Julius-Campe-Preis an Jannis Niewöhner überreicht

"Caro, was für eine Rede, es war so witzig!"

17. Oktober 2025
Matthias Glatthor

Das sagte Schauspieler Jannis Niewöhner, der am Freitagmittag den Julius-Campe-Preis auf der Frankfurter Buchmesse erhielt, zu Caroline Wahl. Sie hatte gerade, hörbar geplagt von einer Erkältung, die Laudatio gehalten. Ein Dreamteam für die Preisverleihung.

Foto von der der Preisverleihung (v.l.): Jannis Niewöhner, Caroline Wahl und Tim Jung

Nach der Preisverleihung (v.l.): Jannis Niewöhner, Caroline Wahl und Tim Jung

"Ist es für Euch erträglich?"

So viele Menschen, wie am Freitagmittag im Frankfurt Studio auf der Frankfurter Buchmesse zusammenströmten, hat es bei einer Verleihung des Julius-Campe-Preis wohl noch nie gegeben. Der Grund: Preisträger war der Schauspieler Jannis Niewöhner, der gerade in der Rolle des Viktor in der Verfilmung von "22 Bahnen" im Kino zu sehen ist, und die Laudatio auf ihn hielt die Autorin Caroline Wahl. Ein Dreamteam fürs Publikum.

Es sei ungewöhnlich für sie, eine Laudatio zu halten, holte Wahl aus, "aber wenn Jannis Niewöhner fragt, kann man nicht nein sagen". Wahl hatte hörbar mit einer Erkältung zu kämpfen, sprach mit rauer Stimme, die ab und an wegkippte. "Ist es für Euch erträglich? Ich leide eigentlich nur für Euch?" Lauter Beifall aus dem Saal. 

Foto von Caroline Wahl bei ihrer Laudatio am Pult

Caroline Wahl bei ihrer Laudatio

Ihre Rede machte Spaß, kam beim Publikum an – führte öfter zu lautem Lachen im Saal. Etwa als sie folgenden Dialog mit Jannis Niewöhner wiedergab, geführt als klar war, dass er die Rolle des Viktor in "22 Bahnen" übernehmen würde (Achtung: Wiederholung!): "Ich freue mich so, dass Du den Viktor spielst", "Ich freue mich so, das ich den Viktor spiele". 

Warum ist Jannis Niewöhner so ein toller Schauspieler? "Er sieht etwa unglaublich gut aus", so Wahl zunächst – die anfügte, so eine Aussage wäre problematisch, wenn man es zu einer Frau als Preisträgerin sagen würde. Aber Niewöhner erfülle zudem Literaturverfilmungen unvergleichlich mit Leben. "Jannis brennt für Geschichten und Menschen, saugt alles auf", deshalb sei er so ein guter Schauspieler. Er eröffne durch sein Spiel einen zweiten Resonanzraum für Literatur, animiere dazu Bücher zu entdecken.

 

Jannis Niewöhner bei seinem Dank

"Das ist das, was wir in unserer Gesellschaft brauchen"

"Caro, was für eine Rede, es war so witzig!", dankte der strahlende Preisträger Jannis Niewöhner seiner Laudatorin. Er freue sich, dass er bei der Verfilmung von "22 Bahnen" dabei sein durfte. Und auch, "das es einmal ein Literaturpreis ist, vermutlich der einzige, den ich je bekomme." Als Kind hätten ihm Familie und Verwandte immer Bücher geschenkt, verriet er, damit er ans Lesen komme. Wohl nicht so erfolgreich. Sein Glück sei, dass er über das Spielen in Literaturverfilmungen zur Literatur gefunden habe.

Film und Literatur hätten eine gemeinsame Kraft, "beide können Brücken zwischen den Menschen sein". Sie könnten helfen, einander auszuhalten, auch wenn wir unterschiedlich seien. "Das ist das, was wir in unserer Gesellschaft brauchen." Insbesondere, da Kunst das könne, was Politik und Debatten manchmal nicht können. Am Ende schloss er nochmal den Kreis: "Es war die schönste Rede, die ich je bekommen habe", um augenzwinkernd anzufügen: "Aber so viele habe ich noch nicht bekommen." Lustig war's.

Dann war die Zeit für Selfies mit Niewöhner und Signierwünsche an Caroline Wahl (mit ordentlicher Schlange).

"Sie leisten einen unschätzbaren Dienst"

Die Begrüßung hatte eingangs Tim Jung, verlegerischer Geschäftsführer von Hoffmann und Campe, gehalten. Sein Verlag vergibt den Julius-Campe-Preis. Er klärte auf, das die Auszeichnung mit 99 Flaschen Wein dotiert ist (die sich die Preisträger:innen aussuchen dürfen). Hinzu kommt ein Exemplar des im Verlag  erschienenen Faksimiles des Manuskripts der "Französischen Zustände" von Heinrich Heine. 

Der Preis geht an Personen, die sich im besonderen Maße in der Vermittlung deutscher Literatur verdient gemacht haben. Als herausragender Schauspieler in Literaturverfilmungen habe Jannis Niewöhner hier einen unschätzbaren Dienst geleistet. Film und Literatur seien nie Antipoden gewesen, sondern gehörten von Anfang an zusammen. Die Frage sollte lauten, ob der Film gelungen sei – bei Niewöhner sei die Antwort einfach. Er "füllt die Rolle aus, spielt die Figuren herausragend gut", verleihe ihnen eine eigene Wahrheit. 

Das sei gerade in einem Jahr wichtig, wo der Kulturpass ausläuft, schlug Jung einen Bogen in die Kulturpolitik: "Lieber Herr Kulturstaatsminister, lieber Herr Weimer, wenn Sie den Kulturpass nicht fortsetzen, dann ersetzen Sie ihn durch etwas Neues", so seine dringliche Bitte.

Schließlich entschuldigte sich Jung augenzwinkernd, das er so lange geredet habe, "wo Sie doch die ganze Zeit dem Auftritt von Caroline Wahl entgegenfiebern".