Lesetipp: Volker Weidermann zu Serhij Zhadan

„Darf ein Friedenspreis an einen Autor gehen, der die Russen hasst?“

20. Oktober 2022
von Börsenblatt

Diese Frage stellt sich Volker Weidermann, Feuilleton-Chef der Zeit, in einem Kommentar. Stehe die Literatur nicht für das Gegenteil einer einseitigen Parteinahme? Weidermann findet eine Antwort.

 »He is like a king«: Serhij Zhadan, organisiert im Krieg Konzerte, liest Gedichte, verteilt Hilfsgüter. 

Es sei ein Skandal. So beginnt Volker Weidermann seinen Text auf Zeit Online. Am Sonntag wird der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, „eine der wichtigsten europäischen Kulturpreise unserer Zeit“ an Serhij Zhadan vergeben, der in seinem Buch „Himmel über Charkiw“ (Suhrkamp) die Russen als „Verbrecher“, „Unrat“ oder „Barbaren“ bezeichne. „Brennt in der Hölle“, zitiert Weidermann.

„Selbst wenn es hier nicht um unseren wichtigsten Preis im Namen des Friedens ginge, wäre das ungeheuerlich. Ist Literatur nicht für das Gegenteil dieser einseitigen, hasserfüllten Parteinahme geradezu erfunden worden? Ist das nicht die große Kunst: das Nicht-zu-Verstehende verstehen? Den entmenschlichten Gegner als Menschen erkennen und beschreiben? Ist es nicht einfach nur fatal, in diesen grauenvollen, hasserfüllten Zeiten den Hass mit literarischen Mitteln noch zu verstärken?“, fragt sich Weidermann – die Fragen rhetorisch.

Doch Serhij Zhadan, den Weidermann anschließend als „großen, wortmächtigen Dichter“ beschreibt, sei selbst erschrocken über sich und seine Verwandlung, seinen Hass, die und den er seit dem Ausbruch des Kriegs auf seinen Kanälen in den Sozialen Medien dokumentiert.

2015 habe Friedenspreisträger Navid Kermani in seiner Rede die Frage gestellt, ob ein Friedenspreisträger zum Krieg aufrufen darf und ließ die Frage offen. Heute habe er der Zeit gesagt: „Offensichtlich darf er. Und warum? Weil der Krieg inzwischen in Europa angekommen ist.“

Und darf man den Friedenspreis nun an einen Autoren verleihen, der die Russen hasst?

„Es ist der richtige Ort, diesen Preisträger zu ehren. Es ist auch der richtige Preis. Der Skandal ist nicht der Dichter und nicht sein Buch. Der Skandal ist der russische Überfall auf die Ukraine und das tägliche Töten. Die Literatur wehrt sich mit ihren Mitteln. Und kämpft für nichts anderes als Frieden.“

Den kompletten, sehr lesenswerten, Kommentar finden Sie auf Zeit Online: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Krieg und Frieden