Nächste Stufe der Lesemotive-Kampagne

"Diesmal haben die Verlage keine Falten auf der Stirn"

4. Mai 2022
von Sabine Cronau

Im Herbst 2021 haben die 65 Nordbuch-Mitglieder eine große Werbekampagne auf Basis der Lesemotive gestartet. Jetzt wurde die nächste Stufe gezündet. Nordbuch-Geschäftsführerin Swantje Meininghaus über Verkaufszahlen, klare Bildsprache – und die Unterstützung der Verlage.

Bei der Fortsetzung der Kampagne unterstützen uns alle Verlage - ob über einen Werbekostenzuschuss oder durch Freiexemplare. Und vor allem: diesmal ohne nachdenkliche Falten auf der Stirn.

Swantje Meininghaus

Mit einer dreistufigen Kam­pagne haben die Nordbuch-Mitglieder die Lesemotive seit Oktober 2021 getestet (mehr dazu hier). Mittlerweile haben Sie die Zahlen ausgewertet. Ihre wichtigste Erkenntnis aus der Arbeit mit der neuen Branchenklassifikation, die vor allem auf die unbewussten Lesebedürfnisse abhebt?
Wir machen weiter! Unseren Mitgliedsbuchhandlungen hat das von Nordbuch angebotene Marketingpaket gut gefallen. Wir haben viel Aufmerksamkeit bekommen und über alle Buchhandlungen hinweg knapp 6 000 neue Onlinenutzer gewonnen. Deshalb starten wir Ende April eine neue Kampagne mit drei weiteren Lese­motiven – und im Winter soll die nächste Runde folgen.

Lesemotiv Entspannen: Schaufenster der Buchhandlung Hoffmann in Eutin

Lesemotiv Entspannen: Schaufenster der Buchhandlung Hoffmann in Eutin

Lesemotiv Nervenkitzel, ebenfalls bei der Buchhandlung Hoffmann

Lesemotiv Nervenkitzel, ebenfalls bei der Buchhandlung Hoffmann

Welchen Anteil am Erfolg haben die Lesemotive – und welcher Anteil geht auf das Konto der gut entwickelten, breit ausgerollten Kampagne?
Ich denke, der Erfolg ist vor allem der starken Kampagne geschuldet. Aber natürlich haben wir sie aus den Lesemotiven heraus entwickelt. Deshalb lässt sich das schwer auseinanderrechnen.

Sie haben sich beim Auftakt auf drei der zehn Lesemotive konzentriert: Entspannen, Nervenkitzeln, ­Eintauchen. Welches lief am besten?
Entspannen – das erste Motiv, das wir ausgespielt haben – hat am meisten Neuregistrierungen generiert. Am häufigsten im Shop geklickt wurde der dritte, »goldene« Auftritt zum Lesemotiv Eintauchen. Am leichtesten umzusetzen war das Motiv Nervenkitzeln – weil Krimicover sehr homogen und vom Lesepublikum wie auch vom Buchhandel schnell zuzuordnen sind.

Ihre Hoffnung war, dass ein Blockbuster wie Fitzeks neuer Krimi andere, weniger bekannte Bücher aus dem beworbenen Titelpaket mitzieht. Hat das geklappt?
Ja, das hat in der Tat funktioniert, etwa beim Krimi »Terra Alta« von Javier Cercas (S. Fischer). Die Zahlen reichen natürlich nicht an Fitzeks Verkäufe heran, liegen aber laut Media Control deutlich über unserem Marktanteil. Sichtbarkeit im Handel zu schaffen – das funktioniert an dieser Stelle offenbar. Was vor allem die Verlage freuen dürfte.

Die Kampagne lebt von der Verschränkung der Kanäle – Laden, Webshop, Social Media, Postkarte, Streuprospekt. Wo war die Resonanz am größten?
Wirklich messen konnten wir die Neuanmeldungen im Shop und die Clicks über den QR-Code. Da hat der Streuprospekt besser funktioniert als die Postkarten.

Werbebotschaft zum Lesemotiv Leichtlesen

Werbebotschaft zum Lesemotiv Leichtlesen

Besonders neugierig sind die Verlage jetzt auf den Kampagnen-Erfolg zum Lesemotiv Leichtlesen.

Swantje Meininghaus

Leichtlesen, Entdecken und erneut Eintauchen: Das sind die Lesemotive, auf die Ihre neue Kampagne seit Ende April einzahlt. Wo justieren Sie nach?
Die »Standzeit« der drei neuen Motive beträgt nur noch jeweils drei statt vier Wochen – dann kommt das nächste Lesemotiv. Je Motiv bieten wir zwei bis drei »Key Visuals« an, die etwas gefälliger sind als bei der ersten Runde. Und wir setzen unterschiedliche QR-Codes für Streuprospekt und Postkarten ein, um den Erfolg besser messen zu können.

Können Sie die Fortführung der Kampagne gemeinsam mit den Verlagen finanzieren?
Ja. Pro Lesemotiv bieten wir dem Handel dieses Mal sieben Titel an. Einige Bücher haben die Verlage vorgeschlagen, andere haben wir selbst ausgewählt und erst danach die entsprechenden Verlage kontaktiert. Alle unterstützen uns, ob über einen Werbekostenzuschuss oder durch Freiexemplare. Und vor allem: diesmal ohne nachdenkliche Falten auf der Stirn, was sicher unserer starken Startkampagne zu verdanken ist. Alle Verlage sind jetzt besonders neugierig auf den Kampagnen-Erfolg zum Lesemotiv Leichtlesen.

Warum sind die Verlage darauf besonders gespannt?
Weil sie genau wissen, welches Umsatzvolumen sie mit diesem Segment erzielen – Bücher rund ums Leichtlesen laufen vor allem in den sogenannten Nebenmärkten sehr gut. Vom stationären Buchhandel wird das Segment dagegen gern unterschätzt und nicht so richtig lieb gehabt. Ich hoffe, hier können wir Überzeugungsarbeit leisten.

Ist das Lesemotiv Leichtlesen nicht einfach nur ein anderer Begriff für Unterhaltungsliteratur?  
Bücher, die zum Lesemotiv Leichtlesen passen, haben weniger Personal, eine einfachere Sprache, weniger Zeitebenen. Das gilt zwar für viele unterhaltende Bücher, aber nicht für alle.

Geschlechterklischees? Plakat zum Lesemotiv Entdecken

Geschlechterklischees? Plakat zum Lesemotiv Entdecken

Die Plakate zum Thema Leichtlesen zeigen eine Frau im Kornfeld oder mit Luftballons am Strand, beim Lese­motiv Entdecken, das in der neuen Kampagne vor allem Männer-Biografien versammelt, sitzt ein Mann auf einem Berggipfel. Bedient die Kampagne Geschlechterklischees?
Ich finde, dass die Yogahaltung des Bergsteigers und das Motto »Wann ist Mann ein Mann« eher mit dem Männer-Klischee brechen. Aber klar ist auch: Ein Stück weit muss eine solche Kampagne mit Stereotypen arbeiten – denn nur eindeutige Motive sorgen für eindeutige Orientierung. Genau diese Klarheit würde ich mir im Übrigen auch bei der Gestaltung von Buchcovern wünschen. Ein Wikingerroman sollte ein Wikingermotiv auf dem Einband tragen. Damit Leser:innen wissen, woran sie sind – auch ohne in der Buchhandlung beraten zu werden.

Was empfehlen Sie Buchhandlungen, die mit Lesemotiven arbeiten wollen?
Kontakte zu Kolleg:innen zu knüpfen, die Erfahrungen damit sammeln. Nordbuch stellt die Kampagnenmotive gern auch Nichtmitgliedern zur Verfügung. Und wir bauen gerade Teile einer Mitgliedsbuchhandlung nach den Lesemotiven um. Katrin Schmidts Lesezeichen in ­Germering wird unser erster Use-Case dafür sein, wie sich ein Sortiment auf die Lesemotive zuschneiden lässt. Die Erkenntnisse teilen wir – damit alle in der Branche davon profitieren.

Werbebotschaft zum Lesemotiv Eintauchen

Werbebotschaft zum Lesemotiv Eintauchen

Nordbuch-Kampagne

Im Herbst 2021 hat die Nordbuch Marketing GmbH (65 Sortimente mit 126 Läden) die Kampagne auf Basis der neuen Branchenklassifikation gestartet – zu den Lesemotiven Entspannen, Nervenkitzeln, Eintauchen (mehr dazu hier).

Seit Ende April 2022 läuft nun die Fortsetzung mit den Lesemotiven

  • Entdecken (Männertitel wie »Lauf, Wigald, lauf« von Wigald Boning und  »Monchi. Niemals satt«),
  • Leichtlesen (mit »Und die Welt war jung« von Carmen Korn und Ildikó von Kürthys »Morgen kann kommen«)
  • und erneut dem Motiv Eintauchen, diesmal als Kombination aus Fantasy und Romanzen im Bridgerton-Stil (»Wie man sich einen Lord angelt« von Sophie Irwin und »Signs of Magic« von Mikkel Robrahn)

Jeweils sieben Titel pro Motiv werden als Kern vorgegeben und beworben.
Sie können individuell ergänzt werden.

Auswahlkriterien: Lesemotiv, Cover-Optik, Verfügbarkeit im Zentrallager, ähnlicher Erscheinungstermin.

Verlage unterstützen die Kampagne mit Werbekos­tenzuschüssen oder Freiexemplaren. Dienstleister: www.rheindorf.com (Grafik, Text), www.schiering.com (techn. Umsetzung in Onlineshops)