Outdoor: Interview zum Wandern mit Hund

"Es gibt Hunde, die schmale, spannende Steige lieben"

17. September 2021
von Matthias Glatthor

Wandern und Hunde boomen in Corona-Zeiten – warum also den Hund nicht mit auf die Tour nehmen? Was dabei etwa im Winter zu beachten ist, erläutert Franziska Rößner, Autorin von Hundewanderführern, im Interview.

Sind alle Hunde zu Wandern geeignet?
Grundsätzlich kann man mit jedem Hund wandern. Man muss nur die Anforderungen der Tour an die Gesundheit, das Alter und die Konstitution des Hundes anpassen.

Welche Streckenprofile und -längen können die Hunde bewältigen?
Das hängt – wie beim Menschen auch – ganz von der Konstitution und dem Trainingszustand des Tieres ab. Beim "Dogtrekking" beispielsweise werden Distanzen bis zu 80 oder 100 Kilometer am Stück bewältigt. In meinen Wanderführern finden sich Wanderungen zwischen zwei und sieben Stunden Gehzeit.

Sollten Hunde in Wald, Feld und Flur an der Leine geführt werden, damit ihr Jagdtrieb nicht mit ihnen durchgeht?
Diese Frage kann man nicht pauschal beantworten. Es gibt Länder, Bundesländer, Regionen wo eine generelle Leinenpflicht besteht. Dort müssen alle Hunde immer angeleint geführt werden. Da, wo keine Leinenflicht besteht, sollte man diese Freiheit nur den Hunden zubilligen, die zuverlässig abrufbar sind. Ich würde dies daher nicht allein am Jagdtrieb festmachen, sondern daran, wie gut ein Hund im Gehorsam steht.

Wie haben Sie die Wege für Ihren Wanderführer ausgesucht – haben Sie alle mit ihren Hunden getestet?
Ich kenne mich in den Regionen, die ich in meinen Büchern vorstelle, sehr gut aus und habe meist die Ziele gewählt, die mir selbst auch sehr gut gefallen. Alle Wanderungen in meinen Führern bin ich mit meinen beiden Berner Sennenhündinnen teils mehrfach gelaufen, um wirklich schöne und hundegeeignete Runden vorstellen zu können.

Wie sind Sie zu Berner Sennenhunden gekommen? Was lieben Sie an ihnen?
Bereits als Kind fand ich diese Hunderasse toll. Damals zwar nur vom Aussehen begeistert, lernte ich später ihren wunderbaren Charakter zu schätzen. Sie sind perfekte Begleiter in allen Lebenslagen. All meine Berner Sennenhunde waren und sind aktiv, lern- und bewegungsfreudig, ausdauernd und hitzeunempfindlich. In unserer Freizeit betreiben wir Hundesport (Obedience und Rettungshundearbeit), und das Wandern ist ein sehr schöner Auslgeich für uns.

An welches besonders schönes Erlebnis erinnern Sie sich?
Jede Wanderung mit meinen Hunden ist vollgepackt mit schönen Erlebnissen. Da das schönste herauszufinden, ist wirklich schwer. Ein Erlebnis ist mir jedoch in ganz besonderer Erinnerung geblieben. Vor vielen Jahren waren wir mit meiner damaligen Hündin Senta im Virgental in Osttirol zum Wandern. Neben einer Alm ließ ich Senta auf eine Bank setzen, um sie da zu fotografieren. Plötzlich näherte sich eine junge Gämse der Bank, auf der der Hund saß. Sie war so neugierig, daß sie sogar die Vorderfüße hoch stellte, um Senta zu beschnüffeln. Diese blieb ganz brav sitzen und war mindestens genaus verwundert wie wir. Hinterher stellte sich heraus, daß die kleine Gämse schon fast einem Adler zum Opfer gefallen war, dieser sie jedoch irgendwie verloren hatte. Die Almbauern haben sie dann mit der Flasche großgezogen, weshalb sie keine Scheu vor Menschen (und offenbar auch Hunden) hatte.

Wie abwechslungsreich muss es sein: Was kommt besonders gut bei Hunden an?
Es gibt Hunde, die finden das Gehen auf breiten Wegen eher langweilig und bevorzugen, schmale, spannende Steige, wo sie auch körperlich und koordinativ gefordert werden, andere wiederum sind einfach nur glücklich, den ganzen Tag mit ihren Menschen gemeinsam etwas erleben und unternehmen zu können und dabei diverse Gerüche der Natur in sich aufsaugen zu können. Daher habe ich auch bei meinen Büchern darauf geachtet, dass für jeden etwas dabei ist. Das Spektrum reicht von leichten Wanderungen bis hin zu schwierigen Bergtouren mit leichten Klettereien.

Was ist bei Wanderungen in Herbst und Winter zu berücksichtigen?
Durch die kürzeren Tage im Herbst und Winter sollte man seine Tour besonders gewissenhaft planen, um nicht von einsetzender Dunkelheit überrascht zu werden. Im Hochgebirge und auch in einigen Mittelgebirgen wie Schwarzwald oder Riesengebirge ist je nach Schneelage mit Lawinengefahr zu rechnen. Nässe und Schnee können die Wanderwege gefährlich rutschig werden lassen. Zieht ein Hund dann stark an der Leine, kann das schnell zu einem Sturz des Menschen führen. Es ist daher von Vorteil, wenn der Hund gelernt hat, an lockerer Leine zu laufen. Der Einsatz von Tausalz im Winter schadet den Pfoten der Hunde. Hier empfiehlt es sich, die Pfoten mit einer fetthaltigen Creme einzucremen oder den Hunden Pfotenschuhe anzuziehen. Nach der Wanderung sollte man seinem Hund dann die Pfoten mit lauwarmem Wasser waschen.

Wie kann man die Hunde vor Kälte schützen – welche Temperaturen vertragen sie überhaupt auf längeren Wanderungen?
Das hängt wieder ganz vom Hund ab. Hunden mit viel Unterwolle machen Nässe und Kälte in der Regel nichts aus. Hat man jedoch einen vierbeinigen Wanderbegleiter, der mit keiner oder nur wenig Unterwolle ausgestattet ist und schnell friert, dann sollte man sich nicht scheuen, ihm im Winter einen Mantel anzuziehen. Der Markt gibt hier mittlerweile sehr viele verschiedene Modelle von Fleece über Softshell bis Goretex her. Auch macht es sich gut, wenn man für die Pausen auf winterlichen Wanderungen nicht nur ein Sitzkissen für sich selbst, sondern auch eine geeignete Unterlage für seinen Hund dabei hat.

Wann haben Sie angefangen Hunde-Wanderführer zu schreiben? Wie viele Titel sind es bislang?
Die Idee für mein erstes Hundewanderbuch entstand im Frühjahr 2014 auf einer Tour durch das Elbsandsteingebirge. Da man hier selbst auf 'normalen' Wanderwegen mit Treppen, Gitterrosten oder gar Leitern rechnen muss, ist es für ortsunkundige Hundehalter sehr schwierig, geeignete Wanderungen für sich und ihren vierbeinigen Begleiter zu planen. Ihnen soll das Buch wertvolle Tourentipps geben. Schlüsselstellen, die für manche Hunde zu unüberwindbaren Hindernissen werden könnten, sind exakt beschrieben und teilweise sogar bebildert.

Außerdem habe ich den Verlauf des berühmten 'Malerweges' so angepasst und beschrieben, dass man diesen mit Hund nur an wenigen besonders schwierigen Passagen verlassen muss. Das Buch erschien dann im Frühjahr 2016 und ist mittlerweile in der zweiten Auflage erhältlich. In den Jahren 2018 und 2021 folgten dann die Wanderbücher 'Wandern mit Hund Südtirol' und 'Wandern mit Hund Erzgebirge, Vogtland und Chemnitzer Umland'. All meine Bücher sind im Rother Bergverlag erschienen und auch für Nicht-Hundehalter durchaus zu empfehlen.

Zusammengefasst: Was sind die fünf wichtigsten Dinge, die man beim Wandern mit Hunden beachten sollte?

  • Gründliche Routenplanung – die gewählte Wanderung sollte in Länge und Schwierigkeit an das Alter und die Fähigkeiten des Vierbeiners angepasst sein.
  • Ausreichend Wasser mitnehmen – je nach Tourlänge mindestens 1,5 Liter pro Hund.
  • Regelungen zur Leinenpflicht sollten unbedingt eingehalten werden. Hunde, die nicht im Gehorsam stehen, sollten generell nicht abgeleint werden.
  • Vor allem im schwierigen Gelände ist es hilfreich, wenn man den Hund auf Distanz führen und ihm so den für ihn geeigneten Weg zeigen kann.
  • Ein Erste-Hilfe-Set ist in jedem Fall empfehlenswert. Da vor allem Pfotenverletzungen häufig vorkommen können, sollte man sich im Vorfeld aneignen, wie man einen gutsitzenden Pfotenverband anlegt. Am besten wäre natürlich, einen Erste-Hilfe-Kurs für Hunde zu besuchen. Dann ist man für alle Eventualitäten gewappnet.


Franziska Rößner, geboren in Chemnitz, ist Wanderleiterin für Hundewanderungen, im Elbsandsteingebirge wandert sie seit frühester Kindheit. Mehr über sie und ihre Hunde findet sich auf ihrer Website: www.bergwandern-mit-hund.de

Mehr über Outdoor-Bücher erfahren Sie im Börsenblatt 37, das am 16. September erscheint. Im Fokus Aktivurlaub und Wandern geht es ums Draußensein in vielen Formen: mit Buchtipps für einen aktiven Herbst.