"Ein Philanthrop reinsten Wassers"

Zeitforscher Karlheinz A. Geißler ist tot

11. November 2022
von Börsenblatt

Karlheinz A. Geißler ist am 9. November 2022 im Alter von 78 Jahren gestorben. Der oekom verlag trauert um seinen langjährigen Autor, der sich in seinem Werk mit dem Phänomen Zeit beschäftigte.

Karlheinz A. Geißler

Zeit seines Lebens habe sich Karlheinz A. Geißler seinem großen Thema gewidmet: dem Phänomen Zeit. "Bessere Zeiten", darunter verstand er nicht etwa ein besseres Zeitmanagement oder gar die vermeintliche "Auszeit" des Urlaubs, so der oekom verlag in seinem Nachruf. "Zeit kann man nicht sparen, nicht managen, nicht verlieren. Man kann mit der Zeit nur eins machen: sie leben." Das Buch, dem dieses Credo entnommen ist, trage den bezeichnenden Titel "Time is honey". Oder an anderer Stelle: "Zeit entsteht nur dort, wo man mit der Zeit nichts macht. Also, führen Sie ab und zu mal wieder eine Hängemattenexistenz."

Als einer der bekanntesten und eloquentesten deutschen Zeitforscher sei Karlheinz Geißler ein gern gesehener Gast in den Medien gewesen, er gab unzählige Interviews und veröffentlichte – auch gemeinsam mit seinem Sohn Jonas Geißler und seinem Freund Harald Lesch – zahlreiche Artikel und Bücher, darunter bei oekom "Lob der Pause" (2010), "Alles hat seine Zeit, nur ich hab keine" (2011) und das erwähnte "Time is honey" (2015). Sein zuletzt im oekom verlag erschienenes Buch "Alles eine Frage der Zeit" (2021) wurde zum Spiegel-Besteller-Erfolg.

Karlheinz A. Geißler wurde am 20. Oktober 1944 in Deuerling in der Oberpfalz geboren. Er studierte Philosophie, Ökonomie und Pädagogik in München. Nach kurzer Zeit als Lehrer an berufsbildenden Schulen folgen Forschungs- und Lehrtätigkeiten an Universitäten in Karlsruhe, Augsburg, München. Von 1975 bis 2006 war er Universitätsprofessor für Wirtschaftspädagogik an der Universität der Bundeswehr in München. Er hatte Gastprofessuren an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland inne.

Harald Lesch: "Er war ein Philanthrop reinsten Wassers"

"Karlheinz Geißler war einer meiner besten Freunde", wird Harald Lesch im Nachruf zitiert. "Er hat meinen Umgang mit meiner Zeit und der Zeit der Anderen revolutioniert. Kalle war ein großartiger Denker, ein Philanthrop reinsten Wassers, der zu Leben verstand und uns alle aufforderte, das Leben zu genießen und dabei eben nicht im Strom der Zeit zu versinken, sondern sich Zeitinseln zu schaffen und damit auf den Augenblick zu achten. Der Himmel kann sich freuen, Witz und Verstand bekommen enorme Verstärkung. Und wir? Wir werden seine guten Worte, werden ihn sehr vermissen." 

Eine weiterer Nachruf findet sich im "Tagesspiegel"