Non-Book Sortimenterweiterung

Die Würfel entscheiden

19. August 2025
Jona Piatkowski

Eine Nische mit Potenzial? Was Pen & Paper Rollenspiele eigentlich sind und warum sie gut ins Sortiment passen könnten.

"Früher hat man uns unironisch Satanisten genannt." Seitdem Rollenspieler wie Diego Berndt vom Spielefachgeschäft T3 Entertainment Terminal in Frankfurt in den 80ern mit ihrem Hobby die Außenseiter auf dem Schulhof waren, ist viel passiert: Rollenspiele (RPGs) sind nach über 40 Jahren ihres Bestehens so populär wie nie zuvor vertreten in Kinofilmen, Videospielen und TV-Serien wie Stranger Things oder Big Bang Theory, zählt Tim Reichhold auf, Ansprechpartner für Rollenspiele im großen Hugendubel-Ladengeschäft auf der Frankfurter Zeil, fast gegenüber des Entertainment Terminals.

Doch was ist das überhaupt, Rollenspielen? "Pen & Paper ist zusammen im Dialog eine Geschichte gestalten – wie interaktives Kopfkino oder ein aktives Theaterstück"“, beschreibt Berndt. Reichhold erklärt: "Eine Spielleitung legt die Welt und die Ereignisse dar, während die anderen Spieler:innen selbst erstellte Charaktere spielen und die Entscheidungen treffen, die die Geschichte vorantreiben." In Schlüsselszenen kommen Würfel zum Einsatz, um das Schicksal entscheiden zu lassen: Schafft der Held etwa den Sprung über die Schlucht oder bricht der Stein unter seinen Füßen?

Sinnvolle Non-Book-Erweiterung

Seit zwei Jahren finden sich Rollenspiele auch im Sortiment der Thalia-Filiale in Görlitz: "Für Buchhandlungen können RPGs eine spannende Erweiterung im Non-Book- und Spielebereich sein", sagt Filialleitung Petra Kriegel. "Sie eröffnen neue Zielgruppen, fördern Kundenbindung und bieten attraktive Präsentationsmöglichkeiten." Bisher sind es vor allem Fachgeschäfte oder Comicbuchhandlungen, die das Medium vertreiben. Jan Utecht, Gründer von "All the problems in this world" in Berlin verkauft ausschließlich importierte RPG-Geheimtipps: "Im Vergleich zu Übersee sind wir in Deutschland in der Vielfalt und Verfügbarkeit mindestens 10 Jahre hinterher."

Diego Berndt vermutet: "Klassische Buchhändler:innen wissen meist nichts mit dem Medium anzufangen." Und Utecht stimmt zu: "Selbst nach dem großen Fantasy-Boom werden RPGs noch als etwas für Jugendliche und Nerds gesehen." Dabei sei es beinahe kein Mehraufwand, die Spielsysteme in das Sortiment aufzunehmen, erklärt Berndt: "Regelwerke kommen im Buchformat daher, inklusive ISBN und deutscher Buchpreisbindung."

Heute trifft auf die alteingesessenen Rollenspieler eine Welle neugieriger Neuer. "Die Szene hat sich von klassischen Spielsystemen bis hin zu Indies stark diversifiziert – die Einstiegshürden sind heute niedriger, es gibt Startersets, vereinfachte Regeln und digitale Tools", erläutert Kriegel. Reichhold verweist auf die wachsende Verbreitung von RPGs in pädagogischen Settings und queeren Communities. "Wir hätten uns früher nie vorstellen können, dass wir mal regalweise Würfel für je 100 € verkaufen würden", staunt Berndt: "Menschen, die Pen & Paper spielen sind nicht selten gehookt fürs Leben und echte Sammler."

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