B2B Media Days: Diskussionsrunde

Die Fachmedienbranche war 2020 ziemlich robust

17. Juni 2021
von Michael Roesler-Graichen

Trotz Lockdown und Umsatzrückgängen bei Printprodukten und Veranstaltungen hat die Fachmedienbranche das Coronajahr 2020 ohne größere Blessuren überstanden. Das konnten die Teilnehmer*innen eines Panels zur aktuellen Situation des Fachmedienmarkts für ihre Häuser bestätigen.

Bernd Adam, Geschäftsführer der Deutschen Fachpresse in Frankfurt, begrüßte seine digital zugeschalteten Gäste aus dem Studio des Vogel Convention Center in Würzburg. Gerade erst hatte Christoph Keese, CEO von Axel Springer hy, in seiner Keynote den B2B-Medien bescheinigt, "wie kaum eine andere Branche zu boomen".

Würde dies nicht stimmen, so wäre die Bilanz für 2020 in den meisten Unternehmen vermutlich wesentlich schlechter ausgefallen, in einzelnen Fällen vielleicht verheerend. Iris Bode, Geschäftsführerin von Haufe Lexware; Klaus Krammer, Vorstand des Krammer Verlags und zugleich Sprecher der Deutschen Fachpresse; Philipp Neie, Geschäftsführer von Schweitzer Fachinformationen; und Sönke Reimers, Sprecher der Geschäftsführung der dfv Mediengruppe konnten für ihre Unternehmen bestätigen, was Bernd Adam mit Blick auf die gesamte Branche gesagt hatte: dass sie gut durch das Coronajahr gekommen und dabei digital gewachsen sei.

"2020 war am Ende ganz ordentlich", sagte Sönke Reimers für die dfv Mediengruppe. "Im zweiten und dritten Quartal haben wir zwar die gleichen Schläge einstecken müssen wie unsere Mitbewerber, aber im vierten Quartal lief es dann sehr gut, da haben wir aufgeholt." Mit einem "leicht blauen Auge" sei man davongekommen – "wofür wir aber hart dran gearbeitet haben, in den Märkten und bei den Kosten". Womit der dfv nicht gerechnet hatte: dass der Lockdown sechs, sieben Monate anhält, bis weit in das Jahr 2021 hinein. Aber, so Reimers hanseatisch heruntergekühlte Formulierung: "Auch 2021 wird ein ganz ordentliches Jahr." Vor allem die Digitalisierung habe einen Schub gebracht, bei Datenbanken, Online-Veranstaltungen und Digitalabos.

Für Iris Bode (Haufe Lexware) bewegte sich 2020 "grundsätzlich im Rahmen der Erwartungen", man sei "relativ zufrieden" gewesen. Natürlich habe man wegen der ausgefallenen Präsenztermine in der Haufe Akademie digitale Lernangebote schaffen müssen, um die Ausfälle zu kompensieren. Insgesamt, so Bode, habe Haufe einen "großen Boost im Digitalen" erlebt, auch im E-Commerce. Eine massive Reichweitensteigerung habe man beim Newsportal haufe.de verzeichnet. "Besonders gut haben sich die Themen Human Resources und New Work entwickelt", so Bode. "Hier gab es eine starke Nachfrage und große Umsätze." Im reinen Buchgeschäft seien vor allem E-Books gut gelaufen.

Klaus Krammer, Vorstand des Krammer Verlags, war mit dem Auslandsgeschäft seines auf Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) spezialisierten Unternehmens in Frankreich und Tschechien besonders zufrieden – und das, obwohl die Bauarbeiter in Frankreich während des Lockdowns drei Monate keine Baustelle betreten durften. "Vielleicht haben wir deshalb mehr Leser anziehen können."

Philipp Neie (Schweitzer Fachinformationen) betonte die Abhängigkeit des Händlers von den Lieferanten: "Unser Ergebnis konnte nur so gut sein wie das der Kollegen in den Verlagen." Wer im Bereich der Fachinformations-Dienstleistung gut aufgestellt gewesen sei, habe 2020 eine positive Erfahrung machen können. Verlierer bei den Fachinformationen sei das gedruckte Buch gewesen, Gewinner hingegen E-Books, E-Journals und Datenbanken. Alles in allem "waren die Ergebnisse zum Jahresende nicht so verkehrt", meinte Neie.

Auch 2021 läuft nicht alles rund

In diesem Jahr läuft zwar einiges besser als im Vorjahr, aber es gibt immer noch Handicaps. "Wenn wir beispielsweise für unser Web-TV vor Ort Filme drehen wollen, dann lassen uns viele Unternehmen immer noch nicht rein. Wir fiebern der Öffnung im Herbst entgegen", sagt etwa Klaus Krammer. Ein Problem sei auch die Zustellung der Fachzeitschriften in die Unternehmen. In NRW sei die Zustellung der Zeitschriften vorübergehend komplett untersagt gewesen. "Hier zeigt sich eine Abhängigkeit von ordnungspolitischen Entscheidungen", beklagt Krammer.

Sönke Reimers forderte, dass die Fachmedienbranche sich mehr Gehör bei der Politik verschaffen müsse. "Ich bin erschüttert von der Form der Regulierung, die wir in den vergangenen Monaten erlebt haben. Das muss aufgearbeitet werden und darf sich so nicht wiederholen."

Regulierung, die weniger hilft als zusätzliche Aufwände verursacht, ist auch Philipp Neie ein Dorn im Auge: "Wir hatten innerhalb von sechs Monaten drei verschiedene Mehrwertsteuersätze, und das bei insgesamt 280.000 Objekten, die wir im Vertrieb haben. Diese Themen existieren, weil die Bedeutung des Verlegerischen in der Politik nicht mehr so zu Hause ist wie früher."

In der letzten Fragerunde ging es um die Pandemie als Innovations-Turbo. Hier konnten alle vier Gäste von ihren Erfahrungen und laufenden Bestandsaufnahmen berichten. Auch wenn vieles noch nicht entschieden ist, auch die Frage der künftigen (Remote-)Arbeits- und Führungsmodelle nicht, scheint eines klar zu sein: "Es wird nichts so bleiben, wie es ist", so Sönke Reimers, "aber das Thema ist noch nicht ausgehärtet".

Die B2B Media Days laufen noch bis einschließlich morgen (18. Juni). Das komplette Programm finden Sie hier.