EU-Projekt Aldus Up

Europa will einheitliche Statistiken zum Buchmarkt

16. Juni 2021
von Börsenblatt

Wenn es um Statistiken über die Buchwelt geht, gibt es innerhalb Europas noch große Unterschiede. Das haben zwei Studien ergeben, die das Netzwerk Aldus Up am 16. Juni 2021 auf der Bologna Children’s Book Fair vorgestellt hat. Sie zeigen anhand von Daten zu Lesegewohnheiten und der Anzahl von Übersetzungen, dass bisher alle Länder unabhängig voneinander Umfragen durchführen. Das Ergebnis sind Statistiken zu den verschiedenen Buchmärkten, aus denen man nur schwer europaweite Entwicklungstendenzen ableiten kann.

Mapping von Aldus Up bildet alle Unterschiede ab

Im Netzwerk Aldus Up haben sich 2016 Europäische Buchmessen und Verbände der Buchbranche, darunter auch die Frankfurter Buchmesse, sowie Institutionen aus den Bereichen Forschung und Innovation zusammengeschlossen, um unter anderem den Austausch von Übersetzungsrechten zwischen Ländern und die Internationalisierung des Verlagswesens zu fördern. Das Projekt wird vom Creative Europe Programme der EU kofinanziert und vom Italienischen Verlegerverbands (AIE) koordiniert.

Die Studien, so Piero Attanasio, Leiter für internationale Beziehungen des AIE und Wissenschaftlicher Direktor von Aldus Up, stellen einen ersten Schritt hin zu einer gemeinsamen Erhebungsmethode dar, die Europa in der statistischen Analyse seines Verlagswesen einen ganzen Sprung weiterbringen soll: „Einheitliche Daten zu sammeln ist die Voraussetzung für effektive Maßnahmen auf europäischer Ebene, die das Lesen und den Handel mit Übersetzungsrechten zwischen den Ländern fördern sollen.“

„Wir wollen eine gemeinsame europäische Methode entwickeln“

Der auffälligste Fund der von der Norwegian Publisher Association (NPA) mit Unterstützung der Foundation Germán Sánchez Ruipérez durchgeführten Studie zum Leseverhalten: Es fehlt eine gemeinsame Definition von Lesen. Einige Länder ziehen nur gedruckte Bücher in Betracht, andere berücksichtigen E-Books und Hörbücher, wiederum andere schließen auch Magazine, Internetseiten und sogar Soziale Netzwerke mit ein. Außerdem bestehen Unterschiede darin, wessen Lesegewohnheiten festgestellt werden. In lediglich fünf der 24 Studien wurden alle demographischen Gruppen befragt, während man sich andernorts auf entweder auf erwachsene oder junge Leser*innen konzentriert. Die Befragung fällt ebenso unterschiedlich aus – von persönlichen Interviews bis Print- oder Online-Fragebögen ist alles vertreten – wie auch die Verwendung von Variablen wie Lesehäufigkeit oder Anzahl der gelesenen Bücher. Was die Häufigkeit der Erhebungen betrifft, wird nur in zehn Ländern eine jährliche oder noch häufigere Umfrage unternommen.

Im Hinblick auf den Fluss an Übersetzungen konstatiert der AIE den Hauptunterschied unter den 18 untersuchten Studien darin, ob Daten auf der Grundlage der übersetzten Sprache, auf der Grundlage der Sprache und des Herkunfts- und Ziellandes, oder ausschließlich auf der Basis des Landes katalogisiert werden. Weitere Unterschiede in den Erhebungen betreffen literarische Genres und Marktsegmente.

Auch die eng mit den Übersetzungsdaten zusammenhängenden Zahlen zum Kauf und Verkauf von Rechten sind grundlegende Anhaltspunkte, um Trends zu identifizieren. Jedoch bieten auch die wenigen vorhandenen Studien dazu kein einheitliches Bild, da die Verkäufe entweder nach Sprache oder nach Land erfasst werden. Dazu merken die Studienurheber*innen an, dass der Fokus auf die Sprache in großen Sprachräumen wie Englisch, Französisch oder Spanisch nicht ausreicht, um aussagekräftige Verkaufstrends zu erkennen. Wenig gesprochenen Sprachen werden hingegen oft zusammengefasst, indem man zum Beispiel Daten für die „nordischen Länder” oder die „slawischen Sprachen” erhebt, was nicht den Reichtum und die Komplexität der europäischen Sprachenvielfalt abbildet.

Beide Studien wurden unter Mitwirkung und Koordination des Instituts für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt. Das Netzwerk des Europäischen Verlegerverbands (FEP) leistete wertvolle Hilfe bei der Erschließung von Datenquellen. Untersucht wurden Umfragen zum Lesegewohnheiten aus 20 europäischen Ländern und Erhebungen zu Übersetzungen aus 23 Ländern. Daten im zum Rechtehandel wurden in acht verschiedenen Ländern erhoben.