Interview zum Deutschen Buchhandlungspreis

"Es braucht solche feierlichen Akte der Wertschätzung unbedingt weiter"

24. August 2023
von Sabine Cronau

Für den diesjährigen Deutschen Buchhandlungspreis haben sich 480 Sortimente beworben. 118 stehen auf der Gewinnerliste, 362 gehen leer aus. Welche Messlatte legt die Jury an? Knut Cordsen über Auswahlkriterien und Sympathiepunkte. 

Bild von Knut Cordsen

Knut Cordsen, Jahrgang 1972, sitzt der Jury für den Deutschen Buchhandlungspreis seit 2022 vor. Er arbeitet seit 25 Jahren für den Bayerischen Rundfunk und andere ARD-Anstalten als Literaturkritiker, Moderator und Redakteur.

Die Jury entscheidet nach vier Kriterien: kulturelles Veranstaltungsprogramm, Engagement bei der Lese- und / oder Literaturförderung, literarisches Sortiment, innovatives Geschäftsmodell. Wie wird gewichtet? Reicht es, eines davon zu erfüllen?
Idealerweise glänzt man auf allen Gebieten. Uns als Jury ist aber natürlich bewusst, dass das oft genug äußerst schwierig ist, gerade angesichts rückläufiger Umsätze. Das Sortiment ist genauso wichtig wie das Veranstaltungsprogramm, die Leseförderung und die Art des Geschäftsmodells. 

Die meisten Buchhandlungen engagieren sich für Leseförderung, etwa beim Welttag des Buches. Reicht es aus, bei »Ich schenk Dir eine Geschichte« mitzumachen – oder muss der Einsatz für Leseförderung individuell und innovativ sein?
Stimmt, Aktionen zum Welttag sind glücklicherweise sehr beliebt bei Buchhändlerinnen und Buchhändlern. Wir als Jury freuen uns aber ebenso über jede innovative Aktion in dieser Richtung, die sich nicht am Kalender festmacht, sondern abseits solcher Tage stattfindet. Dass Cervantes vielleicht am 23. April gestorben und Shakespeare womöglich an diesem Tag geboren ist, ist ja zunächst mal nur ein Datum. Ich bin Journalist. Schon in meinem Metier grassiert ein allzu großer Kalenderglaube, der oft genug die gute Idee ersetzt, wie Hans Magnus Enzensberger immer zu sagen pflegte.   

Auch das literarische Sortiment ist als Auswahlkriterium ein dehnbarer Begriff. Woran machen Sie das fest?
Natürlich sympathisieren wir mit einem Sortiment, das gerade die kleinen, unabhängigen Verlage zu ihrem Recht kommen lässt. Heute geht es doch gerade im Buchhandel um Visibilität, um mal den ehemaligen Random-House-Chef Markus Dohle zu zitieren. Sichtbarkeit für seine Autoren stellt ein Konzern leichter her als ein Kleinverlag. Wer als Autor und Verlag mit seinen Werken nicht im Schaufenster ausliegt oder im Regal steht, hat leider oft schon verloren. Buchhändler sind die wichtigsten Vermittler von Literatur. Wenn sie ein möglichst breites Spektrum an Titeln anbieten, honorieren wir das selbstverständlich.

Natürlich sympathisieren wir mit einem Sortiment, das gerade die kleinen, unabhängigen Verlage zu ihrem Recht kommen lässt.

Knut Cordsen

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