US-Buchbranche nach der Trump-Wahl

Hachette-Mitarbeiter kritisieren radikal-konservatives Imprint

12. November 2024
Charline Vorherr

Die Hachette Book Group kündigt am Tag nach der US-Wahl die Gründung eines ultrakonservativen Imprints an. Programmleiter ist Thomas Spence, Mitglied der konservativen und einflussreichen Denkfabrik Heritage Foundation. Eine Gruppe von Hachette-Mitarbeiter:innen stellt sich in einem offenen Brief gegen das neue Imprint und dessen Verlagsleiter. Ärger gibt es auch bei Macmillan.

Nur ein Tag nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl kündigte David Shelley, CEO von Hachette Book Group und Hachette UK an, die Basic Books Group um das Imprint Basic Liberty zu erweitern. Es soll ein neues konservatives Imprint sein, das „ernsthafte Werke kultureller, sozialer und politischer Analysen von konservativen Autoren mit originellem Denken“ veröffentliche. Programmleiter des neuen Imprints ist Thomas Spence, der von 2019 bis 2023 den rechtskonservativen Verlag Regnery Publishing leitete, und Mitglied der radikal-konservativen und Trump-nahen Denkfabrik Heritage Foundation ist. Sie steckt auch hinter dem sogenannten "Project 2025", ein Aktionsplan und radikal-konservatives politisches Manifest für die Zeit nach Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus. 

Darüber berichtete unter anderem das US-Branchenmagazin Publisher’s Weekly und zählt dabei einige Titel auf, die während der Geschäftsführung von Spence bei Regnery veröffentlicht wurden. Dazu zählen Titel, die als klar sexistisch, misogyn, transphob und rassistisch zu beurteilen sind.

In einem öffentlichen Brief, der auf dem Instagram-Account xoxopublishinggg veröffentlicht wurde, verurteilen Mitarbeiter:innen der Hachette Book Group die Heritage Foundation, das Project 2025 und jede konservative Denkweise, die wesentliche Menschenrechte und Menschlichkeit beschneide. Sie distanzieren sich außerdem von David Shelleys unsensiblen Äußerungen "kurz nachdem viele Freunde, Kollegen und Angehörige von den Wahlergebnissen betroffen waren und sind der Meinung, dass die Würde, die Rechte und die Freiheiten aller Menschen von allen hochgehalten werden sollten, insbesondere von denen die Machtpositionen innehaben", heißt es im Brief.

"Wir verurteilen die Entscheidung von HBG, den Profit über die eigenen Leute zu stellen, das Versprechen von finanziellem Gewinn über Moral und Gewissen siegen zu lassen und einer Person, die zur Förderung der Vision der Heritage Foundation für Amerika beiträgt, eine Plattform zu geben."

Sie fordern die Verlagsgruppe, als eine der weltweit größten, auf, Verantwortung zu übernehmen, mit Empathie und Mitgefühl für alle Menschen zu handeln und die Gründung von Basic Liberty und die Personalie Thomas Spence zu überdenken.

Wie PW außerdem berichtet, habe mindestens ein Redakteur deshalb gekündigt. Auf Anfrage von PW erklärte die Verlagsgruppe, dass man ein breites Spektrum von Lesern erreichen wolle und Bücher von allen Seiten der politischen Debatte veröffentlicht werden sollen.

Für Kritik sorgt auch ein Post einer Führungskraft bei Macmillan Children’s Publishing Group

Nicht nur Hachette steht in der US-amerikanischen Branchenöffentlichkeit aktuell in der Kritik. Nach dem Sieg von Trump postete Mariel Dawson, Marketing-Vizepräsidentin der Macmillan Children’s Publishing Group, eine Pro-Trump-Grafik, die den zukünftigen US-Präsidenten gemeinsam mit Elon Musk zeigt und inzwischen gelöscht ist.

Mehrere Kinderbuchschaffende äußerten nach dem Post ihre Bedenken. Autorin Martha Brockenbrough sieht in der "überschwänglichen Unterstützung für eine Regierung", auch im Hinblick auf die Book Bans, eine "existenzielle Bedrohung für das Kinderbuchwesen". 

Auf dem Instagram-Account xoxopublishinggg äußerten mehrere Autor:innen anonym ihre Bedenken, ob sie weiterhin in der Verlagsgruppe veröffentlichen wollen. Andere sehen in dem Post eine Erklärung darin, weshalb ihre queeren Jugendbücher keine Aufmerksamkeit im Marketing bekommen hätten.

Verlegerin Jen Besser schrieb in einem Statement auf Instagram anschließend, dass der Post von einem privaten Facebook-Account ausgegangen sei und nicht im Namen von Macmillan Children’s Publishing gepostet wurde. Entscheidungen über Titel wären nie auf eine Person beschränkt. Die Macmillan Children's Publishing Group habe sich außerdem dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass jedes Element des Verlags die zentralen Macmillan-Werte Impact, Inclusivity, Respect, Sustainability und Trust widerspiegeln würden.

Weiterführende Informationen gibt es im Artikel von Publisher’s Weekly.