Kinderbuchpraxis

Stadt, Land, Buch: Wie lief das Festival in Frankfurt?

26. September 2025
Kai-Uwe Vogt

Benno Hennig von Lange, Leiter des Jungen Literaturhauses Frankfurt, zieht im Gespräch mit Dr. Stefan und Mr. Ralf eine erste Bilanz zu "Stadt, Land, Buch" – und beschreibt, was gute Literaturvermittlung für Kinder und Jugendliche heute leisten muss.

Benno Hennig von Lange

Benno Hennig von Lange, Leiter des Jungen Literaturhauses Frankfurt (Main)

"Stadt, Land, Buch" hat im Juni Premiere gefeiert. Im Podcast "Kinderbuchpraxis" erklärt Hennig von Lange, warum Begegnungen mit Autor:innen im Schulalltag wichtiger sind denn je – und wie ein Netzwerk aus Schulen, Kulturpartnern und Buchhandlungen dafür Türen öffnet.

Ein Festival für Literaturvermittlung

Das Junge Literaturhaus Frankfurt existiert seit 2005, Hennig von Lange verantwortet das Programm seit 2014. Sein Ziel: Begegnungen zwischen jungen Menschen und den Menschen hinter den Büchern ermöglichen – interaktiv, nahbar, mit Raum für Fragen, auch zu schwierigen Themen. "Die Jugendlichen haben viele Fragen und haben auch keine Angst vor schwierigen Themen, also auch Tod zum Beispiel".

Was entsteht, sei mehr als eine Lesung. Bei der Auswahl der Gäste ist für ihn als Kurator auch Persönlichkeit besonders wichtig, denn: "Bei uns im Literaturhaus geht es ja immer um die Begegnung tatsächlich mit den Menschen, die Bücher schreiben […] oder illustriert haben".

Die Programmplanung folgt einem klaren Ansatz: Blick auf deutschsprachige Neuerscheinungen, Relevanz für Schulklassen, zeitgemäßer Ton und künstlerische Qualität im Bilderbuch – und immer die Persönlichkeit der Gäste im Blick.

Der Anspruch ist niedrigschwellig, es soll aber Klick machen, glücklicherweise sehen auch die Sponsoren die Sache sp: "Die Veranstaltungen, die Begegnungen, die müssen eben… eine Qualität haben. Und da geht es nicht um Masse".

Schule, Zeitfenster, Realität: Warum das Festival in die Klassen geht

Die Logik des Formats ist auch eine Antwort auf den Schulalltag nach der Pandemie: knappe Zeitfenster, organisatorische Hürden, Ganztag. "Für die Lehrer:innen ist es immer schwieriger geworden […] die Schule zu verlassen".

Also kehrt "Stadt, Land, Buch" den Weg um: Autor:innen gehen in die Schulen, Partnerinstitutionen öffnen Räume in der Region. Die Premiere umfasste 99 Veranstaltungen an sechs Tagen, getragen von 30 Partnern – von Museen bis zur Deutschen Nationalbibliothek – und erreichte rund 6.600 Besucher:innen. Unterschiedliche Formate waren dabei, auch für kleine Gruppen.

Die Haltung: Klasse statt Masse. "Dann eben lieber nur mit einer Klasse an einer Schule, aber dafür funktioniert alles und alle haben was davon". Und: Kostenfreie Angebote für Schulklassen im Festival, um Barrieren zu senken.

Operativ stützt sich das Team des Jungen Literaturhauses normalerweise auf klassischen Versand von Programmen an Schulen, Reservierungen sind via Ticketshop möglich, Karten werden auch reserviert, wenn die Schulbürokratie Gelder erst noch genehmigen muss.

Bilanz positiv - nicht alles muss glücken

Doch auch bei "Stadt, Land Buch" hat sich gezeigt: Nachmittagsveranstaltungen für Familien bleiben eine Herausforderung – Ganztagsschule, Freizeitangebote, - Sommerhitze, in diesem Jahr sogar extrem. "Manchmal ist dann einfach tatsächlich das Freibad das beste Angebot". Auch ein kurzfristig bestellter Eiswagen konnte daran nichts ändern, für Hennig von Lange, selbst Familienvater, auch in Ordnung so.

Dennoch zeigt das Festival: Mit passender Gästewahl und Timing kann Resonanz gelingen. Eine Lesung mit Carsten Henn zog Kinder an, die das Buch bereits mit Beigeisterung gelesen hatten, viele hatten etwas gebastelt und brachten Fragen mit.

Das Format zielt auf Erlebnisse, die bleiben – signierte Bücher, Erinnerungen, Anschlusslektüre: "Dass man diese Erfahrung mitnimmt […] das etwas ausgelöst wurde durch das Gespräch über ein Buch" zähle am Ende, so Benno Hennig von Lange. Auch Horte und Ganztagsgruppen werden als Partner mitgedacht – je nach Personalschlüssel und Profil.

Buchhandel und Bücheralarm

Zwei spezialisierte Kinderbuchhandlungen in Frankfurt waren bei der ersten Ausgabe dabei; perspektivisch sollen mehr Buchhandlungen eingebunden werden.

Ergänzend dockte der Kinderpodcast "Bücheralarm!" von Lena Stenz an: elf Schulbesuche, Aufzeichnungen mit Schüler:innen direkt nach. "Lena ist eine der ersten Partnerinnen, die ich angefragt habe", erinnert sich von Lange, "ich wollte sie unbedingt dabei haben."

So geht's weiter bei Stadt, Land, Buch

Die Förderer haben signalisiert, "dass sie jetzt das erstmal auf drei Jahre […] jedes Jahr stattfinden lassen wollen". Im Herbst sollen Ausschreibungen an Schulen gehen, auch Buchhandlungen können sich dann für die nächste Runde bereits melden.

Quantitative Zielvorgaben meidet Hennig von Lange aber bewusst: "Ich habe mir am Anfang gar keine Zahl vorgestellt" – entscheidend bleibe die Qualität der Begegnung.

So geht's weiter

"Stadt, Land, Buch" zeigt, wie Literaturvermittlung im Jahr 2025 funktionieren kann: dezentral, vernetzt, barrierearm – mit Fokus auf echten Kontakt. Wer tiefer einsteigen will, erfährt in der Podcastfolge mehr über Auswahlkriterien, Partnerlogistik, gelungene Formate und die Pläne für die nächste Ausgabe. Zur ganzen Folge der "Kinderbuchpraxis" geht's hier:

Helfen Sie uns, die Kinderbuchpraxis bekannt zu machen!

Der Börsenblatt-Podcast Kinderbuchpraxis erscheint zweimal im Monat - jeweils am Freitag. Behandelt werden Kinder- und Jugendbuchthemen, oft sind bekannte Autor*innen, Verleger*innen oder Illustrator*innen zu Gast. Dr. Stefan und Mr. Ralf gehen auch auf Außeneinsätze, z.B. auf die Buchmessen in Bologna, Frankfurt und Leipzig oder die Phantastische Bibliothek in Wetzlar.

Die Kinderbuchpraxis ist auch im Verzeichnis "Literaturpodcasts" gelistet.

Ihre Hilfe ist wichtig! Wir freuen uns über Ihre Bewertung in den Podcast-Apps (Apple, Spotify etc.) und übers Weitersagen!