Europas Kultur- und Kreativwirtschat in der Corona-Pandemie

Fast ein Drittel weniger Umsatz

27. Januar 2021
von Börsenblatt

Die Kultur- und Kreativwirtschaft in den EU-28-Staaten hat im Corona-Jahr 2020 fast ein Drittel weniger Umsatz erzielt, als im Vorjahr. Damit schnitt man schlechter ab als etwa der gebeutelte Tourismussektor. Das hat das Beratungsunternehmen Ernst & Young ermittelt.

Die Zahlen finden sich in der Studie "Rebuilding Europe" (Januar 2021), die das Wirtschaftsberatungsunternehmen Ernst & Young im Auftrag von 32 europäischen Verwertungsgesellschaften erarbeitet hat. Die wichtigsten Ergebnisse daraus zur Umsatzentwicklung der Kulturbranche in Europa im Überblick:

Die Lage vor der Corona-Pandemie

  • Mit einem Umsatz von 643 Milliarden Euro und einer Gesamtwertschöpfung von 253 Milliarden Euro hätten 2019 die Kernaktivitäten der Kultur- und Kreativwirtschaft 4,4 Prozent des BIP der EU ausgemacht.
  • Ende 2019 beschäftigte die Kultur- und Kreativwirtschaft mehr als 7,6 Millionen Menschen in der EU-28 – davon rund 619.000 in der Buchbranche. Seit 2013 sind laut Studie in der europäischen Kultur- und Kreativbranche rund 700.000 (plus 10 Prozent) neue Arbeitsplätze geschaffen worden – darunter Autoren, Künstler und andere Kreative.
  • 2019 seien 69 Prozent des Gesamtumsatzes der Kultur- und Kreativwirtschaft in der EU auf die fünf größten EU-28-Länder (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien) entfallen. Das stärkste Wachstum sei jedoch aus Mittel- und Osteuropa gekommen.

Die Folgen der Corona-Pandemie

  • Der Gesamtumsatz der Kultur- und Kreativwirtschaft in der EU-28 ist laut Studie 2020 auf 444 Milliarden Euro gesunken – ein Netto-Rückgang von 199 Milliarden Euro oder minus 31 Prozent gegenüber 2019.
  • Damit sei die Kultur- und Kreativwirtschaft – bezogen auf den Umsatzverlust – eine der am stärksten betroffenen Branchen in Europa. Etwas weniger als der Luftverkehr, aber mehr als die Tourismus- und Automobilindustrie (minus 27 Prozent bzw. minus 25 Prozent).
  • Die Auswirkungen der COVID-19-Krise seien in allen Kultur- und Kreativbereichen zu spüren: Darstellende Künste (minus 90 Prozent Umsatz zwischen 2019 und 2020) und Musik (minus 76 Prozent) liegen vorn, bildende Kunst, Architektur, Werbung, Bücher, Presse und audiovisuelle Aktivitäten sind im Vergleich zu 2019 um 20 Prozent bis 40 Prozent  zurückgegangen. Bei Büchern etwa hat die Studie ein Umsatzminus 25 Prozent oder 9 Milliarden Euro gegenüber 2019 ermittelt.
  • Die Videospielbranche scheine sich als einzige zu halten (plus 9 Prozent).
  • Die Krise habe Mittel- und Osteuropa am stärksten getroffen (von minus 36 Prozent in Litauen bis minus 44 Prozent in Bulgarien und Estland).
  • Alle Branchen seien betroffen: Selbst diejenigen, die durch den Heimkonsum geschützt zu sein schienen, sahen sich angesichts der zentralen Rolle von physischen Erfahrungen und Verkäufen in ihren Geschäftsmodellen sowie unkontrollierbarer Produktions- und Vertriebskosten mit einem starken Einkommensrückgang konfrontiert.

Im dritten Teil der Studie werden Vorschläge für die Zeit nach Covid-19 ausgebreitet. So etwa die "Bereitstellung massiver öffentlicher Mittel und Förderung privater Investitionen in Kultur- und Kreativunternehmen, -organisationen, -unternehmer und -schaffende", oder die "Förderung des diversifizierten Kulturangebots der EU durch Gewährleistung eines soliden Rechtsrahmens". Zudem sollte die Kreativbranche als wichtiger Beschleuniger sozialer, gesellschaftlicher und ökologischer Übergänge in Europa genutzt werden.

Zur Studie

Die Studie deckt die zehn Kernbranchen der Kultur- und Kreativwirtschaft ab, die bereits als Rahmen für den ersten Bericht über die den Bereich in Europa dienten, der 2014 von EY und GESAC veröffentlicht wurde: Werbung, Architektur, Audiovisuelle Medien, Bücher, Musik, Zeitungen und Zeitschriften, Darstellende Künste, Radio, Videospiele, Bildende Kunst.

Nicht berücksichtigt sind andere "kreative Aktivitäten", wie etwa Mode, Schmuck oder Industriedesign - noch Branchen, in denen Kreativität eine zentrale Rolle spielt, wie zum Beispiel Luxusgüter oder Gastronomie. Der geografische Geltungsbereich der Studie ist die Europäische Union (EU) und das Vereinigte Königreich (UK), bekannt als EU-28.

Hier kann die komplette Studie heruntergeladen werden.