Leseförderung trotz(t) Corona

"Schenken Sie mir einen Satz"

5. Mai 2021
von Stefan Hauck

Schulbesuche, Elternabende, Vorlesestunden: In der Pandemie fallen klassische Aktionen flach. Pfiffige Ideen, wie Buchhändler*innen dennoch das Lesen fördern können – pandemiekonform und gern zum Nachmachen. Folge 6: Eine Geschichte aus Wörtern der Kund*innen schreiben.

Das südhessische Gernsheim, wo Lucia Bornhofen ihre Buchhandlung Bornhofen betreibt, ist mit rund 10 000 Einwohnern zwar ein kleiner Ort, aber zugleich ein Schulzentrum fürs Umland. Der rege Austausch, den die Buchhändlerin sonst mit den Kitas und Schulen pflegt, ist in Pandemiezeiten komplizierter geworden. Bornhofen fragte sich: Wie kann ich die Menschen vor Ort erreichen? Und forderte sie mit einem gut sichtbaren Plakat in ihrem Schaufenster auf: »Schenken Sie mir einen Satz!« Ihr Versprechen: aus den Wörtern eine Geschichte zu schreiben. Als zusätzliche Motivation lobte sie ­unter den Teilnehmer*innen noch einen Bücherscheck in Höhe von 50 Euro aus.
70 Sätze aus unterschiedlichen Altersgruppen erreichten Bornhofen in kurzer Zeit. »Daraus eine Geschichte zu schreiben, war schon eine Herausforderung für mich, schließlich bin ich keine Autorin. Aber ich habe gebastelt und gefeilt.« Das Ergebnis hat sie ebenfalls gut sichtbar im Schaufenster platziert. »Das Echo war groß, weil sich jeder in der Geschichte wiederfinden konnte. Viele haben vor der Scheibe gestanden und gemeinsam gelesen.« Und viele kannten jemanden, der mitgemacht hatte. Synergieeffekt: Bornhofen nutzte die Geschichte auch in einem Flyer der Buchhandlung.
 

Klassiker versus Novität

Um gezielt die Schüler*innen zu erreichen, hat sich Lucia Bornhofen zudem die Aktion »Klassiker versus Neuling« einfallen lassen. Die ersten und zweiten Klassen bekommen für ihre Bibliothek Kenneth Grahames Klassiker »Der Wind in den Weiden« und Amy Timberlakes jungen Titel »Dachs und Stinktier«, 2020 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Bornhofen freut sich über die Rückmeldungen der Schüler*innen, vielleicht zur Sprache oder den Identifikationsfiguren – die Kinder können dafür das Schaufenster der Buchhandlung nutzen. Gerade weil Kinder derzeit von vielen Aktivitäten abgeschnitten seien, ­findet es Bornhofen umso wichtiger, sich mit Angeboten für den Lesenachwuchs zu engagieren.
 

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