Interview mit Michael Rosch zum Zahlungsverkehr im Buchhandel

»Die Stabilität im Buchhandel ist bemerkenswert«

25. Juni 2021
von Christina Schulte

Ein großer Teil der Branchenumsätze läuft zentral über die BAG. Wie es um das Zahlungsverhalten der Indie-Buchhandlungen bestellt ist und warum neue Konditionenmodelle dringend nötig sind – das erläutert Buchwert-Geschäftsführer Michael Rosch.  

Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf das Regulierungsvolumen der BAG? 
Natürlich wirkt sich Corona auch auf die Abrechnungen der Buchwert aus. Sowohl in der BAG als auch in der Verbund­abrechnung zeigen sich etwa die Umsatzrückgänge aufgrund der Schließungen und Einschränkungen sowie die Umsatzverschiebung in Richtung der Barsortimente. Aber wie im Vorjahr erleben wir zurzeit wieder eine Umsatzaufholjagd – nur nicht ganz so stark. Unsere Verbundabrechnung von Januar bis Mai dieses Jahres weist im Vergleich zu 2019, also der Vor-Corona-Zeit, flächenberei­nigt ein Umsatzdelta von zehn Prozent auf. Das zeigt, dass unsere unabhängigen Buchhändler verhältnismäßig gut und – wenn man sich die offiziellen Marktzahlen anschaut – scheinbar besser durch die Krise gekommen sind als die Filialisten. Die Schwankung bei den Umsätzen unserer Mitgliedsbuchhandlungen ist jedoch merklich größer als sonst, abhängig vom Standort (man denke nur an Tourismus-Standorte), abhängig davon, wann wieder geöffnet werden durfte, wie einschneidend die Maßnahmen vor Ort noch waren etc.

Haben alle trotz Corona immer brav ihre Rechnungen bezahlt beziehungsweise bezahlen können?
Ja, die Liquidität im Buchhandel war offenbar zu jeder Zeit vorhanden und ausreichend. Bei der BAG und in der Zentralregulierung war und ist keine Zunahme von Zahlungsauffälligkeiten seitens der Buchhändler festzustellen. Im März beispielsweise hat es beim Clearingverfahren der BAG keine einzige Rückschlüsselung an die Verlage gegeben. Und das, obwohl der Lockdown in den meisten Bundesländern für den Buchhandel gerade erst aufgehoben worden war. Diese Stabilität halte ich – auch im Hinblick auf andere Einzelhandelsbranchen – für bemerkenswert, und dies ist ein sehr gutes Signal für die Branche.

Lag das auch an verlängerten ­Zahlungszielen?
Beim ersten Lockdown hatten wir mit all unseren Partnerverlagen gesprochen, ob sie zur Unterstützung beispielsweise ihre Zahlungsziele verlängern. Einige haben dies getan. Aber unter dem Strich führt eine breite Zahlungsverzögerung nur zum Aufbau einer Bugwelle. Das ist für die Liquidität gefährlicher, als weitgehend termingerecht zu bezahlen. Wenn Liquiditätsschwierigkeiten sich nur verschieben, sich an der Umsatzentwicklung aber nichts ändert, bedeutet das ein Sterben auf Raten.

Haben Ihre Buchhändler*innen die staatlichen Hilfen in Anspruch ­genommen?
Bei einer Umfrage unter unseren Mitgliedern hat sich gezeigt, dass beispielsweise nur die Hälfte die Kurz­arbeit genutzt hat. Das ist ein gutes Zeichen, denn offenbar war ausreichend Liquidität vorhanden, um die Gehälter und Sozialabgaben zu bezahlen. Viele derer, die Soforthilfen im ersten Lockdown beantragt hatten, mussten das Geld wieder zurückzahlen, weil sie die Bemessungsgrundlage überschritten hatten. Ein Drittel hatte vor, Überbrückungshilfe III zu beantragen, will aber noch die reale Umsatzgrundlage abwarten. Rund die Hälfte unserer Mitglieder hat das Programm von »Neustart Kultur« in Anspruch genommen, wir haben sie bei der Antragstellung unterstützt und freuen uns, dass die Frist verlängert wurde. 
 

Die Liquidität im Buchhandel war offenbar zu jeder Zeit vorhanden.

Michael Rosch

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