PEN-Zentrum Deutschland

Deniz Yücel: "Der Feind heißt Putin, nicht Puschkin"

7. März 2022
von Börsenblatt

Das PEN-Zentrum Deutschland verurteilt den verbrecherischen Angrifskrieg Putins, die wirtschaftlichen Maßnahmen dagegen gehen ihm aber nicht weit genug. Forderungen, Bücher russischer Autor:innen zu boykottieren oder ihre Stücke nicht mehr aufzuführen, lehnt das PEN-Zentrum dagegen ab – dann hätte der Wahnsinn gesiegt.

Das PEN-Zentrum Deutschland schreibt am 6. März: "Es herrscht Krieg in Europa. Der russische Autokrat Wladimir Putin lässt seine Truppen die Ukraine überfallen. Alle, die in diesem verbrecherischen Angriffskrieg zu Tode kommen, sind Putins Opfer: sowohl die ukrainischen Zivilist:innen, als auch die ukrainischen Soldat:innen, die die Freiheit ihres Landes gegen Totalitarismus und Willkür verteidigen. Und auch die oft getäuschten und stets schlecht ausgerüsteten russischen Soldat:innen, die im Kampf für Putins Machtphantasien und Bedrohungsparanoia sterben, sind Opfer dieses Völkerrechtsbruchs.

Darum begrüßt das deutsche PEN-Zentrum Maßnahmen, die geeignet sind, die russische Kriegswirtschaft zu schwächen und das Putin-Regime international zu ächten. Doch wenn vom Ausschluss aus dem SWIFT-System bestimmte Banken ausgenommen werden, um Gaslieferungen aus Russland nicht zu gefährden oder die Verluste deutscher Banken zu mindern, lautet die fatale wie falsche Botschaft: Europa ist solidarisch, solange es uns nicht zu viel kostet.

Angesichts solch inkonsequenter Maßnahmen – oder der lange Zeit insbesondere von der Bundesregierung verweigerten praktischen Hilfe an die Ukraine – wirken Forderungen, Bücher russischer Autor:innen zu boykottieren oder ihre Stücke nicht mehr aufzuführen, erst recht nach symbolischen Ersatzhandlungen. Ein pauschaler Boykott beträfe zudem die mutigen Kolleginnen und Kollegen in Russland, die Putins skrupelloser Gewaltherrschaft und diesem Krieg widersprechen."

Wenn wir uns zu solchen Reflexen, zu Pauschalisierungen und Anfeindungen gegen Russinnen und Russen hinreißen lassen würden, hätte der Wahnsinn gesiegt, die Vernunft und die Menschlichkeit verloren. PEN-Präsident Deniz Yücel erklärte: "Der Feind heißt Putin, nicht Puschkin, Tolstoi oder Achmatowa. Der PEN steht an der Seite aller Menschen in allen Ländern, die in Frieden, Freiheit und Würde leben wollen."