Flutkatastrophe

Andreas Stedman: "Wir trotzen dem Schicksal"

3. August 2021
von Charline Vorherr

Den Kulturhof Velbrück, inklusive den Verlagen Dittrich, Barton, Velbrück Wissenschaft und Hase & Koehler, hat das Hochwasser in der Nacht zum 14. Juli schwer getroffen. Andreas Stedman berichtet nicht nur von der schieren Schwere der Schäden, sondern auch von großer Solidarität.

Nicht nur Buchhandlungen wurden Opfer des Hochwassers im Juli. Auch den Kulturhof Velbrück, Sitz der Verlage Dittrich, Barton, Velbrück Wissenschaft und Hase & Koehler sowie der Versandbuchhandlung Velbrück hat es in der Nacht zum 14. Juli getroffen.

„Als wir nachts um 3:45 von einem Geräusch wach werden, das uns an den Niagarafall erinnerte, hatte es über Stunden massiv geregnet“, erzählen Andreas Stedman und Marietta Thien in der Beschreibung ihres Spendenaufrufs. Das Hochwasser hatte Metternich, einen Ortsteil von Weilerswist bei Bonn, erreicht. „Das Wasser hatte die Gebäude des Kulturhofs geflutet, unser Buchlager vernichtet, Möbel, Computer und Firmenautos mit einem Schlag unbrauchbar gemacht. In letzter Minute war es uns noch gelungen, die Festplatten unserer Computer zu retten.“

Wie Andreas Stedman im Gespräch mit Börsenblatt berichtet, stieg das Wasser auf bis zu drei Metern an. 3000 Quadratmeter bebauter Raum inklusive Ausstattung wie Büroräume, Lager, Veranstaltungsräume sind überschwemmt und damit vernichtet worden. „Es ist nichts mehr da. Das heißt für uns, tonnenweise Bücher haben wir entsorgen müssen und sind in den vergangenen Tagen mit dem Lader weggefahren worden. Das sind sicherlich einige 100.000 Euro Schaden im Lager.“ Auch Archivbestände wurden zerstört.

Die Versicherungslage sei klar. Die Versicherung trägt Gebäudeschäden, das Unternehmen das Inventar.

In den letzten zehn Tagen waren Stedman, Thien und die Mitarbeiter*innen vor allem mit Aufräumarbeiten beschäftigt, die vorerst fertig sind. „Es ist alles leer. Wir haben das Gefühl, ganz viel geleistet zu haben, aber jetzt kommt zum Vorschein, was alles gemacht werden muss. Jetzt wird es teuer“. Dabei berichtet er auch von den vielen kleinen Dingen, die gekauft werden müssen und sich finanziell stapeln – wie die Anschaffung von 140 Stühlen und Sitzkissen für den Kulturhof oder 500 Steckdosen für 3000 Quadratmeter.

Und wie geht es mit den Verlagen weiter?

„Wir haben die Parole: Wir trotzen dem Schicksal. Wir machen weiter“, so Andreas Stedman. Vorerst baue man in einem Raum im ersten Stock des Kulturhofs einen Notverlag ein. Durch die Pandemie habe man gelernt, wie man sich im Home Office und über weite Distanzen organisiert, auch wenn es durch die zerstörte Infrastruktur Probleme mit der Telefonzentrale, dem Mail-Programm, der Post und der Warenanlieferung gibt. „Das Herbstprogramm kriegen wir hin, aber es geht nur mit der zahlreichen Unterstützung von befreundeten Unternehmen, die uns mit gebrauchen Rechnern ausstatten.“ Auch den Kulturhof Velbrück, der durch Corona zwei Jahre „schachmatt gesetzt“ wurde, möchte man wieder aufbauen.

Beeindruckt war Stedman von den vielen freiwilligen Helfern. „Wir hatten bis jetzt um die 180 Helfer vor Ort, die wir teilweise gar nicht kannten. Wir erleben eine große Solidarität und sind sehr, sehr beeindruckt.“

Auch der Buchbranche möchte Stedman bereits seinen Dank für Hilfe und Zuspruch aussprechen. „Das ist sicherlich eine schöne Erfahrung, dass man nicht alleinsteht.“ Stedman selbst arbeitet gerade in den Räumlichkeiten eines Architekturbüros in Köln, da der E-Mail-Server nicht funktioniert und die Infrastruktur vor Ort zerstört ist.

Um den Wiederaufbau des Kulturhofs Velbrück und die Verlage Dittrich, Barton, Velbrück Wissenschaft und Hase & Koehler zu finanzieren, haben Andreas Stedman und Marietta Thien mit Unterstützung von der Lektorin Ilka Heinemann und Künstlerin Nike Seifert eine GofundMe-Kampagne gestartet. Sie findet sich hier: Hilfe für den Kulturhof Velbrück.