Nicht das Feuilleton, sondern die Unterhaltung steht bei Ihrem Imprint Atlantik im Fokus. „Leichter, verspielter, jünger“ sollte Atlantik daherkommen. Gilt dieser Dreiklang noch?
Ja. Und ich kann noch drei Merkmale hinzufügen, die sich aus unserem Anspruch ableiten, bei Atlantik inspirierte, originelle, hoch verkäufliche Unterhaltung vorrangig für Leserinnen zu verlegen. Gerade haben wir übrigens die englische Bestsellerautorin Dolly Alderton für Atlantik gewonnen. Sie ist ein internationaler Superstar, deren erstes Buch allein in England über 300.000 Leserinnen gefunden hat und in 20 Sprachen übersetzt wurde. Vor allem aber ist sie die Stimme einer ganzen Generation. Dolly Aldertons erster Roman wird im Frühjahr 2021 als Spitzentitel bei Atlantik erscheinen.
Bisher haben Sie Hardcover von Hoffmann und Campe wie auch von Atlantik in der zweiten Verwertungsstufe im Atlantik Taschenbuch versammelt. Das soll anders werden. Wie und warum?
Das Angebot im Taschenbuch war unübersichtlich. Deshalb habe ich gleich bei meinem Start im vergangenen Herbst ein eigenes Hoffmann und Campe Taschenbuch ins Leben gerufen. Damit werden die Profile sowohl von Hoffmann und Campe als auch von Atlantik neu geschärft. Dahinter steht auch das strategische Ziel, alle eigenen Rechte möglichst umfassend selbst zu verwerten.
Deshalb auch eine Hörbuch-Kooperation mit Saga Egmont?
Richtig. Damit haben wir die Möglichkeit, unsere wichtigsten Titel auch als Hörbuch erscheinen zu lassen. Physische Hörbücher werden von Steinbach sprechende Bücher an den Handel vertrieben. Die Produktion und der Digitalvertrieb liegen bei unserem Partner Saga Egmont.
Zu keiner Partnerschaft kam es mit Birgit Schmitz, die im Zuge Ihres Starts an der Verlagsspitze als Programmleiterin ausgeschieden ist – was zu Protesten namhafter Autorinnen und Autoren führte. Sind die Wogen inzwischen geglättet?
Veränderungen an der Spitze eines Verlags sind immer eine Zäsur. Oft geht damit einher, dass auch einzelne Autorinnen oder Autoren den Verlag verlassen. Das war aber nicht der Fall. Ich habe mit allen, die Fragen hatten, sehr gute Gespräche geführt. Ganz unabhängig davon hatte ich gleich zu Beginn viele schöne Begegnungen, zum Bespiel mit Wolf Haas in Wien. Aus dem ersten Gespräch ist ein ausgedehnter Stadtrundgang geworden, der im Bräunerhof, dem Lieblingskaffeehaus von Thomas Bernhard endete, wo wir uns mit großer Freude gegenseitig Bernhard-Zitate um die Ohren geschlagen haben. Das sind Tage, die man nicht mehr vergisst.
Hoffmann und Campe hat eine wirtschaftliche Krise durchlebt, auch programmatisch hat sich der Buchhandel zum Teil nicht mehr angesprochen gefühlt. Wie wollen Sie die Herzen der Buchhändlerinnen und Buchhändler zurückerobern?
Besonders der unabhängige Buchhandel hat uns schon immer sehr am Herzen gelegen. Und das Beste, was wir für den Handel tun können, ist, ihm aufregende, zeitgemäße, verkäufliche Bücher mit vernünftigen Preisen an die Hand zu geben.
Der eher nüchterne Indikator für Erfolg oder Misserfolg von Liebeserklärungen sind im Buchhandel ja die Verkaufszahlen. Spüren Sie schon etwas?
Sehr. Es ist schön zu sehen, wie gut unser Herbstprogramm angenommen wird. Und ich bin natürlich sehr zufrieden, dass es uns gelungen ist, das „Wuhan Diary“ auf Anhieb unter die Top Ten der Sachbuch-Bestseller zu bringen. Aber auch Heine stand aktuell, 188 Jahre nachdem er aus Paris über die Cholera berichtete, auf Platz 26 der Charts. Hier zeigt sich etwas vom Spannungsfeld unseres Programms, in dem es jetzt ordentlich knistern wird. Besonders zuversichtlich machen mich dabei meine großartigen Mitstreiter im Verlag, die allesamt darauf brennen, weiter fulminante Bücher in die Welt zu bringen.