Illustratorin und Autorin

Jutta Bauer unerwartet verstorben

11. September 2025
Redaktion Börsenblatt

"Die Königin der Farben", "Schreimutter", "Opas Engel" – mit solchen Büchern hat sich Jutta Bauer in den Olymp der Illustrationskunst gezeichnet. Am 10. September ist die Hamburger Illustratorin in Schwerin unerwartet an den Folgen eines anaphylaktischen Schocks gestorben.

Illustratorin Jutta Bauer hat auf der FBM eine Figur auf die Wand eines Messestands gezeichnet und lächelt in die Kamera

Die Illustratorin Jutta Bauer hat auf der Frankfurter Buchmesse 2013 

"Jutta Bauers Bilder, Cartoons und Illustrationen bleiben im Kopf. Sie entlarven nicht, sie sind nicht hinterhältig, sie beschreiben, was eine Frau mit hervorragender Beobachtungsgabe aus der Wirklichkeit mitnimmt, wie sie es verarbeitet und dann pointiert und mit scheinbar leichtem Strich darbietet", begründete die Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises, warum sie Bauer für ihr Gesamtwerk auszeichnete, und besser kann man Jutta Bauers Kunst nicht auf den Punkt bringen. 

Die 1955 in Hamburg geborene Illustratorin, die an der Hamburger Fachhochschule für Gestaltung (heute HAW) studierte, wurde ab Mitte der 1980er Jahre durch ihre Arbeit für die Zeitschrift "Brigitte" als Comiczeichnerin und Cartoonistin bekannt. Mit zahlreichen Büchern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, mit Cartoons und freien Arbeiten wurde sie bald zu einer der renommiertesten Vertreterinnen der Illustrationskunst, nicht nur im deutschsprachigen Raum, mit Ausstellungen im In- und Ausland. 2010 wurde sie mit dem internationalen Hans-Christian-Andersen-Preis für Illustration ausgezeichnet.

Zu Bauers erfolgreichsten und in viele Sprachen übersetzten Büchern gehören "Die Königin der Farben", "Selma" und "Opas Engel". Für viele junge Illustrator:innen war Jutta Bauer eine wichtige Mentorin und Förderin. Sie lehrte Illustration an der Bauhaus-Universität in Weimar, der HAW in Hamburg, in Sommerakademien und Workshops. Ihr Atelier in einer alten Fabriketage in Hamburg-Winterhude, Keimzelle des Goldbekhofs, war ein wichtiger Anlaufpunkt für Inspiration und Zusammenarbeit Hamburger Illustrator:innen.

"Die Welt verliert mit Jutta Bauer eine große Bilderzählerin, die sich stets einen kritischen und doch humorvollen Blick auf die Menschen behielt, und eine Frau, die soziales, kulturelles und gesellschaftspolitisches Engagement lebte, so etwa durch ihre Arbeit mit dem Goethe Institut, dem Hamburger Straßenmagazin 'Hinz und Kunzt' sowie für und mit Menschen mit Behinderungen", so der Carlsen Verlag.

"Jutta mischte sich immer ein – und zwar unerbittlich"

"Jutta Bauer hat seit den 1980ern Jahren das Programm von Beltz & Gelberg nachhaltig mitgeprägt – Beltz & Gelberg ist ohne Jutta und ihre Illustrationen für mich quasi gar nicht vorstellbar", sagt Beltz & Gelberg-Lektorin Barbara Gelberg.

"Alles fing mit Farbillustrationen zu Klaus Kordons 'Reise zur Wunderinsel' an, dann folgte schnell das 'Schwein Gottfried und ein unvergesslicher Hund' (Der Hund kommt von Christine Nöstlinger), der sich wie alle ihre beseelten Helden in Hirn und Herz einbrannte. Zu Nöstlingers Kinderromanen entstanden viele unvergessliche Bilder von eigensinnigen Menschen und Tieren; Bauer und Nöstlinger hatten einen ähnlichen Humor und waren sich einig, wie die neuen Kinderbücher bei Beltz & Gelberg auszusehen haben – in ihrem Anspruch, wie man Kindern Geschichten erzählt, in ihrer Parteinahme für Kinder, in ihrem Sinn für Humor. Und das passte zu den Büchern, die Hans-Joachim Gelberg damals suchte. Die Juli-Bilderbücher, die mit Kirsten Boie entstanden, gehören zu Jutta Bauers größten Erfolgen", so Barbara Gelberg.

"Jutta mischte sich immer ein – und zwar unerbittlich –, kämpfte für ihre Bücher, ihre Heldinnen und ihre Sicht der Dinge. Sie liebte es, mit Autoren wie Jürg Schubiger und Franz Hohler zu arbeiten, alles Meilensteine für unser Programm. Und dann wollte sie, frei wie sie immer war, etwas ganz Eigenes machen, und sie schwang sich auf ein ungezähmtes Pferd und wurde endgültig zur Königin – die 'Königin der Farben' (1998). Sie thronte nicht, aber sie regierte und erschuf so eine ganze Welt, in die sie in unendlichen vielen Workshops Kinder zum Mitfühlen und Mitspielen einlud. Eine Skizze der willensstarken Königin mit wildem Pferd hängt immer neben meinem Schreibtisch und hilft in jeder Lebenssituation. Meine größte Liebe gehört vielleicht der 'Schreimutter'. Dieses zärtliche Buch über eine nicht immer ganz einfache Mutter-Kind-Beziehung hätte wirklich niemand anders als Jutta Bauer erfinden können."

"Menschlich, engagiert und fürsorglich"

Markus Weber, Verlagsleiter des Moritz Verlags, haben mehr als 40 gemeinsame Jahre in der Buch- und Verlagsbranche mit Jutta Bauer verbunden. "Juttas Strich war von Anfang an einzigartig, voller Herz, voller Seele. Und mit Witz.", erklärt er.

"Weil sie gesellschaftspolitisch immer engagiert war, war es ihr beispielsweise wichtig, dass auch Menschen im Rollstuhl auf ihren Bildern präsent waren. Da schimmerte durch, dass sie eine Weile in der Pflege gearbeitet hatte. Mit Jutta konnte man wunderbar quatschen – tief in der Nacht während der Buchmesse zum Beispiel, nach den Festen, wenn die Stimmen schon kratzigwaren. Und immer fand ich nach ihrer Abreise ein Zettelchen mit einer kleinen Dankeschön-Skizze auf dem Küchentisch liegen.

Dabei war sie es, die selbstgemachte Marmelade mitgebracht hatte, und damit einen Anlass, darüber zu sprechen, ob man Zwetschgen nicht doch mit k zu schreiben habe …  Mit Jutta hat uns eine Illustratorin verlassen, die eine kaum zu schließende Lücke hinterlässt."