Ulrich Nolte zum 60. Geburtstag

Ein Mann für knifflige Aufgaben

21. März 2024
von Börsenblatt

Seit 1999 leitet Ulrich Nolte, der heute 60 Jahre alt wird, den Programmbereich Religions- und Kulturgeschichte bei C.H. Beck. 2007 kam noch das Lektorat für die "Zeitschrift für Ideengeschichte" (ZIG) hinzu. Es gratuliert ihm deren geschäftsführender Redakteur, Stephan Schlak.

Ulrich Nolte C.H. Beck

Ulrich Nolte, stellvertretender Abteilungsleiter des Sachbuchlektorats bei C.H.Beck

Das Los fiel mal wieder auf Ulrich Nolte. Seit der ersten Ausgabe ("Alte Hüte") im Frühjahr 2007 hat er im Lektorat des Verlags C.H.Beck für die Zeitschrift für Ideengeschichte (ZIG) den Hut auf. Schon in den heute fernen Nullerjahren, zwischen Angela Merkels ersten Kanzlerjahren und dem Sommermärchen, muss dem damals forty something der Ruf im Verlagshaus in Schwabing vorausgeeilt sein, ein Mann für besonders ambitionierte und knifflige Aufgaben zu sein. Nach ersten Wanderstationen im Verlagslektorat bei De Gruyter und Kröner war Ulrich Nolte bei C.H.Beck seit 1999 für die Programmbereiche Religions- und Kulturgeschichte zuständig – und mit der Gründung der ZIG fiel ihm nun auch in Ergänzung seines schon umfangreichen Programms die Aufgabe zu, einer eigensinnigen Redaktion intellektuell Paroli zu bieten und gleichsam Sorge dafür zu tragen, dass das neue Papierschiff nicht alsbald Schiffbruch erleidet. Beides ist ihm wunderbar gelungen. Für unsere Zeitschrift ist Ulrich Nolte der ideale Lektor, weil er neben dem professionellen Standbein ein ausgeprägtes intellektuelles Spielbein hat – auch wenn er diese Seite für die Außenwelt erst einmal geschickt zu kaschieren weiß.

Wer auf einer Buchvorstellung oder einem Empfang aber einmal in den Genuss einer kleinen Stegreifrede von Nolte auf eine seiner Autorinnen und Autoren gekommen ist, weiß, wie gewitzt und gekonnt ironisch beiläufig Ulrich Nolte zu unterhalten weiß. Es scheint in den Tiefen und Weiten der Überlieferung kaum einen Komplex zu geben – von der Achsenzeit bis zum Grundgesetz – der davor sicher ist, von Ulrich Nolte nicht überraschend neu in Szene gesetzt zu werden. Vielleicht waren es seine prägenden Studienjahre an der FU Berlin in den Achtzigerjahren, an den Orten und Seminaren des wilden Denkens im Schatten von Klaus Heinrich, die den promovierten Religionshistoriker Ulrich Nolte animiert haben, mit einem besonders feinen Sensorium die historische Überlieferung zu mustern.

Ein so höflich zurückgenommener, in sich ruhender, gelassener Charakter ist im Kulturbetrieb eine noble Erscheinung an sich. Aber ein kluger Lektor wie Ulrich Nolte – der zugleich auch ein Programmmacher mit der Witterung für das Buch zur richtigen Stunde ist – weiß auch, die schöne Eigenschaft der Dezenz zum Wohle seines Verlages zu nutzen. Wie viele Einfälle, wie viele wunderbare Ideen hat dieser Virtuose des Understatements seinen Autorinnen und Autoren, aber auch der Zeitschrift unter die Zunge gelegt.

Als Fußnote zur eigentlichen Verlagsarbeit muss hier noch vermerkt werden, dass Ulrich Nolte über ein immer wieder neu ins Staunen versetzendes Organisationstalent verfügt und überhaupt ein Athlet der verbindlichen Form ist. Da er zudem ein kluger und geschätzter Ratgeber ist, wird er von allen Seiten pausenlos in Anspruch genommen. Dabei ist unsere Zeitschrift in dem weit aufgefächerten Programmbereich des Nolte-Lektorats nur ein kleiner Beifang. Viele der scharfsinnigen und renommierten, preisgekrönten Köpfe des Verlages wie Jan und Aleida Assmann, Sarah Bakewell, Ewald Frie, Friedrich Wilhelm Graf, Navid Kermani oder Claudia Ott zählt er zu seinen Autorinnen und Autoren – und auch in diesem Bücherfrühling verantwortet Ulrich Nolte wieder einmal mehr als ein Dutzend Neuerscheinungen im Programm. Vor dem Horizont der berühmten Enzensbergerschen "Lyrik-Quote" der happy few, die sich ein ideenhistorisches Journal zur geistreichen Unterhaltung noch leisten, ist es beruhigend zu wissen, dass Ulrich Nolte auch im Handumdrehen für den Verlag Bestseller produziert.

Dass große Bücher im Schatten des protestantischen Pfarrhauses gedeihen – vielleicht hängt diese hier einmal probehalber um das gehobene Sachbuch erweiterte deutsche Literatur-These von Heinz Schlaffer auch nur damit zusammen, dass im Weinberg der Verlage kluge Geister und Pfarrerssöhne wie Ulrich Nolte tatkräftige, umsichtige Dienste leisten.

An seinem 60. Geburtstag am 21. März 2024 ist ein Mann ins Licht zu setzen, der stets diskret im Hintergrund arbeitet. Die Zeitschrift für Ideengeschichte gratuliert ihrem großartigen Lektor. Herzlichen Glückwunsch, lieber Ulrich Nolte!

Zum Autor

Stephan Schlak ist geschäftsführender Redakteur der Zeitschrift für Ideengeschichte, die vier Mal im Jahr im Verlag C.H.Beck erscheint. Herausgeber der Zeitschrift sind Sandra Richter (Deutsches Literaturarchiv Marbach), Ulrike Lorenz (Klassik Stiftung Weimar), Peter Burschel (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel), Barbara Stollberg-Rilinger (Wissenschaftskolleg zu Berlin), Hermann Parzinger (Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin), Gerhard Wolf (Kunsthistorisches Institut in Florenz – MPI) sowie Eva Geulen (Leibniz-Zentrum für Literatur und Kulturforschung).