Erste Lesungen nach Corona-Krise

Sofort ausverkauft

23. Juni 2020
von Börsenblatt

Die Kunden freuen sich, dass es wieder Lesungen gibt – und Buchhändler planen äußerst sorgfältig. Erfahrungen aus vier Buchhandlungen.

Platzanweiser stehen bereit

Der Buchladen in der Rainhof Scheune in Kirchzarten nimmt seine Veranstaltungen am 1. Juli wieder auf: Sternekoch Franz Keller wird sein Buch „Ab in die Küche!“ vorstellen. Veranstaltungen unter 100 Personen seien ja wieder erlaubt, erläutert Inhaberin Sibylle Steinweg. Genutzt wird für die Lesung der große Saal im zweiten Stock der Scheune. Um die Abstandsregeln zu erfüllen, „habe ich einen Tag lang mit zwei Zollstöcken gemessen“, so Steinweg. Dabei berücksichtigt werden musste etwa, dass Verwandte in gerader Linie oder Ehepaare zusammensitzen dürfen. Das hat ihr Team bei den Anmeldungen abgefragt, zudem wurden alle Kontaktdaten notiert. Eine Probebestuhlung wurde gemacht. Steinweg hat zudem ein Hygienekonzept erstellt und dieses mit dem örtlichen Ordnungsamt abgestimmt. Das alles sei „wahnsinnig aufwendig“ gewesen, so die Buchhändlerin, die sich aber freut, dass es wieder losgeht.

In den Saal passen sonst über 300 Gäste, bei der ersten Nach-Corona-Veranstaltung sind es jetzt 97. Die Plätze werden nummeriert und mit Namen versehen, Platzanweiser stehen am 1. Juli bereit. „Wir waren sofort ausverkauft“, freut sich Steinweg. Der Buchladen hatte nur einen Newsletter mit Veranstaltungshinweis verschickt, die Verteilung von Flyern war nicht mehr nötig. Weitere Veranstaltungen sind bereits in der Planung, am 10. Juli kommt das Piazzolla Wind Ensemble und zwei Wochen später ist eine Veranstaltung mit Lesung und Musik zum „Decamerone“ vorgesehen - das passe gerade in die Corona-Zeit, erklärt Steinweg. In diesem Jahr soll es auch im Sommer Veranstaltungen geben, „weil viele nicht in Urlaub fahren“ – insgesamt aber etwas weniger, weil der Zeitaufwand für die Organisation und Umsetzung doch hoch sei.

Gute Stimmung im Pausenhof

Sehr gute Erfahrungen hat schon die Buchhandlung Bornhofen in Gernsheim gemacht: Am 19. Juni fand um 20 Uhr der traditionelle Buchbesprechungsabend statt, wo Mitarbeiter ihre aktuellen Empfehlungen vorstellen. „In der Buchhandlung konnten wir es natürlich nicht machen, da hätten wir nach den jetzigen Vorgaben nur acht Leute platzieren können. Deshalb haben wir die Veranstaltung unter freiem Himmel gemacht, im Pausenhof der benachbarten Grundschule“, berichtet Buchhändler Ralf Schwob. 20 vorangemeldete Zuhörer kamen, allesamt Stammkunden, „es war eine gute Stimmung, man merkt, dass sich die Leute freuen, so etwas Schönes wie Literatur teilen zu können.“ Statt Büchertisch gab es ausgedruckte Listen mit den zuvor besprochenen Titeln, und die Kunden konnten sich die von ihnen angekreuzten Titel am nächsten Tag ganz einfach in der Buchhandlung abholen.

Lieblingsbücher im Minutentakt

Das Literarische Speed-Dating hat die Buchhandlung Volk in Recke noch vor sich: Am 23. Juli stellen Helga Volk, ihre Mitarbeiter Rendel Kerk und Nancy Rohling sowie Verlagsvertreter Matthias Rybak im Minutentakt ihre Lieblingsbücher vor. Die Leute wollen beraten werden, ist die Erfahrung der Buchhändler, und vor den Sommerferien ist es ein guter Termin. Erfahrungen hat das Volk-Team schon am 4. Juni mit der Lesung von Carsten Höfer gesammelt, der mit dem Kleinkunstpreis für das beste Kabarettprogramm des Jahres 2019 ausgezeichnet worden ist: Auch wenn die Menschen noch ein bisschen vorsichtig sind, kamen 32 Zuhörer – das Programm wurde sehr gut angenommen.

Outdoor-Lesung über die Lieser

Innerhalb von drei Tagen sind die 100 Karten für die erste Lesung über die Lieser weggegangen. Am 27. Juni liest Arno Strobel aus seinem Buch „Offline“. Organisiert wurde die Lesung von der Altstadt Buchhandlung in Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Wittlich. Das Konzept: Originell und corona-safe. Arno Strobel liest auf der einen Seite des Flusslaufes, die Zuhörer sitzen auf der anderen Seite der Lieser. Gelauscht wird über Kopfhörer, die von der Stadt bereitgestellt werden und beim Einlass übergeben werden. Arno Strobel freue sich jetzt schon, endlich wieder vor Publikum zu lesen, erzählt die Inhaberin Claudia Jacoby.

Verkauft werden durften genau 100 Karten. Nun wird der Bereich für die Veranstaltung abgesperrt. Einen Büchertisch inklusive Signierstunde wird es auch geben. „Seflies mit dem Autor können leider nicht gemacht werden – der sitzt hinter einer Scheibe, aber das ist in Ordnung. Wir freuen uns, dass in der Stadt endlich wieder etwas los ist“, so Claudia Jacoby.