Lesetipp: Nachruf von Michael Krüger

Inge Poppe ist gestorben

21. Juni 2021
von Börsenblatt

Inge Poppe-Wühr, in den 70er Jahren Mitgründerin der Autorenbuchhandlung München, ist am 18. Juni nach schwerer Krankheit im Alter von 76 Jahren gestorben. Der ehemalige Hanser-Verleger Michael Krüger hat in der "Süddeutschen Zeitung" einen Nachruf geschrieben.

Den Tod ihres Ehrenmitglieds Inge Poppe-Wühr meldet die Paul-Wühr-Gesellschaft auf ihrer Website. Sie hebt die Verdienste hervor, die sich Inge Poppe-Wühr unter anderem seit 1973 als Mitbegründerin und langjährige Geschäftsführerin der Autorenbuchhandlung München für die Literatur, für das Werk von Paul Wühr – auch als Herausgeberin der sechs "Paul Wühr Jahrbücher" (1997 bis 2019) – und bis zuletzt für die Paul-Wühr-Gesellschaft erworben habe..

Michael Krüger: "Sie konnte garantieren, dass die Bude immer vollbesetzt war"

Michael Krüger, viele Jahre lang literarischer Leiter und Geschäftsführer des Hanser-Verlages in München, hat seinen Nachruf "Und es kamen alle!" am 19. Juni in der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlicht – erinnert sich darin an das Ende der 60er Jahre, als er vom geteilten Berlin nach München kam. Dort habe er den letzten Abglanz der Boheme erlebt. Anfang der Siebzigerjahre sei Schwabing noch einmal oder zum letzten Mal der Mittelpunkt der literarischen Welt (nicht nur Münchens) gewesen. Es habe zwei Hauptquartiere gegeben, eines in der Giselastraße und eines in der Wilhelmstraße. "In dem Haus in der Giselastraße lebten der Schriftsteller und Marathonläufer Günter Herburger mit Familie, die Schriftstellerin Gisela Elsner und der damals als Hörspielrevolutionär bekannte Volksschullehrer Paul Wühr mit seiner Frau Inge Poppe, die im Hanser Verlag für Auslandsrechte zuständig war."

In der Wohnung von Inge und Paul sei die Gründung der genossenschaftlich organisierten Autorenbuchhandlung beschlossen worden, die dann in der Wilhelmstraße eröffnet wurde – mit zahlreichen Gründungsmitgliedern, darunter Martin Gregor-Dellin, Tankred Dorst und Jürgen Kolbe. Im Handumdrehen seien es mehr als hundert Mitglieder aus ganz Deutschland gewesen, die Inge Poppe beisammen hatte, von Heinrich Böll bis Gerhard Zwerenz. "Alle trieb damals die Sorge um, dass die Kettenbildung im Buchhandel den unabhängigen Buchhandel zerstören könne", so Krüger. Inge Poppe führte das zu einer Buchhandlung umgebaute Ladengeschäft. "Und sie konnte garantieren, dass die Bude immer vollbesetzt war."

1986 zogen Inge und Paul Wühr nach Italien, nach Passignano am Trasimenischen See. Ihr Haus sei eine Fortsetzung der Autorenbuchhandlung mit italienischen Mitteln gewesen. Paul Wühr starb 2016, jetzt ist ihm Inge Poppe gefolgt.

Die Autorenbuchhandlung München wird aktuell von Karin Staisch geleitet. Ende 2017 hatte die von ihrem Mann Wolfgang Staisch geleitete Münchner Agentur Zero Media die Anteile der bisherigen Gesellschafter übernommen.