Weil das österreichische Gesetz vorsieht, dass Unterschreitungen des Mindestpreises bis 5 Prozent zwar legal sind, vom Händler aber nicht angekündigt werden dürfen, was beim Verkauf über Amazon natürlich geschieht. Ein vergleichbares Verbot gibt es in Deutschland nicht, da nach unserer Vorstellung der Kunde immer wissen soll, was er bezahlt.
Das Problem dabei ist, dass es für Marketplace-Händler bei Amazon bislang gar nicht die Möglichkeit gibt, auch die abweichenden österreichischen Ladenpreise anzuzeigen und anzuwenden. Amazon beruft sich auf das kürzlich vom EuGH betonte Herkunftslandprinzip, wonach ein Anbieter bei grenzüberschreitenden Verkäufen nur die in seinem eigenen Heimatland gültigen Bestimmungen zu beachten hat, bei der Preisbindung also die deutschen Preise angeben und fordern kann.
Nun wird der EuGH zur komplexen Frage der Geltung des Herkunftslandprinzips im grenzüberschreitenden Buchhandel entscheiden, und zwar ausgerechnet anlässlich der aus unserer Sicht ohnehin problematischen Frage des Verbots einer Preisangabe. Denn der EuGH urteilt regelmäßig sehr verbraucherfreundlich und Preistransparenz ist durchaus ein wichtiges Thema für Verbraucher.
Erstaunlich auch, dass die Hardcover-Ausgabe (keine preigünstige Print- oder Digital-Ausgabe erhältlich) im Artikel durch redaktionellen Infokasten beworben wird und nicht als Anzeige gekennzeichnet ist.
Weiterhin erstaunlich, dass das Interview mit dem Preisbindungstreuhänder hinter der Paywall liegt.
Aktuelle Informationen zum Stand der Preisbindung sind also nur gegen Zahlung in der einen oder anderen Form verfügbar? Das müssten wir doch besser können.
Mit der Anmerkung „Wo kein Kläger…“ haben Sie durchaus Recht und dieser Umstand hat auch einen Grund, nämlich den Paragraphen 6 des Preisbindungsgesetzes. Den hat Dieter Wallenfels aber schon im Jahr 2021 im Interview (https://www.boersenblatt.net/news/ein-gesetz-wie-ein-zahnloser-tiger-170467?ss360SearchTerm=zahnlos) öffentlich als zahnlosen Tiger bezeichnet. Eine Problemlösung scheitert(e) also nicht an den Herren Russ und Wallenfels, sondern an anderern Stellen – wie wir alle sehr genau wissen!
In Sachen Preisbindung ist der Hinweis auf den Umgang (und die Erzeugung) von Mängelexemplaren allerdings auch nicht die Petitesse, als die Sie diese Praxis darstellen möchten. Denn wenn in der EU oder an anderer Stelle die Preisbindung mal wieder in Frage gestellt werden sollte, dann ist es auch gerade diese Praxis mit den Mängelexemplaren, die zusätzliches Futter liefert, um gegen die nicht überall geliebte Buchpreisbindung eventuell erfolgreich argumentieren und agieren zu können.
Wie sagte Norbert Lammert im Jahr 2006 so treffend? „Die Buchpreisbindung ist nicht von der Politik bedroht, sondern von der Branche. Und wenn sie nicht Bestand haben sollte, suchen Sie die Ursachen in den eigenen Reihen.“ Damit hatte er nicht unrecht und gerne ergänze ich, dass unsere Branche im Jahr 2025 selbst weit mehr als nur ein Einfallstor für die Gegner der Buchpreisbindung bietet.
Freundlicher Gruß aus Köln
Jens Bartsch – Buchhandlung Goltsteinstraße
mir geht es nicht um die Verteidigung von Mängelexemplaren resp. deren Ursprung. Da könnten wir gerne seitenlang drüber diskutieren, ist aber nicht das Thema.
Mir geht es um die immer wieder gerne verwendeten Nebelkerzen "MA". Ich bin schon ein paar Jahrzehnte in dieser Branche tätig (übrigens auch außerhalb des MA), erinnere mich noch an die vielen kleinen, mittleren Filialisten, an große und kleine Einzelkämpfer im Handel. Ich erinnere mich noch an das erste Buchkaufhaus Hugendubel in München. Und sehe nun einen Markt, der -nehmen wir mal das Internet raus- nicht wirklich mehr ein Duopol, sondern fast ein Monopol geworden ist. Die Gründe dafür liegen in dem Bereich, dessen Regulierung als "zahnloser Tiger" daherkommt. Die Einhaltung von Konditionen, und da meine ich nicht nur Rabatte, sondern auch zusätzliche Leistungen, kann man nur überprüfen, wenn es ein entsprechendes Regelwerk dazu gäbe. Quasi soetwas wie ein Melderegister. Das ist natürlich ein massiver Eingriff in die Vertragsfreiheit - ob man das gesetzlich durchsetzen könnte, ist mir nicht klar.
Was mir aber sehr klar ist: eine Abschaffung von Mängelexemplaren würde die Marktkonzentration ganz sicher nicht verhindern, nicht mal bremsen. Weil es ein Randthema ist, dessen Marktanteile in Relaton zum Gesamtmarkt verschwindend sind. Wenn man die wahren Probleme nicht benennt und angeht, wird sich nichts ändern. Btw.: sollte die Preisbindung fallen, hat sich das Thema "Mängel" eh erledigt. Dann kann jeder Preise nehmen, wie er will. Siehe Schweiz...
Freundlicher Gruß retour aus dem Südbadischen
Volker Gollenia
Denn es geht bei der ganzen Diskussion bei weitem nicht nur um die Rabattspreizung, sondern ganz besonders auch um die, einigen sehr wenigen Marktteilhabern eingeräumten, Zusatz-Goodies – von denen "offiziell" ja keiner weiß.
Nennen wir für alle also DAS Problemkind nochmals LAUT beim Namen: Es ist die ZAHNLOSIGKEIT unserer Preisbindungstreuhänder!
Die ahnen eventuell etwas, dürfen proaktiv aber keine Bücher prüfen. Kommt es mal zu einer Auseinandersetzung wie bei MAIRDUMONT und LIBRI, dann erfährt unsereins wegen der außergerichtlichen Einigung nix. Da existiert also in Sachen Sichtbarkeit ein sehr großer Graubereich, der unäglich ist..
Ein Überdenken der juristischen Sache beim Paragraphen 6 wurde im Namen unser aller aber durchgewunken, weil mindestens eine Lobbygruppe wohl sehr gründliche Arbeit geleistet hatte. Von klar erkennbarer Seite aus und aus klar erkennbaren Gründen heraus wurde die Reform abgewürgt – und auch damit eine Diskussion über eine aktivere und auch proaktive Rolle der Preisbindungswächter komplett zu den Akten gelegt!.
DER AKTUELLE ZUSTAND SCHREIT DANACH, DIES NEU ZU DISKUTIEREN!
Thalia dürfte sich mit allen Zusatzeinkäufen, insbesondere inklusive der ergänzenden Bereiche Spielwaren etc. , wohl schon (ausschließlich Internet) im deutschen Buchhandel zum Monopol entwickelt haben – und weder im Verband, noch beim Bundeskartellamt bekommt es jemand mit? Mmmhhhhh?
Herzliche Grüße aus Köln
Jens Barsch