Dass "Abschied" von Haffners Sohn im Nachlass gefunden wurde und Jahrzehnte später veröffentlicht wird, ist nun ein großes Glück. Der Roman zeigt uns einen Haffner, den wir bisher nicht kannten: verletzlich, suchend, schwärmend, jung. In Teddy, die im wahren Leben Gertrude Joseph hieß, hatte sich Sebastian Haffner bereits vor 1932 in Berlin verliebt und sie öfter in Paris besucht. 1934 erwog er sogar, dorthin ins Exil zu gehen, bevor es ihn nach London verschlug. Mit Joseph, die später nach Stockholm floh, blieb er in Kontakt. "Abschied" ist ein zeitloses Bekenntnis seiner großen Liebe zu dieser Frau.
Darüber hinaus ist der Roman auch ein politisches Zeitdokument mit tragischer historischer Tiefenschärfe: Übermütig scherzen die jungen Menschen in "Abschied" über einen Zukunftskrieg, über Maschinengewehre, Gasbomben und Flammenwerfer – und feiern umso intensiver das Leben. Vorahnung und Ahnungslosigkeit klingen gleichermaßen durch diese Zeilen, sie könnten fast wie eine Mahnung wirken, stets mit allem zu rechnen.
"Ich hatte mir zu viel von dieser Reise versprochen. Was eigentlich alles? Wahrscheinlich Wunder.", sinniert Raimund in "Abschied". Von der Lektüre dieses großartigen Buches wird keine Leserin und kein Leser zu viel erwarten. Dieser Roman hält jedes Versprechen.
Abschied
Sebastian Haffner
24,- € (D)
ISBN 978-3-446-28482-1
HANSER