Im Reich der Forum Media Group geht die Sonne niemals unter. Der Anbieter von Haus- und Kundenzeitschriften hat sich zu einem international aktiven Verlagshaus für Fachinformation, Bildung und Special-Interest-Themen entwickelt. Ein Verlagsporträt.
Was haben ein Massengutfrachter mit 80 000 Bruttoregistertonnen und eine Fachverlagsgruppe in Bayerisch- Schwaben, die weltweit mehr als 1 000 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von rund 90 Millionen Euro macht, gemeinsam? »Beide lassen sich nicht allein steuern, sondern man braucht eine engagierte, zuverlässige und kompetente Crew mit klaren Aufgaben und Abläufen«, sagt Ronald Herkert. Auf der Navigationsschule in Elsfleth an der Unterweser ausgebildet, fuhr der gebürtige Württemberger aus Aalen zehn Jahre zur See und steuerte Schiffe (etwa der Reederei Hapag- Lloyd) in die Karibik, nach Mittel- und Südamerika und an die Westküste der USA. Danach ging er zurück ins »Binnenland«, um Betriebswirtschaft zu studieren. Das war der Zeitpunkt, als Herkert im Verlagswesen »hängenblieb«, wie er selbst sagt. Seine Laufbahn begann bei Weka Media in Kissing; 1988 beschloss er dann, seinen eigenen Fachverlag zu gründen: die Forum Media Group in Merching, gut eine halbe Bahnstunde von München entfernt.
Forum-Media-Gründer Ronald Herkert (rechts), Kerstin Kuffer und Norbert Bietsch (Geschäftsführung)
Begonnen hat der Verlag mit Haus- und Kundenzeitschriften, die mittlerweile im Geschäftsfeld Corporate Publishing der Tochter Forum Zeitschriften und Spezialmedien beheimatet sind. Die Mitarbeiterzahl stieg seitdem von zwei (1988) auf 1.023 (2015) – davon sind 65 Prozent Frauen, die mit demselben Anteil auch in den Führungspositionen der Mediengruppe vertreten sind. Heute ist die Forum Media Group ein Unternehmen, das Fachinformation, Weiterbildung und Special Interest produziert und aufbereitet – überwiegend für Geschäftskunden, aber auch (bei Special Interest) für den Consumer-Markt. Herkert bringt diese Trias auf die Formel: Information, Bildung und Unterhaltung. »Mit guter Information können unsere Kunden bessere Entscheidungen treffen. Mit guter Bildung haben sie bessere Chancen im Leben. Und mit guter Unterhaltung fühlen sie sich besser. Insofern haben alle unsere Aktivitäten das Ziel, die Menschen glücklicher zu machen.« Ein Satz, der an den berühmten »Pursuit of Happiness« in der amerikanischen Verfassung anzuknüpfen scheint
Dorothe Köller leitet die Fachinformationstochter Forum Verlag Herkert, die mit 190 Mitarbeitern am Standort Merching einen Jahresumsatz von rund 21 Millionen Euro erzielt – knapp ein Viertel des Gesamtumsatzes der Gruppe. 300 Produkte aller Mediengattungen hat der Verlag für Businesskunden im Portfolio – darunter neben Büchern, CDs und Onlineportalen auch E-Learning-, Inhouse-Learning- und Event-Angebote. Das Zielgruppenspektrum reicht von Unternehmen, Bildungseinrichtungen und öffentlichen Verwaltungen bis zur Bau- und Immobilienbranche, dem Gesundheitswesen und dem Handwerk. Etwa ein Zehntel des Verlagsumsatzes (ca. zwei Millionen Euro) wird mit Büchern gemacht. Besonders beliebt ist die 2004 begonnene Reihe »Baustellenhandbücher«, deren Titel bis heute 85 000-mal verkauft wurden. Rund 140 000-mal wurden Aushangbücher verkauft, und das Jahrbuch »Zoll Export« erscheint für 2017 in der 10. Auflage. Den Vertrieb über Buchhandelsplattformen und Fachbuchhändler (zum Beispiel Schweitzer Fachinformationen oder den Buchservice von Boorberg) verantworten Sonja Grimm und ihr Team.
Nach der Wende 1990 begann die erfolgreiche Expansion des Unternehmens – zunächst in die neuen Bundesländer und wenig später nach Osteuropa. Der Forum Verlag gründete eigene Tochtergesellschaften in Polen, Ungarn, Tschechien und anderen Staaten des ehemaligen Ostblocks. Mit 230 Mitarbeitern ist die polnische Tochter heute die größte Forum-Tochterfirma. Von Kamtschatka im Osten bis nach Kanada im Westen und Australien im Süden reichen die Aktivitäten der Gruppe mittlerweile: 17 Forum-Tochtergesellschaften sind heute in allen Zeitzonen aktiv, das durchschnittliche jährliche Wachstum der Gruppe liegt seit 1988 bei rund 18 Prozent . Doch nicht alle Expeditionen der Forum-Gruppe waren von Erfolg gekrönt: So zog man sich 2012 wieder aus China zurück – um eine Erfahrung reicher. Herkert: »Das Team vor Ort ging mit dem Ansatz heran, unsere Bestandsprodukte 1:1 zu skalieren. Doch bald hat sich gezeigt: Chinesische Kunden haben andere Anforderungen an ein Produkt als beispielsweise unsere europäischen Kunden.« Etwa 2010 hatte die Forum Media Group mit ihren inländischen Verlagstöchtern Forum Verlag Herkert (FVHG), Forum Fachzeitschriften und Spezialmedien sowie Dolde Medien einen neuen Höhepunkt des organischen Wachstums erreicht. Seither hat das Unternehmen systematisch zugekauft – unter anderem den viertgrößten Special-Interest-Verlag Australiens, Nextmedia (Sydney), heute vom Umsatz her nach der FVHG die zweitgrößte Tochtergesellschaft der Forum-Gruppe. Der jüngste Deal ist die Mehrheitsbeteiligung an der niederländischen Zeitschriftengruppe BCM, wie Geschäftsführerin Kerstin Kuffer erläutert. Vor dem Einstieg bei BCM habe man sich gründlich mit dem niederländischen Markt beschäftigt: »ein sehr interessanter Markt«, wie Kuffer sagt. Bereits vor der BCM-Akquisition habe Forum ein kleines Joint Venture mit einer Campingzeitschrift geschlossen, um Einblicke in den Markt zu gewinnen. Neben einer hauseigenen M & A-Abteilung sind bei geplanten Transaktionen aber auch unabhängige Experten hilfreich: Marktanalysten, wie man sie auch in der deutschen Verlagsbranche kennt. In Kanada hat Forum den von einer deutschen Unternehmerin gegründeten Verlag Kenilworth übernommen und in die Hände einer neuen Generation gegeben. Inzwischen sei man geradezu darauf spezialisiert, »Nachfolgelösungen für Unternehmen anzubieten und das Portfolio auszubauen«, berichtet Kerstin Kuffer. Das habe man zum Beispiel bei Dolde Medien erfolgreich gemacht – etwa durch den Zukauf thematisch verwandter Titel.
Verantwortung und Teamgeist vermittelt das Unternehmen seinen jungen Führungskräften übrigens auf ganz besondere Weise – auf einem Schiff. 2005 fand Ronald Herkert einen geeigneten Segler: die 1911 gebaute Brigg »Eye of the Wind«, die seither für Führungskräftetrainings eingesetzt wird. Man kann das Schiff aber auch für Segeltörns buchen. Eine Tochterfirma der Forum Media Group, die Forum Train & Sail GmbH, regelt das operative Geschäft, Geschäftsführer des Unternehmens ist Forum-Gründer Ronald Herkert. Die Wachstumsziele der Forum Media Group sind ehrgeizig: Die Zukunft des Verlags sehen Herkert und seine Crew vor allem im internationalen Geschäft. »Unsere Vision ist, ein weltweit führendes Medienunternehmen zu werden«, sagt Herkert. Auch ein erneuter Sprung nach China sei nicht ausgeschlossen. Das Forum-Media-Team wird wohl noch oft in See stechen, um neue Gewässer zu erkunden.
