Lesemuffel ködern

Buchhändler:innen hören diesen Wunsch vermutlich täglich: eine Geschenkempfehlung für ein Schulkind, das nicht lesen mag. Oh weh! Wären Pokémon-Karten oder ein Lego-Set nicht viel passender? Weit gefehlt! Alles, was unter die Warengruppe 295 fällt, zum Beispiel Bastelbücher, Stickerhefte, Quiz- und Rätselblöcke sind in diesem Fall 1a-verschenktauglich. Spiele natürlich auch. "Dobble", "Drecksau", "Dodelido" – für Kartenspiele wie diese muss niemand auch nur ein einziges Wort lesen. Unschlagbar für alle, die sich ganzen Sätzen möglichst niederschwellig nähern wollen: Witze. Ob Megawitze, Schulwitze, Kinderwitze: Die Textpäckchen sind kurz, der ­Inhalt kurzweilig. Der Leseerfolg lässt nicht lange auf sich warten. 

Längst haben Verlage und Autor:innen die Zielgruppe der Nichtleser im Blick, denn die ist groß. Lese­muffel ködert man mit entsprechenden Keywords, etwa "Lesen tut weh", "Lies das bloß nicht!", "Finger weg von diesem Buch!" Bestes Beispiel: Jens Schumachers "Lesen nervt". So nervig kannʼs nicht sein – immerhin kommt gerade Band 4 der Serie heraus.

Viel Bild und wenig Text ist ein ­Rezept, das Lesefaulen entgegenkommt. Wenn dann noch das Thema stimmt, kann fast nichts schiefgehen: Superhelden aus dem Marvel-Universum, ein Gaming-Abenteuer aus der Minecraft-Welt. Dog Man (halb Hund, halb Mensch) überlistet Bösewichte wie die fieseste Katze der Welt, die alle Bücher der Stadt "zappt", nein, der ganzen Welt, woraufhin jeglicher Inhalt verschwindet. "Bald hatten alle das Lesen vergessen und die Menschen wurden wirklich dumm. Supa­dumm."