Die Sonntagsfrage

"Wie eröffnet man einen Comic-Laden in Corona-Zeiten, Herr Pfeffer?"

9. Januar 2021
von Börsenblatt

Mitte Dezember kündigte Markus Pfeffer die Eröffnung seines Comic-Ladens Weltflucht für das neue Jahr an - und wie überall bleiben die Läden in der Bochumer Fußgängerzone zu. Wie geht das mit den laufenden Kosten ohne Einnahmen? Gibt es Hilfen? Oder läuft das Geschäft gar schon ohne stationären Fixpunkt an? Das erzählt Markus Pfeffer in der Sonntagsfrage.

Mein neuer Laden „Weltflucht“ entstand aus der Überzeugung, dass Comichandel nicht nur aus An- und Verkauf bestehen sollte, sondern ein zentraler Ort im Leben von Lesern und Fans sein muss. Wir wünschen uns Kunden, die bei uns Bücher kaufen – na klar! – aber die sich auch bei uns treffen um über Superhelden zu diskutieren, die Wartezeit auf den Bus in unserer Leseecke verbringen und Freundschaften schließen.

Neben Services wie der Recherche nach antiquarischen Titeln, der (im Comichandel immer noch unüblichen) Über-Nacht-Belieferung per Barsortiment und ähnlichen Angeboten legen wir daher Wert auf ein Veranstaltungsprogramm von der Lesung bis zum Kneipenquiz – jedenfalls, sobald solche Events erlaubt und gefahrlos möglich sind. Und auf 140 Quadratmetern haben wir auch den Platz dafür. 

"Wir haben Weltflucht in wenigen Wochen aus dem Boden gestampft"

Den Wunsch, einen eigenen Laden zu eröffnen, habe ich schon seit meiner Buchhändler-Ausbildung vor dreizehn Jahren – konkret wurde die Umsetzung aber erst im Herbst, nachdem ich mich von meinem vorherigen Arbeitgeber getrennt habe. Auch das war ein Comicladen, aber einer von jenem alten Schlag, mit dem ich mich einfach nicht mehr identifizieren konnte. Mit einer erfahrenen Vollzeit-Mitarbeiterin und der tatkräftigen Unterstützung von privaten Freund*innen und lieben Menschen aus den Verlagen haben wir Weltflucht innerhalb nur weniger Wochen aus dem Boden gestampft – ein paar Möbel und Bücher fehlen noch, aber das ist eine Sache von Tagen.

Die ersten Reaktionen sind vielversprechend: Unsere Kanäle bei Instagram und Facebook sind hervorragend angelaufen und haben schon zahlreiche Vorbestellungen generiert. Auch Weltflucht-Einkaufsgutscheine lagen schon unter vielen Weihnachtsbäumen – teils weit über das Ruhrgebiet hinaus.

"Die Gründungs-Rücklagen rinnen schneller durch die Finger als geplant"

Was Corona und den Lockdown betrifft: Aus unternehmerischer Sicht hält sich meine Angst in Grenzen. Die Comicbranche blickt fast europaweit überwiegend auf ein hervorragendes Jahr zurück – der Frühjahrslockdown hat die Leselust massiv beflügelt. Zwar rinnen unsere „Gründungs-Rücklagen“ gerade etwas schneller durch die Finger als geplant, doch rechne ich im Februar oder März wieder mit einem ähnlichen Effekt, der uns helfen wird. Staatliche Hilfe bekommen wir allerdings nicht: Sinngemäß heißt es, Unternehmen, die nach Mai 2020 gegründet wurden, mussten ja wissen, worauf sie sich einlassen.

Das müssen wir so hinnehmen – blicken aber entschlossen nach vorne. Und wenn es doch einmal etwas zu stressig wird, fliehe ich für ein oder zwei Stündchen in die Welt einer guten Bildergeschichte.