"Die tschechische Literatur hat ein bisschen Angst vor großen Worten - in ihr versteckt sich ein Sinn für das Gewöhnliche, Banale, Normale, das im nächsten Moment umkippen kann und zu Wunderbarem führt", so Lyriker Petr Hruška im Gespräch. Unbedingt gehöre der Humor zur tschechischen Literatur. "Wir sind auch Zyniker, verwenden gerne Humor und Satire", stimmte Schriftstellerin Bianca Bellová zu, "und wir vermeinden ein Pathos." Als ein besonderes Merkmal der tschechischen Literatur sah sie, dass Autorinnen eine große Rolle spielen und sehr gerne gelesen würden. Auf die Frage, welche Rolle Literatur spiele, meinte Hruška: "Wir halten die Welt nicht in unserer Hand, wir sind ein wenig verloren – und die Rolle der Literatur ist es, dem Leser zu zeigen, dass er nicht allein ist, dass andere auch nicht verstehen." Der Leser habe die Möglichkeit, Geschichten miteinander zu teilen, so Bellová, der eine Leser sehe es so, die andere so; "und es ist kein Zufall, dass die Demokratie zu einer Zeit entstanden ist, als die Leute in Europa angefangen haben, massenhaft zu lesen." Beim Lesen könne man die Zeit verlangsamen, man komme durch Lesen in einen anderen Rhythmus, ergänzte Hruška - "der Akt des Lesens schafft eine Distanz zwischen uns und der verrückten Welt um uns herum."