Interview mit Buchmesse-Chef Juergen Boos

"Unsere Aussteller brauchen Frankfurt als Treffpunkt"

7. März 2021
von Christina Schulte

Mindestens zwei Drittel der Aussteller von 2019: Das wünscht sich Juergen Boos für die diesjährige Buchmesse. Über die Messeplanung in Pandemie-Zeiten, Rückmeldungen aus dem In- und Ausland sowie finanzielle Unterstützung für die Aussteller spricht der Messechef im Interview mit boersenblatt.net.

Aussteller*innen können sich ab sofort für die Buchmesse anmelden. Mit welcher Beteiligung aus Deutschland, Europa und Übersee rechnen Sie für die physische Messe?
Unsere Aussteller in Deutschland und weltweit haben uns in vielen Gesprächen zurückgemeldet, dass sie Frankfurt als Treffpunkt brauchen, und dass sie dabei sein werden, wenn die pandemische Lage es zulässt. Ich würde mir wünschen, dass wir mindestens zwei Drittel der Aussteller von 2019 erreichen. Eine flächendeckende Präsenz der Verlage aus Europa und England ist nicht unwahrscheinlich. Allerdings werden die Aussteller sehr genau abwägen, mit wie vielen Mitarbeiter*innen sie anreisen. Hinter der Teilnahme asiatischer oder lateinamerikanischer Aussteller*innen stehen natürlich drei Fragezeichen. Aber: Im Moment gibt es ein sehr großes Bedürfnis nach persönlichen Treffen, auch weil noch große Unsicherheit herrscht, ob die Buchmessen in Paris, London oder Bologna stattfinden können. Ich hoffe, dass man im Oktober soweit mit den Impfungen durch ist, dass wieder sicher gereist werden kann.

Die Corona-Lage kann sich jederzeit ändern. Wie nehmen Sie den Verlagen die Unsicherheit, ob sie sich jetzt schon anmelden sollen?
Wir arbeiten mit großzügigen Stornobedingungen und stellen die Rechnungen erst im Sommer.

Das Hallenlayout steht, bespielt werden die Hallen 3, 4 und 6 sowie das Forum und die Festhalle. Was ändert sich?
Die Aussteller haben sich eine klarere Strukturierung der Messehallen gewünscht. Die Halle 3 haben wir jetzt für die deutschsprachigen Aussteller und die Dienstleister vorgesehen, die Halle 4 für das internationale Segment mit starker europäischer Beteiligung und die Halle sechs für angloamerikanische und asiatische Aussteller. Diese Gliederung ist neu, zuvor waren die Hallen viel durchmischter.

Welche Highlights werden das Publikum erwarten?
Die Publikumsmesse beginnt jetzt schon freitags. Die intensivere Begegnung mit den Leser*innen war vor allem ein Wunsch unserer deutschsprachigen Verlage. Pandemiebedingt müssen wir die Besucherströme natürlich entzerren. Wir werden nicht so viele Bühnen haben wie in der Vergangenheit und uns auf die Freiflächen und die Festhalle konzentrieren. Es wird wieder eine enge Kooperation und attraktive Programme mit der ARD und weiteren Medienpartnern geben. Das hat sich im letzten Jahr sehr bewährt.

Was bieten Sie den Fachbesucher*innen?
Die digitalen Fachveranstaltungen haben im letzten Jahr gut funktioniert, darauf bauen wir auf. Außerdem denken wir weiter in Richtung Bewegtbild, z.B. Youtube und Instagram. Wir befassen uns mit dem Thema Podcasts, darin sehen wir Potenzial für die Messe. Geplant ist, dass der Audio-Bereich weiter ausgebaut wird.

Wird es physische Fachkonferenzen geben?
Bei den Fachthemen werden wir uns auf das Digitale konzentrieren. Wenn jemand die Messe in Frankfurt besucht, will er oder sie nicht gleichzeitig im digitalen Raum sein. Daher überlegen wir, ob wir beispielsweise Seminare zum Thema Copyright kurz vor der Messe anbieten. Auf der anderen Seite sind wir mit Organisationen wie der WIPO (World Intellectual Property Organization), IPA (International Publishers Association), FEP (Federation of European Publishers), und den Vereinten Nationen im Gespräch, die mit einzelnen Formaten auf dem Messegelände stattfinden möchten. Die Frankfurter Buchmesse wird natürlich wieder eine politische Bühne sein, auch das wird physisch stattfinden mit Verlängerung in den digitalen Raum.

Von wie vielen Besucher*innen gehen Sie aus?
Das ist zu diesem Zeitpunkt reine Spekulation. Bitte fragen Sie mich das in ein paar Monaten wieder.

Rechnen Sie mit größeren Verlagsständen, allein schon wegen Corona?
Ich glaube, dass es Stände auf dem gleichen Niveau wie 2019 geben wird. Einige Verlage werden sich auch verkleinern. Wir gehen davon aus, dass das Konzept der Gemeinschaftsstände noch stärker ausgebaut wird – das haben wir im europäischen Bereich gesehen und ich kann mir auch vorstellen, dass in Deutschland einige Verlage gemeinsam Präsenz zeigen wollen.

Die kleinsten Stände werden acht statt vier Quadratmeter haben und aus Mitteln des Neustart-Kultur-Programms der Bundesregierung gefördert. Mit welcher Resonanz rechnen Sie?
Wir sind sehr dankbar, dass wir den Ausstellern dieses Angebot wieder machen können und hoffen, dass viele kleine Verlage es annehmen werden – auch weil die Leipziger Buchmesse ausfällt. Auf acht Quadratmetern kann man sich schon gut präsentieren.

Ich würde mir wünschen, dass wir mindestens zwei Drittel der Aussteller von 2019 erreichen.

Juergen Boos

Gibt es andere Fördertöpfe, aus denen die Buchmesse unterstützt wird?
Wir sind in weiteren Gesprächen zur Förderung, aber diese laufen noch.

Wie sieht das Interesse bei den Dienstleistern, etwa den Barsortimenten oder Verbünden, aus?
Zu einzelnen Kunden können wir noch nichts sagen. Wir wissen von vielen, dass das Interesse groß ist. Aber die Anmeldung beginnt ja gerade erst.

Wie wird sich das Gastland Kanada auf der hybriden Messe präsentieren?
Kanada setzt gerade einen sehr starken Schwerpunkt auf den Sortimentsbuchhandel. Es wurde eigens eine Agentur für die Buchhandelskampagne beauftragt, die sich bereits jetzt um die Bewerbung der Neuerscheinungen in den Medien und im Buchhandel kümmert. Auf der Messe selbst wird Kanada sich im Forum präsentieren.

Welchen Umsatz wird die Messe in diesem Jahr erzielen?
Das hängt davon ab, wie sich die Lage entwickelt.

Eine wichtige Rolle wird das Hygienekonzept spielen. Aus welchen Bausteinen setzt es sich zusammen?
Wir spielen alle Möglichkeiten durch – von Tests für jede*n Besucher*in bis hin zur Kontaktnachverfolgung. Wir stehen in ständigem Kontakt mit dem Gesundheitsamt und werden auf alles vorbereitet sein. Die Messewirtschaft ist dabei, ein Konzept zu erarbeiten und die ersten Messen in Frankfurt sollen im Mai anlaufen. Von deren Erfahrungen werden wir profitieren können.

Wird die Messe in der Frankfurter City präsent sein?
Auf jeden Fall. Beispielsweise durch Bookfest und Open Books, durch Kooperationen mit den Lokalen im Bahnhofsviertel, die spätabends noch Veranstaltungen durchführen oder Events im Literaturhaus und in anderen Literatur- und Kulturinstitutionen. Darauf freue ich mich sehr. Wir möchten, dass die Stadt sich wieder mit Leben und Veranstaltungen füllt. Ein weiterer Fokus liegt auf der Festhalle, wo wir tagsüber ein abwechslungsreiches Programm durchführen möchten und abends wieder reichweitenstarke Veranstaltungen mit bekannten internationalen Autor*innen planen.

Sie sprechen mit den Hotels in Frankfurt über die Übernachtungspreise. Wie ist der Stand der Dinge?
Wir sind in Kontakt mit der Dehoga. Die Hotelbranche ist sehr notleidend, es herrscht ein großer Wettbewerb, so dass es in Frankfurt wettbewerbsfähige Preise geben wird. Die Hotels werden flexibler, auch was die Stornomöglichkeiten angeht.

Die Hälfte Ihres Teams ist in Kurzarbeit. Wie lange noch?
Wir werden die Mitarbeiter*innen zurückholen können, je nachdem, wie schnell das Geschäft anläuft. Die Vorbereitungen für die Messe werden sehr aufwändig sein.