Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein

Buchhandel bangt um Öffnung

15. März 2021
von Torsten Casimir

Seit 8. März soll der Buchhandel unabhängig von Corona-Inzidenzwerten bundesweit geöffnet haben dürfen. Was eindeutig formuliert war, wurde aber nicht von allen Bundesländern auch so umgesetzt.

Manchmal hat es der politische deutsche Gesamtwille, selbst wenn er in klaren Worten zum Ausdruck kam, nicht leicht, seinen Weg in den Alltag aller Bundesländer zu finden. So ergeht es auch dem kulturpolitisch entscheidenden Satz aus der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Länderchefs und Chefinnen vom 3. März.  

Wir erinnern uns: Es sollen Buchhandlungen "zukünftig einheitlich in allen Bundesländern dem Einzelhandel des täglichen Bedarfs zugerechnet" werden. Der Entschluss löste überschwängliche Freude in der Buchbranche aus und ist sogleich auch fast überall umgesetzt worden. Für Rheinland-Pfalz aber, dem Land der am gestrigen Sonntag wiedergewählten Ministerpräsidentin Malu Dreyer, muss man feststellen: Zu früh gefreut. 

Dringlicher Brief an Malu Dreyer

Die rheinland-pfälzische Regierung hat – wohl inspiriert von dem besonderen Geist einer Wahlkampfschlussphase – in der "17. Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes" am 5. März verfügt, dass gleich der gesamte Einzelhandel wieder öffnen darf, und zwar je nach Entwicklung der örtlichen Inzidenzwerte. Grob gesagt gilt: unter 50 shoppen wie in besten Zeiten, ab 50 mit Terminvergabe, ab 100 alles wieder dicht. Und nun, da die dritte Corona-Welle prognosekonform übers Land rollt und überall die Inzidenzen wieder in Richtung kritischer Werte klettern, droht auch den Buchhandlungen die erneute Schließung. 

Das Problem, wie es Andrea Wolf vom Börsenvereins-Landesverband auf Anfrage von Börsenblatt online erläutert, liegt darin, "dass es in der jüngsten Landesverfügung an einer Liste der Güter des täglichen Bedarfs fehlt". Logisch: Wer alles aufsperrt, braucht keine solche Differenzierung. "Nun sind die Landratsämter und Rathäuser natürlich unsicher, ob sie auch ohne entsprechende Landesverfügung den Buchhandel von inzidenzbasierten Schließungen ausnehmen dürfen." Andrea Wolf und einige ihrer Mitstreiterinnen aus dem Buchhandel haben deshalb alle Hände voll zu tun, um auf kommunaler Ebene Überzeugungsarbeit zu leisten. 

Mit ersten Erfolgen: In den Kreisen Germersheim, Altenkirchen, Ahrweiler und Frankenthal hat es der Landesverband mit vereinten Kräften bereits geschafft, "dass der Buchhandel in den jeweiligen Allgemeinverfügungen als täglicher Bedarf aufgeführt wird". Aktuell sei, ebenfalls mit Hilfe einer Buchhändlerin vor Ort, das Landratsamt für den Westerwaldkreis in Montabaur "in Bearbeitung". Wolf hofft, dass mit der Anzahl der guten kommunalen Beispiele auch andernorts der Mut wächst, selbst ohne letzte Klarheit auf Landesebene den Buchhandel offen zu halten, so wie es die Ministerpräsidentenrunde und die Kanzlerin ja beschlossen hatten. 

Die Geschäftsführerin des Landesverbands hat unterdessen einen sehr freundlichen, aber ebenso dringlichen Brief an Malu Dreyer geschrieben. Darin legt Wolf der Ministerpräsidentin dar, als wie frustrierend von den rund 240 Buchhandlungen im Land die nach wie vor unsichere, nicht planbare Situation empfunden wird – und bittet die Regierungschefin, auch in einer entsprechenden Landesverordnung den Buchhandel explizit dem "täglichen Bedarf" zuzurechnen. 

Schleswig-Holstein: Status-Anhebung verschoben

Ähnlich unsicher, ohne dass schlechte Absichten zu vermuten wären, stellt sich die Lage in Schleswig-Holstein dar. Volker Petri vom Landesverband Nord des Börsenvereins bestätigt, dass sich zwar der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther "klar positiv" zur generellen Öffnung des Buchhandels geäußert habe. Aber passiert ist in Kiel formal das Gleiche wie in Mainz: Es gab einen umfassenden, inzidenzbasierten Öffnungsbeschluss für den Einzelhandel – und damit keine Definition der Güter des täglichen Bedarfs, die den Buchhandel einschließt.  

Schön, dass insgesamt die Städte (bis auf das zunächst pandemisch stark heimgesuchte Flensburg) auf diese Weise belebt würden, dachte und hoffte auch die Buchbranche daraufhin. Nicht so schön jedoch, dass damit die Status-Anhebung des Buchhandels zum "Einzelhandel des täglichen Bedarfs" auf später verschoben wurde, zeigt sich jetzt. Auch im Norden bleibt der Weg vom klaren Willen zur gewollten Praxis vorerst ein mühsamer. 

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