Neustart Kultur nutzen

&Töchter gründet Buchhandelsberatung

12. Februar 2021
von Charline Vorherr

Die Förderung durch Neustart Kultur ausschöpfen: Der Verlag &Töchter will Buchhandlungen bei der Digitalisierung unterstützen. Wie "Studio by &Töchter" entstand und welche Schwerpunkte sie bei ihrer Beratung setzen, erklären sie uns im Interview.

Warum haben Sie das Studio, also die Buchhandelsberatung, zusätzlich gegründet? Was ist die Vision dahinter?

Elena Straßl: Das erste Mal kam der Gedanke mit Neustart Kultur im Herbst. Eigentlich wollten wir uns eigennützig selbst auf die Verlagsförderung bewerben, aber unser Unternehme ist zu jung. Dann haben wir überlegt, wie wir trotzdem davon profitieren können. Buchhandlungen können sich genau das fördern lassen, was wir sowieso schon gerne umsetzen – die digitalen Neuerungen, das Marketing, die Veranstaltungen. Wir haben uns überlegt, dass man dort Buchhandlungen mit ein paar jungen und unkonventionellen Ideen unterstützen könnte. Dann haben wir weiter daran gearbeitet und geschaut, dass wir das Studio bis Januar auf die Beine stellen – bis dahin war die Förderung vorerst angesetzt. Die Verlängerung auf Ende April ist ein großes Glück.

 

Welche Buchhandlungen wollen Sie ansprechen?

Lydia Hilebrand: Wir wollen Buchhandlungen ansprechen, die grundsätzlich das Interesse haben, online und auf Social Media sichtbarer zu werden, aber vielleicht Berührungsängste oder keine Zeit in ihrem Buchhandelsalltag haben. Dort wollen wir Impulse geben: So schwer ist es gar nicht, anzufangen. Aber es gibt einfach keinen Schritt zurück. Man kann nicht sagen, dass wir nach Corona wieder in der analogen Welt sind und niemand mehr Instagram oder E-Mails braucht.

E. Straßl: Das sagen wir auch immer zu unserer Buchproduktion. Uns ist Nachhaltigkeit wichtig, wir produzieren Cradle-to-Cradle und es ist nicht einfach, damit zu starten, weil es teurer ist. Aber das ist die Zukunft und wir haben die Strukturen schon vorher geschaffen. Wir können nicht ewig so wild Bücher produzieren wie bisher.

 

Sie sind ein Verlag. Wie kommen Sie auf die Idee, ausgerechnet Buchhandlungen zu beraten?

E. Straßl: Das ist vielleicht gerade das Besondere daran. Wir kommen aus der Branche und wissen, wie sie funktioniert, aber sind nicht aus dem Buchhandelsalltag. Vielleicht ist es gar nicht schlecht, um die Ecke zu denken. B2B war etwas, was uns von Anfang an interessiert hat. Wir wollten schon immer mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten. Und Buchhandlungen haben uns immer fasziniert. Natürlich wollen wir den Leuten nicht erklären, wie sie ihr Unternehmen zu führen haben. Wir können auch keine Online-Shops revolutionieren, aber vielleicht brauchen sie ein paar neue Impulse für Veranstaltungen oder für den Start eines Instagram-Kanals, der nicht 0815 ist. Ein weiterer Punkt ist die Markenbildung: Das hat bei uns im letzten Jahr sehr gut funktioniert. Buchhandlungen sind mit ihren eigenen Inhalten so speziell. Daraus kann man schöne Dinge entwickeln und das haben wir nie in Frage gestellt.

 

Wie sieht dieses Buchhandels-Coaching aus?

L. Hilebrand: Wir fangen mit der Markenbildung und der Zielgruppendefinition an. Anschließend gibt es drei Gruppen: den Online-Auftritt, (digitale) Veranstaltungen und die Social Media Präsenz. In einem Fragebogen und Gespräch fragen wir dann, auf welchem Schwerpunkt das Interesse liegt.

 

Auf Instagram weisen Sie auf Neustart Kultur hin. Unterstützen Sie Buchhandlungen nur bei der Antragsstellung, wenn es um Ihre Dienstleistung geht?

E. Straßl: Wir haben beschlossen, in unserem Service die komplette Antragsstellung gemeinsam anzugehen. Wir schauen, was benötigt wird und was man beantragen kann. Aber da unsere gesamte Dienstleistung auf Neustart Kultur aufbaut, dürfte das kein Problem ein. Für viele ist der Antrag eine große Hürde, aber es lohnt sich sehr, weil man sich mit einer hohen Summe viel fördern lassen kann. Es wäre schade, wenn es Buchhandlungen nicht nutzen würden. Bei der Telefonakquise habe ich herausgehört, dass sich viele Buchhandlungen einen neuen Computer, ein neues Kassensystem oder eine Digitalkamera fördern lassen. Das sind Dinge, die nicht nachhaltig für die Buchhandlung sind. Es wäre wichtig, sich tiefergehend mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Das sind auch oft nur 1.000 Euro von den 7.500 Euro, die man abstauben könnte.

 

Sie haben das studio by &Töchter im Januar eröffnet und akquiriert telefonisch. Wie läuft das Studio an und wie sind die Gespräche?

E. Straßl: Es ist total schön, weil ich vorher die Befürchtung hatte, dass viele Buchhändler*innen abgeneigt sind. Ganz viele begegnen uns sehr positiv. Wir hören meist, dass die Buchhändler*innen gerne mehr online machen würden, aber keine Zeit haben. Das haben wir nun für uns mitgenommen: Wir müssen Ideen und kreative Konzepte entwickeln, die mit wenig Kosten und personellem Aufwand punkten. Es läuft gut an. Wir sind nun schon in ersten Gesprächen mit Buchhandlungen und haben Angebote verschickt. Wir sind zufrieden.

L. Hilebrand: Am 15. Februar machen wir auch ein Kennenlern-Webinar über Zoom, wo wir unsere Arbeitsweise erklären und erste Impulse geben möchten.

E. Straßl: Da möchten wir uns vorstellen. Es braucht auch einen großen Vertrauensvorschuss – zu glauben, dass fünf junge Branchenteilnehmerinnen etwas Neues erklären können. Das ist uns schon klar, dass wir uns das erst erarbeiten müssen.  

 

Die Buchbranche ist doch oft offener, als man ihr zunächst nachsagt – gerade gegenüber dem Nachwuchs in der Branche…

L. Hilebrand: Total. Diese Erfahrung haben wir auch gemacht. Als wir den Verlag gegründet haben, dachten wir: „Oh Gott, die werden uns alle fragen, was wir uns einbilden, im Studium einen Verlag zu gründen. “ Aber letztes Jahr durften wir bei der Eröffnungspressekonferenz der Buchmesse mitsprechen und das hat uns gezeigt, dass die Buchbranche gar nicht voller Einzelkämpfer ist. Das ist eine große Gemeinschaft. Schade an der Branche ist, dass die Strukturen dahinter oft noch nicht so offen sind, wie die Branche selbst. Als kleiner, junger Verlag bereiten uns zum Beispiel die Vertriebsstrukturen Probleme – da muss man erstmal reinkommen.

E. Straßl: Das ist das Problem. Jetzt haben wir so großartiges Feedback aus der ganzen Branche bekommen und sind stolz. Wenn es nun darum geht, unsere Bücher wirklich zu verkaufen, ist es durch die Strukturen kaum möglich, Kontakt mit dem Buchhandel aufzunehmen und neue, individuelle Wege zu gehen.

 

Sind Sie alle gleichermaßen involviert im Verlag und im Studio oder bilden sich Schwerpunkte?

L. Hilebrand: Im Entstehungsprozess waren wir alle gleich viel involviert, aber Elena ist die Ansprechpartnerin für das Studio. Das ergibt sich im Laufe des Prozesses. Je offener wir mit den Aufgaben im Team sind, desto leichter kann man die Aufgaben später verteilen.

E. Straßl: Die Inhalte haben wir aber zusammen erarbeitet. In der Beratung und Begleitung werden wir voraussichtlich in unterschiedlichen Konstellationen arbeiten – auch weil sich die meisten Beratungen am Wochenende stattfinden werden. Das teilen wir uns dann auf.  
 

Wie geht es mit dem Verlag weiter?

L. Hilebrand: Wir fiebern natürlich unserer Neuerscheinung entgegen. Mitte März erscheint unser zweites Buch „Great Green Thinking“, unser absolutes Baby und der Ursprung unseres Verlags. Es fühlt sich an, als würde ein Traum in Erfüllung gehen. Daraus ergeben sich hoffentlich viele neue Gesprächsrunden und Veranstaltungen. Im Mai und im Herbst kommen noch zwei Bücher heraus. Außerdem arbeiten wir jetzt an einer Jahresvorschau.

E. Straßl: Ansonsten hoffen wir natürlich auch auf die Buchmesse dieses Jahr. Unsere Wildcard wurde um ein Jahr verschoben und wir hoffen sehr, dass wir einen richtigen Stand in Frankfurt haben können.