Kampagne Signals of Hope

SOS an die Welt

17. Oktober 2020
von Sabine van Endert

Menschenrechte, Gender Diversität, Feminismus, struktureller Rassismus, Klimawandel - 15 Stunden Videos, Podcasts und DJs zu den Themen, die die Welt bewegen sollten, gibt es bei Signals of Hope, der Leitkampagne der Frankfurter Buchmesse 2020. 

"Ja, die Hallen sind verwaist, die Stadt ist leer und alles in allem könnte schon ein bisschen mehr Frankfurter Buchmesse sein. Manchmal seufze ich auch sehr laut. Klagen interessiert mich aber nicht so sehr, viel aufregender finde ich – ihr wisst es – die Frage, nach dem „What if … (with frenzy and hysteria)“. Also: Muss es so sein, wie es sich gerade darstellt und ließe sich alles nicht anders organisieren?", postete Katja Böhne, Leiterin Marketing und Kommunikation der Frankfurter Buchmesse, zum Start von Signals of Hope auf Facebook. Die Themen seien häufig ernst, Tonalität und Aufbereitung aber meist heiter und immer unterhaltsam. Und Hoffnung komme darin vor. Das Versprechen wurde eingelöst. 

Talking Hope mit Tiffany Jewell

Mit der Autorin, antirassistischen Erzieherin und Beraterin Tiffany Jewell wurde das Programm am Messemittwocheröffnet. Jewell hat mit ihrem Buch "This Book Is Anti-Racist: 20 Lessons on How to Wake Up, Take Action, and Do the Work" einen weltweiten Bestseller gelandet (in deutscher Übersetzung unter dem Titel "Das Buch vom Antirassismus: 20 Lektionen über Rassismus und was wir alle dagegen tun können" im Zuckersüß Verlag). Sie wurde von Juergen Boos, dem Direktor der Frankfurter Buchmesse interviewt, der glaubhaft wissen wollte, was er persönlich konkret gegen Rassismus tun könne. Ihre Antwort: Zuhören, Fragen, was Diskriminierte brauchen, aus der Geschichte lernen, ein klares Bild darüber bekommen, wo man selber steht. Und was die Buchmesse betrifft: Die Arbeit marginalisierter Autoren nach vorne bringen. Auf die Frage von Boos, wie sie zu dem wurde, was sie heute ist, erzählte Jewell, sie sei auf eine Schule mit überwiegend schwarzen und braunen Kindern gegangen, alle Lehrer seien weiß gewesen, und "man hat gespürt, dass sie uns nicht mochten". In den letzten 15 Jahren ihrer Arbeit habe sich einiges geändert, doch es gebe immer noch Menschen die meinten, man dürfe mit Kindern nicht über Rassismus und Ungerechtigkeit sprechen. 

Schwarze Literatur in Deutschland?!

Ein filmischer Essay von Mahret Ifeoma Kupka beschäftigt sich mit strukturellem Rassismus und fragt: Wie, was und warum schreiben Schwarze Autor*innen in Deutschland? Und ist eine Einordnung in "Schwarze Literatur" überhaupt sinnvoll? Mit dabei: die Vorsteherin des Börsenvereins, Karin Schmidt-Friderichs. Außerdem dabei die Filmemacherin und Autorin Natasha A. Kelly ("Millis Erwachen"), der Autor Michael Götting, die Autorin und Aktivistin in der Initiative "Schwarze Menschen in Deutschland" Sharon Dodua Otoo und der Kulturjournalist René Aguigah, der skeptisch ist, ob es das Genre Schwarze Literatur geben sollte. Wie fühlt sich eine Schwarze, Ostdeutsche Frau, wenn sie in der Öffentlichkeit eine Banane isst - das Thema aus Oliva Wenzels Roman "1000 Serpentinen Angst" kommt zur Sprache, ob Frauen "Blumen malen dürfen", also ohne ihre Herkunft und ihr Schwarzsein zu thematisieren, Literatur schreiben können. Beim Sprechen über all diese Fragen empfinde sie eine Unsicherheit der Unwissenheit, sagte Karin Schmidt-Friderichs. Fazit: Schwarze Deutsche Geschichte muss systematisch erforscht werden. Welche Projekte der Börsenverein verfolgt um reale Vielfalt zu realisieren? Schmidt-Friederichs nennt die Arbeit für Meinungsfreiheit und Vielfalt und die Friedenspreis. Es gebe im Verband "ein intensives Sensorium für Themen, die zur Sprache gebracht werden müssen".

Musikalische Signale der Hoffnung

Am Samstagabend gab es Hip Hop, Surfpop, House und  elektronischen Pop von Kid Simius, der Stream wurde in der Kellergegelbahn des Autark-Tattoostudios in Berlin aufgenommen. Der Musiker habe sich von Hope Jahrens Buch "'The Story of More: How We Got to Climate Change and Where to Go from Here" inspirieren lassen, heißt es in der Programmankündigung. Ob die Message rüberkommt? Schwer zu sagen. Auf dem Dancefloor würden wir den Stream aber jederzeit gern noch einmal hören. 

Außerdem legte die Kölner Produzentin Sandilè auf, die sich von dem Buch "How to Be an Antiracist" von Ibram X. Kendis inspirieren ließ, Nur Jaber mit Musik zu Rebecca Solnits Buch "Hope in the Dark" und Roi Perez mit Beats zu Linus Gieses Buch "Ich bin Linus: Wie ich der Mann wurde, der ich schon immer war". Nachhören lohnt sich! 

Das Programm zum Anschauen und Nachhören

Außerdem fand ein  Hope Poetry-Slam zum Thema Klima, u.a. mit Georg Dietz, Samuel Kramer und Moritz Konrad statt, inklusive Voting, ein Special zur Seenotrettung und eine sehenswerte Annäherung an Geschlechter, Rollen und Stereotype mit der Autorin für Computerspiele und Bundesvorsitzenden des Verbands Deutscher Schriftsteller und Schriftstellerin Lena Falkenhagen und anderen, bei der es auch um Female Empowerment in Videospielen geht. Und am Sonntag, zum großen Finale, Ken Follett mit seinem ABC der Hoffnung. 

Die Kampagne mit den leuchtenden Signalen des internationalen Flaggenalphabets, die in Zeiten von Reisebeschränkungen und sozialer Distanz als Zeichen internationaler Verbundenheit gedeutet werden sollen, wurde von der Agentur fischerAppelt mit ihrer Digitaltochter Fork ins Netz gebracht. Sie jedenfalls toll aus. Zum Anschauen und Nachhören gibt es das Programm unter signalsofhope.buchmesse.de

Auf der Kampagnenwebsite sind übrigens auch alle Zuschauer*innen und Buchmessefans eingeladen, ihr persönliches Hoffnungssignal zu verschicken!