über Inhalte geredet. Wie in vielen anderen Sortimenten auch habe das Buch von Angela Merkel bei ihm an der Kasse gelegen und es habe mehrere Kunden gegeben, „die es nicht aushielten, dass die ehemalige Bundeskanzlerin ihnen beim Bezahlvorgang zusah, und die ein anderes Buch auf das Cover gelegt haben“, erzählt der Buchhändler.
Wie sieht es mit der Gatekeeper-Funktion in den Verlagen aus? Sie würde - unter Wahrung „roter Linien“ – immer eine gewisse Breite befürworten, weil sie das Programm interessant machten, so Stadler. Auch Mathéus setzt auf vielfältige Stimmen. Er als Buchhändler sei darauf angewiesen, dass die Verlage ihre Gatekeeper-Funktion sehr gewissenhaft wahrnehmen: „Wir können nicht alles lesen, deshalb müssen wir uns auf Sie verlassen können.“ Er wolle keine Zensur betreiben, sondern mit allen im Gespräch bleiben – was sich seiner Meinung nach am besten bei Veranstaltungen realisieren lässt.
Und Social Media als neuer Resonanzraum für das Sachbuch? Sich auf ein Sachbuch einzulassen, sei das Gegenteil von Social Media, meint Charlyne Bieniek, dtv. Die Autorin Katharina Nocun allerdings erfährt in den Sozialen Netzwerken ein Maß an Anfeindung, das sie dazu zwingt, vor Lesungen nach Sicherheitsvorkehrungen zu fragen – woraufhin manche Veranstaltung abgesagt werde. Zugleich müsse man als Autorin auf Instagram & Co. präsent sein - „teilweise zu Lasten der physischen Unversehrtheit“, so Katharina Nocun.
Natürlich ist es schöner, sich physisch im Original zu begegnen, aber die im Rahmen von Corona gemachten Erfahrungen mit Online-Teilnahme sollten es eigentlich ermöglichen, eine Teilnahme auch ohne Reisekosten möglich zu machen.
Jan Groh
Verleger
Verlag Sol et Chant
Innerhalb der IG Digital gibt es ja die Arbeitsgruppe "Live-Videostreaming", da könnte man also das passende Know-How finden, um digitale Teilhabe zu ermöglichen.
Herzlichen Dank!
Jan Groh
Verleger
Verlag Sol et Chant