Interview mit Patrick Oelze

"Das Netz ist ein zentraler Treiber für Bucherfolge"

25. Januar 2023
von Michael Roesler-Graichen

Mit der Zahl der Buchkäufer:innen geht auch die Zahl der Sachbuch-Novitäten seit Jahren zurück. Patrick Oelze, Programmleiter Politik im Herder Verlag, ist dennoch überzeugt, dass der Bedarf an kompetent, übersichtlich und interessant aufbereiteten Informationen auch künftig hoch bleiben wird.

Patrick Oelze, Herder Verlag

Während der Corona-Pandemie hat das Interesse an Sachbüchern vorübergehend zugenommen, was sich zunächst auch in den Umsätzen spiegelte; 2022 waren die Einnahmen hingegen rückläufig. Erwarten Sie, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren stabil bleibt oder sogar wieder wachsen wird?
2022 ist der Umsatz im Sachbuch branchenweit deutlich unter dem des Vorjahrs geblieben. Insofern lässt sich nicht einfach optimistisch annehmen, dass die Nachfrage nach Sachbüchern gleichbleibend oder sogar wachsend sein wird. Auch wenn es für Herder zum Glück anders aussieht. Wir sind im historischen Sachbuch kräftig gewachsen und haben uns im politischen Sachbuch sehr gut behauptet. Das Sachbuch hat mit den langfristigen Trends zu kämpfen, die den Buchmarkt insgesamt weiter prägen. Die Zahl der Neuerscheinungen nimmt seit Jahren kontinuierlich ab, die Zahl der Buchkäufer ebenso. Während der Corona-Pandemie scheint zwar auch bei jüngeren Zielgruppen die Erkenntnis gewachsen zu sein, dass Lesen nicht nur eine gute Möglichkeit ist, sich der Welt zeitweise zu entrücken, sondern auch, sich die Welt zu erschließen. Aber ob das langfristig so bleibt, ist meines Erachtens noch nicht ausgemacht. Was definitiv hoch bleiben wird, ist der Bedarf an kompetent, übersichtlich und interessant aufbereiteten Informationen.
 

Gibt es eine Korrelation zwischen Problemlagen, aktuellen Konflikten und historischen Entwicklungen in der Welt auf der einen Seite und einer zunehmenden Sachbuchproduktion auf der anderen Seite?
Für das politische Sachbuch gilt das definitiv. Viele Sachbuchverlage reagieren auch immer flexibler auf aktuelle Entwicklungen und Krisen und nehmen Bücher sehr kurzfristig ins Programm. Das lässt sich an der Vielzahl historischer und politischer Titel zur Ukraine gut ablesen. Das finde ich auf der einen Seite großartig, weil es uns zusätzliche Möglichkeiten für Umsatz, Aufmerksamkeit und Erfolg eröffnet, jenseits der längerfristig geplanten Programme. Auf der anderen Seite führt die oft stark auf ein Ereignis konzentrierte öffentliche Berichterstattung in Krisenzeiten dazu, dass andere wichtige Sachbücher sich sehr schwertun, überhaupt noch wahrgenommen zu werden.
 

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