25 Jahre DK Verlag

"Entscheidend ist, nah am realen Leben zu sein"

5. Juni 2025
Stefan Hauck

Seit 25 Jahren ist DK in Deutschland aktiv, Programm und Team sind kontinuierlich gewachsen. Verlegerin Monika Schlitzer gibt Einblick in die Bilanz und erläutert, welche Titel in Deutschland und welche in London entstehen.

Monika Schlitzer

Monika Schlitzer

Rund 250 Titel entstehen bei DK in München pro Jahr, - 80 Kinderbücher, 40 Kochbücher, 30-50 Reiseführer, 20 Nachschlagewerke für Erwachsene, 25 bis 30 Popkultur-Bücher etwa zu Minecraft, Marvel, Disney und 15 Gartenbücher. Den Kochbuch-Bereich, und darauf ist Monika Schlitzer stolz, hat DK in Deutschland eigenständig aufgebaut, er ist am umsatzstärksten und kann Weltbestseller vorweisen. Die Verlegerin, die von Anfang an dabei ist, hat die großen Veränderungen im Kochbuch miterlebt – "inzwischen haben wir eine ganz andere Ästhetik. Um 2000 herum wurden glänzende Papiere bevorzugt, heute sind es natürlich wirkende Papiere mit offener Oberfläche. Auch die Food-Fotografie und die Inszenierung von Essen haben sich sehr verändert."

Jamie Oliver als Zugpferd

Dazu habe Starkoch Jamie Oliver beigetragen: "Statt 'man nehme ...' sagte er, 'ich gebe euch Rezepte, die ihr leicht realisieren könnt'; und man sieht ihn auf den Fotografien wie nebenbei mit den Händen arbeiten. Die Leser erfahren Oliver als Person, er erzählt in einer lockeren Sprache, er steht in seiner Küche – damit hat er einen neuen Stil eingeführt, der von vielen seiner Kollegen übernommen wurde, denn er passte perfekt in die Zeit", resümiert Schlitzer. Oliver ist ein Umsatzgarant; seit 2002 hat DK mehr als 6,5 Millionen seiner Kochbücher verkauft. Starkoch Ottolenghi ist seit 2011 im Programm, auch von ihm bringen es einige Titel wie "Jerusalem" auf eine stolze Gesamtauflage von über 500.00 Exemplaren. „Wie schaffen wir Sichtbarkeit für unsere Titel? Das ist inzwischen zur Kernfrage geworden“, meint Schlitzer. Kochstars sind in gewisser Weise alle auch in den sozialen Medien aktiv, ihre Bücher sind Presse- und Marketingschwerpunkte.

Münchner Team-Spirit

Die Social-Media-Arbeit ist immer wichtiger geworden, weshalb im Verlag eine Person ausschließlich dafür da ist. Insgesamt arbeiten in München acht Kolleginnen in Presse und Marketing, 23 im Lektorat, 15 in der Herstellung, einer in der IT, vier im kaufmännischen und Personalbereich sowie 20 im Vertrieb, darunter die festangestellten Außendienstmitarbeiter. 60 Prozent der Arbeitszeit finden in Präsenz statt; die Verlegerin hält viel vom realen Miteinander: "Kreativität entsteht oft an der Kaffeemaschine, im Gespräch."

Überhaupt ist das Besondere an DK der Team-Spirit und ein sehr agiles kollegiales Miteinander auf Augenhöhe. Viele Mitarbeiter sind seit vielen Jahren an Bord, so auch Dorothee Whittaker, die mit Monika Schlitzer vor über 25 Jahren im Start-up DK Verlag begonnen hat. Sie wird mit ihrer langen DK-Erfahrung die Kontinuität sichern und übernimmt die Programmleitung, wenn Monika Schlitzer im Juni nach 25 Jahren Erfolgsgeschichte den Staffelstab an die neue Geschäftsführerin Heike Fassbender übergibt.

Visualisierung von Inhalten als Maxime

Das Besondere an den DK-Büchern ist der visuelle Reiz als Einstieg. An jedem Band arbeiten eine Grafikdesignerin und eine Lektorin gleichberechtigt miteinander in einem eigenen Designredaktionssystem. "Der Grafikdesigner fühlt sich nicht nur für das Layout zuständig, sondern auch für den Inhalt." Deshalb "reifen" die Bücher über einen verhältnismäßig langen Zeitraum – mit dem Ziel, einen bestechend guten Titel zu haben, der sich entsprechend lange verkauft und so die Investitionskosten wieder einspielt. Das Hand-in-Hand-Arbeiten kommt vom inzwischen 83-jährigen Verlagsgründer Peter Kindersley (Kindersley und Christopher Dorling verkauften 2000 an Pearson/Penguin, seit 2013 Penguin Random House), der von Haus aus Grafiker ist. "Seine Maxime war: Was ich durch ein Bild zeigen kann, zeige ich auch durch ein Bild und beschreibe es nicht mit Hilfe von Worten."

Seiten aus: Piep - Die ganze Welt der Vögel. Dorling Kindersley 2010

Seiten aus: Piep - Die ganze Welt der Vögel. Dorling Kindersley 2010

Illustrationsstile sind nicht einfach kompatibel

Zwei Drittel des Programms werden in London entwickelt, "aber wir sind in jede Phase der Entwicklung einbezogen", betont Schlitzer, die über viele Jahre jeden Monat mehrere Tage in Londoner Mutterverlag das Programm der gesamten DK-Gruppe mitentwickelt hat. Reiseführer etwa werden in London konzipiert – die Reihe Vis-à-Vis gibt es seit den 1980er Jahren, die Titel werden alle zwei Jahre überprüft und aktualisiert. 2021 hat ein Relaunch den neuen Sehgewohnheiten Rechnung getragen. Die typischen Aufrisszeichnungen, bei denen man die Gebäude einer Stadt dreidimensional von oben sieht, sind geblieben: "Das sind Reiseführer für Nutzer, die sich zu Hause gründlich auf ein Reiseziel vorbereiten und Orientierung suchen."

Die Titel haben oft eine lange Entwicklungszeit, nicht zuletzt, um alle Stimmen der DK-Länderniederlassungen und Lizenzpartner von Brasilien bis Japan einzuholen. Zwar sind auch Schnellschüsse möglich, "aber wir lassen manchmal kurzfristige Chancen aus, weil wir Bücher mit sehr langer Lebensdauer bevorzugen." Und nicht alles geht in allen Märkten. Der große Bereich DK Learning etwa orientiert sich an den Lehrplänen der britischen und US-Curricula; "die Adaption dieser Inhalte würde hierzulande keinen Sinn machen, da dieses Feld durch die sehr starken Schulbuchverlage besetzt ist." Dazu gibt es Popkulturthemen etwa zu bestimmten Computerspielen oder auch Militaria, die im deutschsprachigen Raum nicht interessieren. Auch sind Illustrationsstile nicht einfach länderkompatibel, allzu knallige Primärfarben etwa werden "hier kaum goutiert, die Käufer bevorzugen weichere Formen und nicht zu grelle Farben – es geht eben längst nicht alles." Bei spezifisch deutschen Themen versteht sich die Eigenentwicklung von selbst: Das mit der Autorin und Designerin Christine Paxmann entwickelte Buch "Demokratie für Kids" etwa berücksichtigt den spezifischen Familienalltag bei uns – "das hätte so nicht in Großbritannien entstehen können, es musste aus der Alltagswelt der Kinder hier kommen" –, und "Deutsche Geschichte" ist das aufwendigste Buch mit dem größten Budget, das in München entwickelt wurde.

Eine nicht unwichtige Rolle spielt das B2B-Geschäft: In München entwickelt eine eigene Abteilung entsprechende Titel. "DK verfügt über riesige Datenbanken, in denen wir Assets strukturiert vorhalten, so dass sie wiederverwendet werden können", erläutert Schlitzer. Gefragt sind im Industriegeschäft vor allem Themen aus der Kulinarik, Gesundheit und dem Kinderbuch.

"Für das, was komplett neu ist, gibt es noch keine Daten"

Wie nähert sich DK neuen Themen? "Entscheidend ist, nah am realen Leben zu sein. Ich habe zum Beispiel 2016 eine Ayurveda-Kur gemacht und dazu eine passende Einführung in Buchform gesucht, aber nichts Passendes gefunden. Im Gespräch meinte eine Londoner Kollegin: 'Dann müssen wir ein Buch dazu machen!'" Schlitzer hatte schon mal einen Wissensvorsprung, es wurde nach Autoren gesucht – das 2018 erschienene "Gesund und entspannt mit Ayurveda" hat sich bislang mehr als 50.000-mal verkauft. "Wir kommen über alltägliche Beobachtungen und Lektüre auf Buchideen, durch Googletrends, durch Gespräche mit Autoren, durch Marktanalyse: Würde zu diesem Trend ein Buch gekauft? Das Problematische an Marktanalysen ist aber, dass sie nun mal rückwärtsgewandt sind, denn für das, was wirklich komplett neu ist, gibt es halt noch keine Daten." Oft heißt es auch, schnell zu sein: "Wenn in der Kindercommunity auf dem Pausenhof ein großes Interesse für Lego Star Wars spürbar ist, dann sollten wir ein Buch dazu machen. Der richtige Riecher hat uns hier mit über 100.00 verkauften Exemplaren belohnt." Das gesamte Team ist gefragt, die Augen und Ohren offen zu halten, um Trends frühzeitig zu entdecken.

Neben vielen eingeführten Reihentiteln macht DK auch Stand alones, etwa den im Herbst erscheinenden Titel "Kunst kommentiert", der durch Einzelwerkanalyse den Blick auf Kunstwerke schult. Die Wirkung so eines Buchs sei im Sortiment sehr stark, wenn es gut präsentiert werde, meint Schlitzer und: "Eigentlich ist bei uns fast alles möglich."

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