„Viele Medizinerinnen fühlen sich heute von männlichen Berufsbezeichnungen nicht mehr angesprochen oder sogar diskriminiert“, heißt es auf der Kampagnenseite von Springer. Seit 1999 sind Frauen die Mehrheit der Studierenden im Fach Humanmedizin. 2020 betrug ihr Anteil fast zwei Drittel. Im Berufsalltag liegt der Frauenanteil bei fast 50 %. Zeitschriften-Titel wie „Der Chirurg“ oder „der Radiologe“ sind also nicht mehr zeitgemäß.
Ab Juni sollen die Titel durch Fachgebiete bezogene Bezeichnungen ersetzt werden. Aus „Der Chirurg“ wird „Die Chirurgie“, aus „Der Radiologe“ wird „Die Radiologie“. Betroffen sind davon über 20 Zeitschriften. Im Gespräch ist noch die Umbenennung der Zeitschrift „Der Nervenarzt“. Da sie mehrere Fachdisziplinen behandelt, ist das neue Konzept „Der Facharzt“ wird zu „Die Fachdisziplin“ nicht umsetzbar.
„Diese Änderung ist absolut zeitgemäß. Ich bin stolz darauf, dass die Titeländerung unter meiner Schriftleitung erfolgen kann“, so Prof. Dr. C.T. Germer, Schriftleiter von „Der Chirurg/Die Chirurgie“.
Dr. Isabel Molwitz, Herausgeberin bei „Der Radiologe/Die Radiologie“ freut sich auch über die Änderung. „Den aktuellen Titel haben wir bereits mehrfach kritisch unter wissenschaftlich und berufspolitisch aktiven Kolleginnen diskutiert. Toll, dass es jetzt inklusiver wird!“
Um Nachteile einer Titeländerung zu vermeiden, etwa die Auffindbarkeit der Titel in Archiven und Katalogen nicht mehr zu gewährleisten, sei man in intensive Verhandlungen getreten.
Mehr zur Entscheidung: Unsere Fachzeitschriften erhalten neue Titel | springermedizin.de
Die Umbenennung hat somit auch gar nichts (eine ohnehin gerade groteske Behauptung) mit Eigenzensur oder vorauseilendem Gehorsam zu tun, sondern ist die logische Konsequenz, wenn man einen historisch wenig ruhmreichem Schiefstand begegnen möchte.
Interessant fand ich eine Auswertung einer Bibliografie nach den Begriffen Studenten und Studierende. Bis 1914 lag Studierende mit 62% vorne, von 1915 bis 1945 Studierende mit 61%, von 1946 bis 1989 sank der Begriff Studierende auf 32% herunter und von 1990 bis 2018 machte er nur noch 20% der Titel aus, er war von "Studenten" verdrängt worden. Seit 2018 dreht es sich wieder um und viele haben das Gefühl, man würde sich von einer Jahrundertelangen Vorherrschaft von "Studenten" befreien mit dem geschlechtsneutralen Begriff.