Abschied vom KulturPass: Umfrage im Buchhandel

"Die europäischen Nachbarn sind da wohl weiter als wir"

28. August 2025
Stephan Eppinger

Der KulturPass für 18-Jährige steht vor dem Aus. Fällt dem Buchhandel der Abschied schwer? Reaktionen rund um das Guthaben, das Jugendliche in die Läden holt, das Sortiment aber auch so manches Mal vor technische Hürden stellt.

Es wäre wichtig gewesen, den Prozess für uns Händler besser zu strukturieren.

Konstantina Lazaridou-Spitz
Konstantina Lazaridou-Spitz

Konstantina Lazaridou-Spitz

Konstantina Lazaridou-Spitz, Buchhandlung Karola Brockmann, Brühl

"Wir hatten einige Bestellungen von Jugendlichen über den KulturPass. Es gab dafür zwar viel Werbung, etwa mit Plakaten, aber eine systematische Aufklärung der Buchhandlungen über die notwendigen Abläufe hat leider gefehlt. Das hat für uns einen großen Aufwand beim Bearbeiten der Bestellungen bedeutet.

Es ist toll, wenn Jugendliche mit 17 oder 18 Jahren so an Kultur und Bücher herangeführt werden. Aber es wäre wichtig gewesen, den Prozess für uns Händler besser zu strukturieren. So hält sich die Trauer über das Ende des KulturPasses bei uns in Grenzen. Auch von den Jugendlichen haben wir kein entsprechendes Feedback bekommen."

Die europäischen Nachbarn sind da wohl weiter als wir.

Sabrina Töpfer

Sabrina Töpfer

Sabrina Töpfer, Buchhandlung Peterknecht, Erfurt

"Nachdem das Guthaben im Vorjahr schon auf 100 Euro reduziert worden war, ist das Aus für den KulturPass wohl absehbar gewesen. Wir haben damit keinen Riesenumsätze gemacht, aber es war schön, dass Jugendliche, die nicht über große Mittel verfügen, so trotzdem die Möglichkeit hatten, sich Bücher oder Kinobesuche leisten zu können.

Insofern ist es sehr schade, dass dieses Projekt, das jungen Menschen den Zugang zur Kultur ermöglichen sollte, nun vor dem Ende steht. Wenn man nach Frankreich blickt, dann kann so ein Projekt ja durchaus erfolgreich laufen, aber die europäischen Nachbarn sind da wohl weiter als wir.”

Der KulturPass ist für viele junge Menschen die Eintrittskarte in die Welt der Kultur.

Ingo Kretzschmar

Ingo Kretzschmar, Vorsitzender der Geschäftsführung der Thalia Bücher GmbH

Ingo Kretzschmar, bei Thalia Vorsitzender der Geschäftsführung

"Der KulturPass ist mehr als ein Gutschein – er ist für viele junge Menschen die Eintrittskarte in die Welt der Kultur. Er zeigt, dass Neugier und Begeisterung da sind, wenn man Türen öffnet. Wir bei Thalia haben dieses Projekt von Beginn an unterstützt, seit Anfang 2025 auch gemeinsam mit der Osianderschen Buchhandlung als Hauptpartner im Buchhandel.

Die Resonanz ist eindrucksvoll: Junge Menschen nutzen den Pass, um Bücher zu entdecken, ins Theater zu gehen oder Museen zu besuchen. Ja, der Buchhandel hat bislang stärker profitiert – doch gerade deshalb wollten wir das Projekt weiterführen und dazu beitragen, die kulturelle Vielfalt noch sichtbarer zu machen.

Umso bedauerlicher ist es, dass der KulturPass nun endet. Kultur ist kein Luxus, sondern ein Fundament unserer Demokratie. Staatsminister Weimer hat angekündigt, andere Wege der Förderung zu verstärken – wir sind bereit, diesen Weg aktiv mitzugestalten. Denn eines bleibt: In Zeiten, in denen Zweifel und Ressentiments lauter werden, brauchen wir mehr Gelegenheiten, Kultur unmittelbar zu erleben. Sie ist der Schlüssel, der Horizonte öffnet."

Wir bedauern die Entscheidung, den KulturPass einzustellen, sehr.

Maria Maibohm und Frederik Wrensch
Maria Maibohm und Frederik Wrensch stehen nebeneinander in der Buchhandlung

Maria Maibohm und Frederik Wrensch

Maria Meibohm und Frederick Wrensch, Geschäftsführung der Buchhandlung Graff, Braunschweig:

"Wir bedauern die Entscheidung, den KulturPass einzustellen, sehr. Für junge Erwachsene war er eine hervorragende Möglichkeit, Bücher, Kinofilme oder Theateraufführungen zu entdecken.

Für uns als Buchhandlung war der KulturPass zudem ein wertvolles Instrument, um Jugendliche in den Laden zu bringen und sie für Literatur zu begeistern – und nicht zuletzt auch, um wirtschaftlich davon zu profitieren."

Zielgerichtet wäre die Unterstützung etwa von Leseförderung an Brennpunktschulen oder für Kinder bildungsferner Elternhäuser.

Jonas Wenner
Jonas Wenner

Jonas Wenner

Jonas Wenner, Buchhandlung Wenner, Osnabrück

“Der KulturPass ist für mich eine zwiespältige Sache. Zum einen ist er natürlich eine nette Subvention auch für die Buchbranche und über zusätzliche Einnahmen klagt man nicht. Und es gab viele Nutzer, die sich gefreut haben, gratis Bücher mitnehmen zu können, die sie sich sonst gar nicht geleistet hätten oder für die sie auf anderes hätten verzichten müssen.

Auf der anderen Seite war die technische Umsetzung zum Teil schlecht. Wir haben haufenweise Bestellungen aus anderen Regionen bekommen, die wir dann kleinteilig abarbeiten und in der Regel stornieren mussten, da Versand nicht erlaubt ist. Die Kritik an dem Gesamtprojekt hinsichtlich Gießkanneneffekt, mangelnder Rechtsgrundlage und Fehlsteuerung kann ich nachvollziehen und bin daher nicht verwundert, dass das Projekt beendet werden soll. Aus meiner Sicht wurde mehr Freizeit als Kultur gefördert.

Zielgerichtet wäre die Unterstützung etwa von Leseförderung an Brennpunktschulen oder für Kinder bildungsferner Elternhäuser gewesen. Beim KulturPass stand am Ende das Geschenk an Erstwähler doch sehr klar im Vordergrund. Für die Wirtschaft wäre die Senkung von Bürokratie und Abgaben sinnvoller, als mit schuldenfinanzierten Strohfeuern den Umsatz anzukurbeln."

So sieht kulturelle Teilhabe praktisch aus!

Christiane Schulz-Rother

Christiane Schulz-Rother, Vorsitzende des Ausschusses für den Sortimentsbuchhandel, informierte über aktuelle Themen

Christiane Schulz-Rother, Tegeler Bücherstube, Berlin

"Die Tegeler Bücherstube mit ihren Filialen hat nach einem etwas holperigen Start sehr gute Erfahrungen mit dem KulturPass gemacht. Wir haben neue jugendliche Kunden in den Läden gehabt, die wir vorher noch nie bei uns gesehen haben (teilweise mit Freunden oder Familie), die sich sehr gefreut haben, entweder ihre Manga-Serie endlich fortsetzen zu können, ein akutelles New-Adult-Buch zu erwerben oder einfach zu stöbern und sich mit dem Gutschein etwas auszusuchen.

Der KulturPass ist eine sehr einfache und effiziente Möglichkeit für die 18Jährigen, sich kulturell etwas gönnen zu können, was sie sonst nicht gemacht hätten und sich finanziell nicht hätten leisten können. So sieht kulturelle Teilhabe praktisch aus!"